Gasthaus-Brauerei Max & Moritz
Kressbronn / Berg
DEU

„Warum gerade Max & Moritz?“, frage ich die freundliche Dame, die uns in der Gasthaus-Brauerei Max & Moritz bedient. „Hat es mit diesem Namen irgendetwas auf sich?“

Sie zuckt mit den Achseln. „Vielleicht, weil es sich nett anhört?“, rätselt sie.

Irgendwie ist es genau die Antwort, die ich erwartet habe. Wilhelm Busch, der die Geschichte von Max & Moritz vor etwas mehr als 150 Jahren geschrieben hat, lebte in Südniedersachsen, weit weg von hier, definitiv nicht am Bodensee. Was haben Max & Moritz also mit einer Brauerei in Baden-Württemberg zu tun?

„Weil es sich nett anhört…“ Authentizität ist anders, aber sei’s drum.

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der Blick auf den Bodensee und die Schweizer Alpen ist wunderschön

Wir sitzen bei recht kühlem und regnerischem Wetter im Schankraum der Gasthausbrauerei und blicken über die grünen Hügel auf den Bodensee und die Schweizer Alpen. Wenn zwischen den Schauern der Himmel kurz aufreißt, gibt er den Blick frei auf ein wunderschönes Panorama, und dieser Blick ist sicherlich ein echtes Alleinstellungsmerkmal für diese Brauerei.

Das braucht es auch, denn die Kreidetafel am Eingang glänzt nicht gerade mit Originalität. Ein Helles gibt es im Angebot, ein Hefeweizen und, um das klassische Angebot zu vervollständigen, ein … nein, kein Dunkles, sondern, Gipfel des Genusses, ein Spezial, ein bernsteinfarbenes, malzbetontes Bier mit 5,6% Alkohol.

Letzteres bestelle ich mir denn auch.

Sehr voll, sehr malzig schmeckt es, für meinen Geschmack schon zu intensiv und zu mastig. Ein Bier, von dem der erste Schluck recht interessant ist, der zweite den Mund und den Gaumen gut füllt, und ab dem dritten Schluck ist man eigentlich satt. Ganz nett, aber ob ich davon noch ein zweites haben wollen würde?

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das Essen gefällt auf Anhieb

Das Essen gefällt da schon eher. Eine Käsesuppe als Vorspeise, serviert in einem Weckglas statt eines Suppentellers, und oben auf dem geschlossenen Deckel liegt ein kleiner Streifen kross gebratener Bauchspeck. Nett präsentiert und sehr schmackhaft zubereitet.

Der Hauptgang dann ist eine Orgie in Fleisch. Filetstücke von verschiedenen Tieren, frisch gebraten oder gegrillt, dazu Kartoffelkroketten und Gemüse. Auch hier: Es ist ansprechend arrangiert, sieht sehr appetitlich aus, und von der eigentlich für eine Person gedachten Portion werden meine holde Ehefrau und ich zusammen gut satt.

Bei den meisten Gästen kommt das gut an. Riesenportionen, für relativ wenig Geld, und dazu noch sorgfältig ausgewählte Zutaten, gut zubereitet und nicht nur lieblos auf den Teller geklatscht. Eigentlich ja eine tolle Sache.

Eigentlich.

Denn wenn ich mir die Gäste so ansehe, die diese Portionen vertilgen, oftmals in riesigen Brocken in den Mund schaufeln, nach ein oder zwei Mal Kauen herunterwürgen und dann schon wieder die nächste Gabel hinterherstopfen … Mit Genuss hat das nicht mehr viel zu tun, nur noch mit Völlerei. Im Resultat hängen schwere Wampen über den Gürtel, drohen breite Ärsche, die Hosennaht zu sprengen, und schieben sich feiste Fleischklopse auf zwei Beinen ächzend zwischen Tisch und Bierbank, um dort festgeklemmt die nächste Runde zu bestellen. „Ach, ich weiß gar nicht, ich komme von meinen Pfunden einfach nicht runter“, höre ich im Geiste ihre Stimmen, und ich möchte antworten: „Dann friss halt nur die Hälfte und beweg Deinen fetten Arsch ein bisschen öfter!“

Die Esskultur in Deutschland fördert dies leider; es gehört zum guten Ton, riesige Portionen zu servieren.

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die Belohnung für unsere Zurückhaltung: das Saisonbier

Wir sind froh, uns den Hauptgang geteilt zu haben, und als Belohnung für diese Zurückhaltung gönne ich mir, obschon noch sehr früher Nachmittag, noch ein zweites Bier. Ein Saisonbier gibt es derzeit nämlich auch, wie wir mitterweile entdeckt haben, und zwar Braumeister’s Hochzeitsweiße, eine Hopfenweiße mit Deppen-Apostroph und 6,1% Alkohol.

Bernsteinfarben auch dieses Bier, wenn auch einen Hauch heller als das Spezial. Aber Bernstein gibt es ja in allen Farben – wer einmal aufmerksam die Ostseestrände entlangwandert, wird vom hellen Gold bis zum dunkelsten, fast schwarzen Braun alle Schattierungen finden, und somit ist man mit der Bezeichnung bernsteinfarben immer auf der sicheren Seite…

Schön vollmundig ist das Bier, mit kräftigen Weißbieraromen, aber der Hopfen, den ich angesichts der Bezeichnung Hopfenweiße erwarte, hält sich doch sehr zurück. Ich muss schon genau hineinschmecken, um mir die hopfigen Aromen wirklich bewusst zu machen, und bei diesem aufmerksamen Hinschmecken fallen mir noch ein paar andere, eher raue Geschmackskomponenten auf, die ich sonst eher bei den ersten Versuchen junger Hobbybrauer gewohnt bin. Ist es eine leichte Oxidation? Ist es eine überforderte Hefe? Zu wenig belüftet? Oder mit zu wenig Hefe angestellt? In der Summe ist das Bier eigentlich nicht schlecht, aber auch hier gilt: Nach einem habe ich durchaus genug. Kann man gut trinken, aber eben nicht in größeren Mengen. Es fehlt die Durchtrinkbarkeit.

Halten wir fest: Das Essen ist solide und preiswert, die Portionen riesig. Den meisten Gästen gefällt das. Die Biere (jedenfalls die beiden, die wir heute verkostet haben) überzeugen nicht wirklich, sind aber grundsätzlich trinkbar. Der Service ist ausgesprochen freundlich und aufmerksam. Und die Aussicht schließlich ist über alle Zweifel erhaben – insofern lohnt sich ein Ausflug auch dann, wenn man nur bei gutem Wetter und klarer Sicht eine Tasse Kaffee auf der Terrasse trinken möchte.

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ein klassisches Kupfer-Sudwerk ziert den Schankraum

Seit mehr als zwanzig Jahren gibt es die Gasthaus-Brauerei Max & Moritz nun schon, und sie folgt dem geradezu klassischen Ansatz der deutschen Gasthausbrauereien, wie er seinerzeit üblich war: Ein solides, bodenständiges Gasthaus wird um ein schönes, kupferglänzendes Sudwerk ergänzt, auf dem ein paar Allerweltsbiere entstehen, die sich großer Beliebtheit erfreuen. Man braut, weil es nett ist, selbst zu brauen. Genauso, wie es sich eben nett anhört, ein Gasthaus Max & Moritz zu nennen…

Kann man gerne mal hinfahren, aber die Welt des Bierliebhabers würde vermutlich nicht untergehen, wenn er diese Adresse auslässt.

Die Gasthaus-Brauerei Max & Moritz ist täglich ab 11:30 Uhr durchgehend geöffnet; kein Ruhetag. Sie ist sinnvoll nur mit dem Auto oder, wenn man die Hügel nicht scheut, mit dem Fahrrad zu erreichen. Oder man macht eine gemütliche, ausdauernde Wanderung.

Bilder

Gasthaus-Brauerei Max & Moritz GmbH
Weinbichl 6
88 079 Kressbronn / Berg
Baden-Württemberg
Deutschland

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