Gordon Biersch Brewing Company (Navy Yard)
Washington D.C.
USA

Das ist jetzt mal ein Novum: Ich besuche eine Gasthausbrauerei, dann komme ich für eine Weile aus unterschiedlichen Gründen nicht dazu, über diesen Besuch zu schreiben, und als ich endlich meine Notizen hervorkrame, stelle ich fest, dass die Brauerei mittlerweile geschlossen worden ist…

So geschehen mit der Gordon Biersch Brewing Company Zweigstelle in Washington D.C. im Navy Yard, ganz in der Nähe des Stadions der Washington Nationals.

Es war der 2. November 2019, als ich hier nach einem Besuch in der völlig überfüllten Bluejacket Brewing Co. noch auf ein kleines Abendessen und ein letztes Bier einkehren wollte. Ein paar hundert Meter Fußweg waren es nur, bis ich vor dem Gebäude stand und zunächst mal durch die großen Glasscheiben in das leicht rötlich illuminierte Sudhaus blickte.

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Blick ins Sudhaus

Viel Edelstahl war zu sehen. Links reihten sich die zylindrokonischen Gärtanks, die ZKGs, auf, rechts sah man die Geräte des Sudwerks. Schläuche, Pumpen, Plastikwannen standen dazwischen. Ich musste an die Worte eines Bekannten denken, der mich vorgewarnt hatte: „Die meisten der Gordon Biersch Filialen brauen gar nicht selbst, die tun nur so!“ Wenn das der Fall gewesen sein sollte, dann hatten die Leute hier im Bezirk Navy Yard aber ganze Arbeit geleistet, den Brauprozess zumindest zu simulieren. Alles sah so aus, als hätte der Brauer wirklich nur für die Nacht seine Arbeit unterbrochen und sie nicht dauerhaft eingestellt. Hätte ich doch nur genauer hingesehen, nach frischen Wasserpfützen geschaut, oder danach, ob in den Plexiglasbehältern des Druckausgleichs CO2-Bläschen aufstiegen oder nicht…

Stattdessen habe ich mich recht schnell abgewandt und bin auf die andere Seite zum Eingang gelaufen. Die Bierbänke vor der Tür habe ich ignoriert, dafür war es mittlerweile schon zu kühl geworden. Der auf zwei unterschiedlichen Ebenen eingerichtete, recht große Schankraum war ziemlich voll, insbesondere waren viele Familien hier. Aber an der Theke war noch Platz, und so setzte ich mich neben die schwarze Tafel, die insgesamt neun verschiedene Biere anpries.

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theoretisch wäre die Auswahl recht groß gewesen

„Das Keller Pilsner hätte ich wohl gerne“, signalisierte ich dem Barmann, aber kurz angebunden, fast schon barsch kam die Antwort: „Haben wir nicht.“ – „Dann bitte das Belgian Wit.“ – „Auch nicht.“

„Höflich ist anders“, dachte ich mir, aber da ich nun schon mal saß und keine Lust hatte, noch woanders hin zu gehen, ging ich darüber hinweg. Der dritte Versuch klappte, immerhin, und geraume Zeit später (ich wusste gar nicht, warum das so lange dauern musste) bekam ich mein Lord Juicy serviert, ein New England IPA mit 6,8% Alkohol. Fast zeitgleich kam auch schon mein Essen, eine Portion Cajun Pasta.

Das Essen war soweit in Ordnung, wenn auch nichts Begeisterndes. Auf eine Art gewürzt, die man in Deutschland eher selten findet, und insofern interessant, aber recht lustlos zubereitet und auf den Teller geklatscht.

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durchaus familienfreundliche Atmosphäre

Das Bier passte sich an. Gleichmäßig trüb, wie es sich für ein New England India Pale Ale, ein NEIPA, gehört, aber die Farbe war kein appetitlich leuchtendes Orange, sondern eher ein etwas gräuliches Bernsteinfarben, und machte somit nicht so wirklich Lust auf den ersten Schluck. Ein paar fruchtige Aromen spielten in der Nase und versuchten, zu retten, was die Optik schon verloren gegeben hatte, und eine solide, kernig-bittere Vollmundigkeit unterstrich noch einmal einen gewissen Anspruch des Biers, bevor eine leichte Kratzigkeit im Abgang den Gesamteindruck wieder etwas beeinträchtigte. Keine Offenbarung, also, aber wenigstens ein gutes, solides Bier, dessen kräftiger Charakter mit den würzigen Cajun Pasta mithalten konnte.

Gesundes Mittelmaß, also. Immerhin besser als die kurz angebundene, fast schon unfreundliche Art des Barmanns.

Ich blickte mich noch einmal um. Ungemütlich war es hier nicht. Im Schankraum herrschte eine angenehme Atmosphäre. Kleine und große Tische wechselten sich ab, die Beleuchtung weder zu hell noch zu dunkel, fröhliches Lachen und Kindergeschrei klang durch den Raum. Neun Biere vom Fass, wie sie angeschrieben waren, klangen auch nicht schlecht (wenn es sie mal alle gegeben hätte…), und das Preisniveau war für die Hauptstadt Washington D.C. noch durchaus fair.

Kommen wir nun aber zum …

Nachtrag 1. März 2020: Das Nachbarschaftsportal der Hauptstadt, Popville, meldet, dass die Filiale Navy Yard der Gordon Biersch Brewing Company heute dauerhaft geschlossen worden ist. Nach ziemlich genau sieben Jahren (eröffnet wurde im März 2013) ist der Betrieb eingestellt worden, und was mit den Räumlichkeiten und der Brau-Infrastruktur passieren wird, ist ungewiss.

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die Popville-Überschrift

Kommentare der Leser sprechen recht rasch davon, dass die Qualität in letzter Zeit eh nachgelassen habe und dass mit zunehmender Verbreitung guter Craftbreweries und Brewpubs in der Hauptstadt der Bedarf für eine Filiale eine Gasthausbrauereikette einfach nicht mehr bestünde. Bester Beweis für die letzte Behauptung sei, dass auch die Niederlassung in Rockville zeitgleich geschlossen worden sei und der Großraum Washington D.C. nun keine Gordon Biersch Filiale mehr habe.

Bilder

Gordon Biersch Brewing Company
100 M Street SE
Washington
DC 20003
USA

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