Liebick Getränke
Germering
DEU

Je besser das Angebot, desto höher wachsen unsere Ansprüche. In Windeseile gewöhnen wir uns an ein allerhöchstes Niveau und beginnen, zu mäkeln, wenn nur Kleinigkeiten das perfekte Gesamtbild stören. Ist es nicht so? Wenn wir ganz ehrlich sind, dann müssen wir jetzt nicken, und jeder von uns hat sich bestimmt schon bei irgendeiner Gelegenheit selbst dabei ertappt, in einer ersten, spontanen Reaktion übertriebene Ansprüche zu stellen.

Es ist der 17. Mai 2019, ein Freitag. Strahlender Sonnenschein begleitet uns auf dem Weg ins Wochenende, und überraschend staufrei sind wir mit dem Auto bis Germering kurz vor München gekommen. Nur wenige hundert Meter von der Autobahnabfahrt entfernt liegt ein Getränkeabholmarkt, Liebick Getränke. Auch bekannt unter der Bezeichnung Landbier-Zentrale.

Einige hundert verschiedene Biere soll es hier im Angebot geben, und trotz dass unser Bierkeller daheim aus allen Nähten platzt und wir eigentlich mal die Nachbarn einladen sollten, um Kühlschränke und Regale freizutrinken, können wir der Versuchung nicht widerstehen, hier vorbeizuschauen und doch noch die eine oder andere zusätzliche Spezialität zu erstehen.

Durch eine schmale und unauffällige Einfahrt geht es in einen Hinterhof und dann stehen wir vor der großen Halle. Wir wissen nicht so recht, was wir erwartet haben und schauen uns etwas überrascht an.

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früher sahen alle Getränkeabholmärkte so aus

So sahen die Getränkeabholmärkte noch vor einigen Jahren überall aus. Vor der Tür stapeln sich Leergutkisten und Europaletten, ein paar Einkaufswägen stehen unmotiviert herum, und die Kunden stellen ihre Fahrzeuge kreuz und quer auf der unaufgeräumten Fläche vor der Halle ab. Keine großen und bunten Leuchtreklamen wie in den neuen Getränkemärkten, die wir neben den Supermärkten und in den Einkaufszentren finden, und auch keine gepflegt edle Architektur, wie sie die Boutiquen gleichen Bottle Shops neuerdings so gerne präsentieren.

In der Halle empfangen uns Bierkisten-Gebirge und langgestreckte Regale. Auf den ersten Blick ein nettes Durcheinander, aber dann merken wir rasch, nach welchen Kriterien die Biere hier sortiert sind. Schwarze Täfelchen mit weißer Kreide beschriftet hängen an der Decke oder den Regalen und weisen uns thematisch den Weg. „Keller / Zwickel / Dunkel“ steht gleich rechts, dahinter kommen „Hell / Export“ und „Pils / Märzen“. Ganz hinten ist das „Weißbierparadies“, links daneben „Spezialbiere“, „internationale Bierkreationen“ und „nationale Bierkreationen“. „Alkoholfreies“ hat ein eigenes Areal und direkt vor uns ein Kistenstapel enthält „Saisonbiere“.

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Saisonbiere? Vorsicht, fast wären wir in die Falle getappt!

An dieser Stelle tapsen wir in die Falle. Wir sind nämlich auf der Suche nach einem Saisonbier, aber nicht einem Saisonbier im Sinne von nur saisonal gebrautem und angebotenem Bier, wie Weihnachtsbier, Maibock, Sommerlager oder ähnlichem, sondern nach einem belgischen Saison, einem Farmhaus-Ale, das uns als Begleitung zu einer bestimmten Bier-Speise-Kombination vorschwebt. Die Frage an die freundliche Dame, die an der Kasse steht, ob sie denn auch ein Saison im Angebot habe, führt dann auch zum freundlichen Fingerzeig auf die saisonalen Biere. So schnell kann man sich missverstehen.

Mit einem herzlichen Lachen räumen wir das Missverständnis aus und tauchen in die Regale mit den „internationalen Bierkreationen“ ein, wo wir schließlich auch ein Saison finden, und zwar aus der Brauerei St. Feuillien. Na bitte!

Mit drei kleinen Flaschen dieses Biers wäre unser Einkaufszettel eigentlich schon abgearbeitet, aber eine fast schon magische Kraft lenkt uns noch auf das Regal zu, das direkt im Eingangsbereich steht, und zwar linker Hand. „Jahrgangs Böcke“, „Oak Aged Eisböcke“, „helle Böcke“, „dunkle Böcke“, „Weizenböcke“ und „Spezialböcke – Rauch, Roggen, Pils …“ finden wir hier.

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hier werden wir nie widerstehen können

Unser Keller ist voll, und die Biere müssten längst mal getrunken werden? Ach, das ist hier an diesem Regal keine Ausrede. Alles, was hier steht, ist locker noch viele Monate, wenn nicht Jahre haltbar. Das können wir ruhig mal mitnehmen und uns dann mit dem Trinken viel Zeit lassen. Der nächste Winter kommt bestimmt, und dann sind wir über jede einzelne Spezialität froh, die wir hier und heute eingepackt und mitgenommen haben…

Und so füllen sich die Einkaufstaschen doch wieder rascher als geplant…

Eigentlich also ein schöner Besuch in einem Getränkemarkt, der mehrere hundert verschiedene Biere im Angebot hat und diese auch überraschend gut lagert, die ganze Halle ist nämlich sehr kühl. Nicht kühlschrankkalt, aber doch so kühl, dass es auch für eine etwas längere Lagerung der Biere durchaus in Ordnung ist. Um Lichtgeschmack und unabsichtlich wärmebehandeltes Bier braucht man sich hier keine Sorgen machen – ganz im Gegensatz zu vielen Getränkemärkten, wo die Sonderangebote und die saisonalen Biere selbst im Hochsommer vor dem Eingang in der prallen Sonne präsentiert werden.

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eine riesige Auswahl hat immer Licht- und Schattenseiten

Aber die gewaltige Auswahl hat auch einen Nachteil. Wir haben viele Flaschen in der Hand gehabt, bei denen das Mindesthaltbarkeitsdatum schon ganz nah lag, oft war es auch schon überschritten. Das mag bei starken und zur Lagerung gut geeigneten Bieren nicht so schlimm sein, bei vielen anderen Bieren macht es aber schon etwas aus. Fast alle Biersorten schmecken am besten, wenn sie möglichst frisch aus der Brauerei kommen, nur in Ausnahmefällen tut eine mehrmonatige Lagerung einem Bier wirklich gut.

So bleibt, trotz der guten Lagerbedingungen hier in die Halle, ein kleines Geschmäckle. Sollten diese Biere nicht noch sorgfältiger aussortiert werden? Und sollten die, die über das empfohlene Datum hinaus sind, nicht noch deutlich preiswerter angeboten werden? So sehr ich um die Schwierigkeiten für einen Getränkehändler weiß, die Biere immer rasch durchrotieren lassen zu müssen, so sehr sehe ich mich eben auch als anspruchsvoller Kunde, der für sein Geld die frischesten Biere bekommen möchte… Die Saison Biere von St. Feuillien stammten aus dem Jahr 2017 und waren seit geraumer Zeit abgelaufen. Geschmeckt haben sie gleichwohl hervorragend – aber wussten wir das vorher? Was hätten wir gemacht, wenn wir ein paar Tage später, wieder daheim und weit weg von Germering, festgestellt hätten, dass sie die über das MHD hinweggehende Lagerung gar nicht gut überstanden hätten?

Vielleicht nur eine Kleinigkeit, aber wie eingangs erwähnt: Je besser das Angebot, desto höher wachsen unsere Ansprüche.

Liebick-Getränke, die Landbier-Zentrale, ist montags bis freitags von 09:00 bis 18:00 Uhr und sonnabends von 08:30 bis 13:00 Uhr geöffnet. Mit dem Auto kann man direkt vor der Tür parken; kommt man mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, so hat man von der S-Bahn-Station Harthaus nur etwa 200 m Fußweg.

Bilder

Liebick Getränke
Sankt-Cäcilia-Straße 14
82 110 Germering
Bayern
Deutschland

2 Kommentare

  1. Prima Besuchsbericht. Von Liebick höre ich oft als Großhändler mit Riesenauswahl. Jetzt habe ich ein Foto und ein besseres Bild… Irgendwann mus ich doch mal persönlich hin.

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