Das älteste Pub in Tromsø, die Ølhallen, wurde 1928 eröffnet und ist mittlerweile über 90 Jahre alt. Man sagt, dass man nur dann wirklich in Tromsø gewesen ist, wenn man dieser Kneipe einen Besuch abgestattet und hier ein Bier getrunken hat.
Die Bierbar befindet sich im Tiefgeschoss eines der Gebäude der Macks Ølbryggeri und rühmt sich konsequenterweise nicht nur ihres Alters, sondern auch der Verbindung zur nach eigenen Angaben nördlichsten Brauerei der Welt. Rund 70 Zapfhähne soll es hier geben, an denen nicht nur die Biere der Macks Ølbryggeri und der dazugehörigen Mack Microbrewery ausgeschenkt werden, sondern auch kreative Biere aus den anderen Regionen Norwegens und dem Rest der Welt.
Ein Blick auf die Website verwirrt. In der deutschen Version heißt es „Zur Zeit serviert die Bierkneipe norwegisches Qualitätsbier aus 67 Zapfhähnen“, in der englischen hingegen „serving Norwegian quality beer from 72 differant taps“ (Schreibfehler im Original). So oder so aber eine beeindruckende Zahl.
Ich steige über die Handvoll Stufen in die Ølhallen und laufe direkt auf die Theke zu. Auf einer Länge von mehreren Metern erstrecken sich die Zapfhähne, und es sind mit Sicherheit weit über fünfzig Stück. Aber noch bevor ich auf die Idee komme, sie genau nachzuzählen, fragt mich der freundliche Barkeeper im Heavy Metal Outfit nach meinen Wünschen.
„Ein Saison hätte ich wohl gerne“, erkläre ich ihm. „Oder ein Farmhouse Ale, ein Bière de Garde. Irgendetwas in dieser Richtung!“
„Kein Problem!“ Die Antwort kommt prompt, und wenige Sekunden später steht ein kleines Glas vor mir.
Ich nehme einen ersten, vorsichtigen Schluck und stelle fest: Das Bier ist untrinkbar sauer. „Bist Du Dir sicher, dass das Bier so schmecken muss?“, frage ich den Barmann. Er kuckt mich skeptisch an. „Du weißt schon, dass Saison-Biere einen etwas strengeren Geschmack haben?“ Ich ziehe die Augenbrauen hoch und nicke langsam. Er geht zurück an die Zapfhahnbatterie, schenkt sich einen kleinen Schluck ein, probiert und verzieht das Gesicht. „Oh, Mann. So soll es natürlich nicht schmecken“, lacht er und schüttet mein Glas in den Ausguss. „Das ist wohl umgeschlagen. Ich klemme das Fass gleich mal ab. Kriegst was Anderes von mir!“
„Was anderes“ ist dann das Moloen, ein Saison der Bådin Bryggeri. Eine schöne und prägnante phenolische Note der Hefe, ein kräftiges Hopfenaroma und 5,6% Alkohol. Ich bin zufrieden. Der Barmann auch. Sichtlich erleichtert nickt er mir zu – ihm war die Sache mit dem umgeschlagenen Bier ein wenig peinlich.
Ich schnappe mir mein Glas und sehe mich um. Das Pub ist gemütlich eingerichtet. Viel Holz, einige Anspielungen auf Seefahrt und Fischerei, und im vorderen Bereich steht, nun ja, sogar ein ausgestopfter Eisbär. Ein echter? Zögernd fasse ich an sein Fell. In der Tat: Er scheint echt zu sein.
Vielleicht habe ich zu kritisch, möglicherweise sogar ein bisschen empört gekuckt, jedenfalls beschwichtigen mich zwei jüngere Gäste, die am Tisch neben dem Bären sitzen: „Eisbären stehen schon lange unter Naturschutz. Diese Trophäe ist ein Überbleibsel aus den Anfangstagen des Pubs – da braucht von uns niemand mehr ein schlechtes Gewissen zu haben.“
Nun ja, über 90 Jahre nach Gründung ist es in der Tat zu spät, vorwurfsvoll das Pub zu verlassen, und so nutze ich den Bären als Hintergrund für meine Bilder.
Draußen in der Stadt scheint nun Feierabend zu sein. Das Pub füllt sich, und mehr und mehr Menschen stauen sich am Tresen. Ich schiebe mich schnell noch dazwischen und bestelle mir ein IPA, und zwar das IPA on Tour – Nelson Sauvin, das hier vor Ort in der Mack Microbrewery gebraut worden ist. Wenigstens ein Bier von hier möchte ich dann doch probieren.
Mit 4,7% ist es eher leicht und wäre damit problemlos sogar im restriktiven Norwegen in den Supermärkten frei verkäuflich. Allerdings merkt man ihm das auch an. Zwar stimmt die Aromatik, ich kann keine Fehlaromen entdecken, aber für ein IPA ist es mir dann doch ein wenig zu dünn – da hätte ich ein wenig mehr Wucht erwartet.
Hätte ich mehr Zeit oder könnte ich gar ein paar Tage in Tromsø verbringen, dann könnte ich mich noch ein wenig gründlicher durch die gewaltige Zapfhahnbatterie verkosten. Da wäre schon noch so das eine oder andere Bier dabei, das mich interessieren täte… Langweilig würde es hier wohl nicht.
Ein paar Gäste sehen so aus, als säßen sie schon seit heute früh hier und hätten auf dem Weg vom ersten zum siebzigsten Zapfhahn schon ein gutes Stück zurückgelegt. Für den Barmann bestimmt eine Herausforderung, denn das Gesetz verbietet in Norwegen den Ausschank an offenischtlich alkoholisierte Personen. Aber was heißt offensichtlich? Was heißt alkoholisiert? Solange nicht randaliert wird, scheint es mit Augenmaß umgesetzt zu werden. Was ja auch gut ist.
So bleibt mir die Ølhallen in guter Erinnerung. Eine große und sehr spannende Bierauswahl, ein guter Service, der bei berechtigten Reklamationen blitzschnell reagiert, und eine nette Stimmung sowohl beim Personal als auch unter den Gästen. Klar kann man meckern, dass es sich um ein an eine Großbrauerei angehängtes Pub handelt, aber ganz ehrlich: Wüsste ich es nicht, würde ich es nicht merken.
Das Pub Ølhallen ist täglich ab 11:00 Uhr, sonnabends schon ab 10:00 Uhr durchgehend geöffnet; sonntags ist zu. Es liegt nur wenige Schritte vom Schiffsanleger mitten in der Stadt im Keller des großen Verwaltungsgebäudes der Macks Ølbryggeri.
Ølhallen
Storgata 4
9008 Tromsø
Norwegen
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