Karlovský Minipivovar Pod Pralesem
Velké Karlovice
CZE

„Weit draußen in der Walachei…“ Die meisten Menschen nutzen diesen Ausdruck, um etwas zu beschreiben, was weit, weit abgelegen liegt. Und die wenigsten von ihnen denken darüber nach, wissen gar, dass es tatsächlich eine Region namens Walachei gibt – und zwar ganz im Osten Tschechiens, kurz vor der Grenze zur Slowakei.

Und sie ist in der Tat weit, weit abgelegen. Vor gut einer Stunde endete die Autobahn, und seitdem kurven wir über enge Landsträßchen durch wunderschöne, fast schon verwunschen anmutende kleine Täler, weit draußen in den Bergen. Ein kleines Bächlein fließt neben der Straße, auf der anderen Seite eine kleine, kurvige Bahnlinie, auf der dann und wann ein altersschwacher Schienenbus die Berge hinaufschnauft.

Ganz am Ende dieses kleinen Tals befinden sich noch ein paar Skilifte, und so ist das schmale Sträßchen im Winter stark befahren, und statt des alten Schienenbusses wird dann auch gelegentlich ein richtiger Zug mit richtigen Waggons eingesetzt.

Heute ist an Skifahren nicht mehr zu denken. Das Thermometer zeigt 23°, es ist einer der ersten richtig schön warmen Frühlingstage. Die Natur um uns herum explodiert, überall sieht man frisches Grün sprießen.

Doch da, direkt vor uns: Schnee!

Offensichtlich haben die Schneekanonen noch bis zum letzten Wochenende jede Nacht gearbeitet – auf den Skipisten sieht man noch reichlich Schneereste. Was für ein verrücktes Gefühl. Wetter für kurze Hosen und Badelatschen, 23°, und vor uns liegt Schnee!

Und nur ein paar hundert Meter hinter den noch schneebedeckten Pisten finden wir eine kleine Pension, die Pension „Pod Pralesem“, auf Deutsch „Zum Urwald“. Ein hübsches kleines Blockhaus, mit Holzschindeln verkleidet und mit einer großen Terrasse davor. Und – natürlich! – mit einer kleinen Brauerei im Keller, der Karlovský Minipivovar Pod Pralesem.

Karlovský Minipivovar Pod Pralesem, Velké Karlovice
die Terrasse der kleinen Brauerei

Rasch ist das Auto abgestellt, und wir machen es uns in der warmen Sonne gemütlich. Radler, Motorradfahrer, Wanderer, alle haben sie sich heute aufgemacht, hier auf der Terrasse das erste Freiluftbier des Jahres zu genießen – die Biergartensaison ist eröffnet.

Gut gelaunt, laut über irgendeinen Spruch eines Gastes lachend, kommt die Bedienung auf uns zu gelaufen, fragt, welches Bier wir denn trinken wollen würden. Wohlgemerkt, sie fragt nicht, was wir trinken wollen, sondern antizipiert schon automatisch, dass es nur Bier sein kann. Ein Weizen hätte sie anzubieten, ein helles Elfer, ein helles Zwölfer und ein Ale. Klingt verlockend, und wir entscheiden uns zunächst für ein Weizen, das Pšeňula. Und für ein, räusper, Birell, denn in Tschechien gilt nach wie vor die 0,0-‰-Grenze. Und dazu bitte für jeden von uns ein schönes Schweineschnitzel, denn die lange Fahrt hat hungrig gemacht.

Karlovský Minipivovar Pod Pralesem, Velké Karlovice
Karlovský Minipivovar Pod Pralesem

Blitzschnell ist das Bier da, und wir genießen den ersten erfrischenden Schluck. Schön spritzig ist das Weizen, mit leichtem Gewürznelken-Aroma, leicht und frisch. Ein feines Sommerbier – gerade recht im heutigen Sonnenschein.

Schnell ein zweites Bier bestellt. Gut gelaunt, fröhlich lachend wird auch dieses serviert – das helle Zwölfer, Diblík genannt, nach irgend einer Zwergenfigur aus den verwunschenen Wäldern rundherum. Ein frisches, sehr süffiges Helles mit 12° Stammwürze. Ein Alltagsbier, aber sehr schön und sauber gebraut. Eine deutlich spürbare Bittere, die aber nicht zu sehr dominiert. Gerade so viel, dass nach dem Schluck eine leicht trockene Kehle bleibt – auf dass der Durst nie enden möge!

Nach einer Weile ist auch das zweite Glas leer, und irgendwann kommt die Kellnerin, unverändert fröhlich und gut gelaunt, an unseren Tisch. Welche Sorte es denn jetzt sein möge? Nun, das nächste Bier bitte erst nach dem Essen, so auf nüchternen Magen sei das jetzt etwas viel, bedeuten wir ihr in unserem holprigen Sammelsurium von tschechischen Vokabeln.

Große, runde Augen. Essen?

„Ježíš!“, entfährt es der Kellnerin, und für einen Moment erstirbt ihr Lachen. Das Essen! Völlig vergessen. Sie eilt zurück ins Innere, und ihre Kollegin, offensichtlich die Köchin, die mit ihr für einen Moment bei einer Tasse Kaffee draußen gesessen hatte, genauso schnell hinterher. Sekunden später hört man drinnen eine gewaltige Geschäftigkeit. Geschirr klappert, das Fleisch wird geklopft, es zischt in der Pfanne. Und ein paar Augenblicke später bekommen wir …

Nein, noch nicht unser Essen, so schnell geht das dann doch nicht, aber eine große Ein-Liter-Flasche Weißbier zum Mitnehmen als Wiedergutmachung. Und zwei Lutscher. Verlegen schaut uns die Kellnerin an, und als wir angesichts ihres Blicks in lautes Lachen ausbrechen, lacht sie mit. Alles ist wieder gut, und fröhlich genießen wir unsere Schnitzel, als sie uns einen Moment später pfannenfrisch serviert werden.

Karlovský Minipivovar Pod Pralesem, Velké Karlovice
das PrALEsník Ale

Das dritte Bier, das PrALEsník Ale mit 14° Stammwürze, begeistert uns. Eigentlich ist es ja etwas stark für das warme Frühlingswetter, aber andererseits ist es ein so wunderbar fruchtiges Bier, so aromatisch und lecker. Der perfekte Übergang zwischen dem deftigen Hauptgang und der Nachspeise, die jetzt serviert wird: Eine Art Kartoffelknödel mit viel Mohn, viel Zucker und noch mehr zerlassener Butter. Ein Gedicht! Zwar ungeheuer mächtig, und wir sind froh, uns nur eine Portion zum Teilen bestellt zu haben, sonst wären wir geplatzt, aber ein herrlicher Genuss. Die süße Zucker-Mohn-Mischung, verrührt mit der flüssigen Butter, über die Kartoffelknödel gestrichen – ganz großes Gaumenkino. Und zwischendurch immer wieder ein kleiner Schluck des feinen Ales.

Ach, so könnte es ewig weitergehen. Hier jetzt einfach sitzenbleiben, und irgendwann, wenn die Sonne hinter den hohen Tannen untergegangen ist, eines der kleinen Zimmer in der Pension beziehen und morgen früh lang ausschlafen. Den nächsten Tag mit dem Blick auf die Berge beginnen…

Aber, ach!, morgen ist schon wieder Montag, und statt eines weichen Federbetts wartet die lange Rückfahrt auf uns. Durch ein wunderschönes Tal zwar, aber deswegen nicht weniger lang…

Aus der Traum!

Karlovský Minipivovar Pod Pralesem, Velké Karlovice
die Bar

Die kleine Pension Pod Pralesem beherbergt seit Mitte 2014 die Karlovský Minipivovar Pod Pralesem. Mitinhaber Lubor Gášek braut hier rund ums Jahr verschiedene Bierspezialitäten – etwas stärkere Biere, gerne auch mal mit Zimt und anderen Gewürzen verfeinert, im Winter, leichtere, erfrischendere im Sommer. Leider war wegen einer Komplettrenovierung des Haupthauses keine Besichtigung der Brauerei möglich, aber die Verkostung auf der sonnigen Terrasse war auch nicht schlecht.

Die Öffnungszeiten der Karlovský Minipivovar Pod Pralesem sind saisonabhängig. In der Zwischensaison im Frühling ist montags bis mittwochs von 16:00 bis 21:00 Uhr geöffnet, allerdings ohne Küchenbetrieb, und donnerstags bis sonntags von 10:00 bis 22:00 Uhr, dann auch mit Küche. Zu erreichen ist die kleine Brauerei am besten mit dem Auto – Parkplätze gibt es vor der Tür – oder man kommt mit dem kleinen Bähnchen bis Velké Karlovice und macht dann eine schöne Wanderung von einer Dreiviertelstunde.

Bilder

Karlovský Minipivovar Pod Pralesem
Léskové 910
756 06 Velké Karlovice
Tschechien

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