Eine etwas ungewöhnliche Veranstaltung. Merkwürdig geradezu.
Zum ersten Mal findet in Prag am Wochenende vom 23. bis zum 25. Februar 2017 die Pivo, Bier & Ale EXPO statt. Pivo, Bier & Ale – eigentlich eine Zeitschrift, die alle zwei Monate erscheint und mit bester Qualität, gut recherchiert und reich bebildert die neuesten Informationen aus der Welt des Biers in Tschechien und seinen Nachbarländern liefert. Jetzt aber auch als Veranstalter einer Expo.
Aber was ist das denn, eine Expo? Im Vorfeld habe ich die wenigen Informationen, die im Netz zu finden waren, zusammengetragen und mir versucht, ein Bild zu machen. „Degustační Soutěž – Ochutnávka Piv – Expozice“ hieß es an einer Stelle, also „Verkostungswettbewerb – Bierprobe – Ausstellung“. Dann gab es an anderer Stelle noch Hinweise zu Öffnungszeiten, die aber zum Teil ein wenig konfus waren, und zu den – verhältnismäßig hohen – Eintrittspreisen von immerhin 295,- CZK. Was mich jedoch hinter der Kasse konkret erwarten würde? Ich war mir nicht sicher.
Trotzdem stehe ich am Sonnabend, dem 25. Februar 2017, vor dem großen Kongresshotel Olšanka und folge der Ausschilderung. Ein paar Treppen hoch und ich stehe vor der Kasse. Eine nette junge Dame empfängt mich und weist mich grob ein. Viel los sei nicht, ich käme also überall problemlos hin, ohne dass es großes Gedränge gebe. Im großen Saal könne ich sechzig Sorten Bier verkosten, ohne dafür zahlen zu müssen, und in den vielen kleinen Räumen links und rechts fände ich die Aussteller, so, wie hier rund um die Kasse auch schon. „Viel Vergnügen“, wünscht sie mir noch, und ich betrete den Irrgarten des Kongressbereichs.
Einen richtigen Plan gibt es nicht, eine richtige Ausschilderung auch nicht. So lange an den Wänden und Türen noch das Logo der Expo hängt, bin ich nicht verkehrt, aber Hinweise, wer was wo ausstellt oder wo welche besonderen Veranstaltungen stattfinden? Fehlanzeige.
Und so laufe ich zunächst ziellos an ein paar Brauanlagen-Herstellern vorbei und stolpere dann in eine Art Seminarraum. Ein freundlicher Herr sitzt hier ganz allein mit drei Zapfanlagen und freut sich über Abwechslung. Eine Dreiecksprobe könne ich hier machen, mit hellem Lagerbier der Brauerei Bernard aus Humpolec. Er hätte es einmal im klassischen Infusionsverfahren gebraut anzubieten, und einmal im Dekoktionsverfahren. Ob ich aus drei Bieren herausfinden wolle, welches von den anderen beiden abweicht?
Ich lasse mich nicht zweimal bitten und nehme die Herausforderung an – die sich dann aber durchaus leicht zu lösendes Rätsel herausstellt. Der etwas vollmundigere, rundere Geschmack des mit Dekoktion gebrauten Bieres lässt sich schon eindeutig identifizieren.
Wir unterhalten uns noch einen Moment in den wenigen Brocken Tschechisch, die ich kann, und ebenso vielen Wörtern Deutsch auf der anderen Seite. Ein wenig enttäuscht sei er, sagt der Herr, dessen Namen ich leider vergessen habe, zu erfragen, dass so wenig Leute da seien, er hätte doch durchaus ein paar spannende Verkostungen und Hintergrundinformationen zum Bier anzubieten und der Seminarraum sei doch auch groß genug. Zum Glück kommt eine kleine Gruppe tschechischer Ausstellungsgäste, und so füllt sich der Raum wenigstens vorübergehend mit etwa mehr Leben.
Schräg gegenüber treffe ich auf zwei Malzstände und einen Hopfenstand, sowie drei verwaiste Stände, an denen nur noch Berge von Prospekten liegen. Mit dem Team am Weyermann-Stand komme ich ins Gespräch – auch hier ist man ein wenig enttäuscht von der relativ niedrigen Besucherfrequenz. Die wenigen, die kämen, seien vom Fach und hochmotiviert, aber etwas mehr Publikumsverkehr hätte man sich schon gewünscht.
Zu uns tritt Petr Hauskrecht von der gleichnamigen Kleinbrauerei aus Brno, und wir unterhalten uns eine Weile. Das Konzept der Expo sei schon in Ordnung, und da sie zum ersten Mal stattfindet, dürfe man auch nicht gleich Perfektion erwarten, da sind wir uns einig, aber die Kommunikation im Vorfeld war wohl ein wenig unglücklich. Sollte es eher ein Bierwettbewerb und Verkostungsfestival sein? Oder eher eine Fachausstellung? Fachbesucher mögen sich abgeschreckt gefühlt haben von der Vorstellung, von Heerscharen Freibiergesichtern überrollt zu werden, die Bier, gerne auch in größeren Mengen, verkosten wollen. Und potentielle Bierfestivalgäste mögen vielleicht eher eine Fachausstellung erwartet und deswegen auf einen Besuch verzichtet haben.
Unglückliche Strategic Communication, so würde ich es in meinem eigentlichen beruflichen Umfeld wohl nennen…
Wir machen noch ein Erinnerungsfoto, und dann gehe ich hinüber in den großen Saal, zur Verkostung.
Gähnende Leere. An der Stirnwand auf der Bühne zweimal zehn Zapfanlagen mit jeweils zwei Hähnen – vierzig Sorten also. Davor noch ein paar Zapfhähne separat und zwei große Boxen mit eisgekühltem Bier aus Flaschen. Insgesamt mindestens sechzig, siebzig Sorten zum Verkosten. Überall stehen saubere Gläser, und ich kann mir so viel zapfen und einschenken, wie ich will.
Eigentlich ja ein Paradies, und ich gönne mir ein knappes Dutzend verschiedene Probierschlucke. Aber die richtige Verkostungsstimmung will angesichts der gähnenden Leere nicht aufkommen. Ein paar Worte mal hier gewechselt, ein paar Worte dort, dann immer wieder ein Bier verkostet. Die ganze Bandbreite der tschechischen Kleinbrauereien ist vertreten, und die Stile reichen vom einfachen, zehngrädigen Hellen bis zum Russian Imperial Stout mit 24° Stammwürze. Es sind schon ein paar richtig spannende Biere dabei.
Aber es bleibt dabei: Sowohl eine Brauer-Messe wie auch ein Bierfestival leben davon, dass sich die Besucher dort ballen, dass man im Gedränge die eine oder andere Zufallsbekanntschaft macht, aus der sich weitere Kontakte ergeben. Dass man sich austauscht, Fachgespräche führt oder hitzige Diskussionen, dass man ein paar Biere gemeinsam trinkt, die Visitenkarten austauscht und immer wieder neue Gesichter sieht. Hier und heute ist es hingegen zu unterkühlt, die Veranstaltungsräume zu groß und zu weit verstreut, um dieses Flair aufkommen zu lassen. Man kann zwar gezielte Gespräche führen, wenn man weiß, was man möchte, aber die Inspiration, die die Besucher über ihr ursprüngliches Interesse hinaus motiviert und animiert, die fehlt.
Hoffen wir, dass, falls es eine zweite Auflage der Veranstaltung gibt, dieser mehr Erfolg beschieden sein wird. Bessere Kommunikation im Vorfeld könnte der Schlüssel dazu sein. Das Bemühen der Veranstalter, die gute Absicht und die Motivation waren zu spüren, und insofern wäre es schade, bliebe es bei einer einmaligen Pivo, Bier & Ale EXPO.
Pivo, Bier & Ale EXPO 2017
Hotel Olšanka
Táboritská 1000/23
130 00 Praha
Tschechien
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