Kyjovský Pivovar
Kyjov
CZE

Auf Hochglanz polierter Stahl wohin man sieht! Das scheint die Kyjovský Pivovar auszuzeichnen.

Es geht schon los noch bevor wir die Brauerei betreten: Direkt vor dem Eingang des schmucken, durchaus imposanten Gebäudes, parkt eine Reihe Motorräder der Marke Harley-Davidson. Robustes, schweres Metall. Keine Leichtbauweise. Blitzblank poliert funkeln die schweren Maschinen in der Frühlingssonne. Für einen kurzen Moment bleibe ich stehen und denke an damals, als ich selber noch oft gefahren bin. Aber beides geht nicht. Entweder Bier oder Motorrad – beides gleichzeitig ist definitiv lebensgefährlich. Und für beides nacheinander reicht die Zeit nicht. Jedenfalls im Moment nicht. Später vielleicht, als Pensionär, da lässt sich vielleicht Zeit für beides finden…

Kyjovský Pivovar, Kyjov
schwere Motorräder vor der Brauerei

Ein bisschen wehmütig reiße ich mich los, und wir gehen in den Schankraum hinein. Die Kyjovský Pivovar ist beides in einem, Brauereirestaurant und Hotel, und linker Hand sehen wir die Rezeption, an der man sich eines des 25 Drei-Sterne-Zimmer mieten könnte.

Kaum stehen wir im Schankraum, der von der großen, quadratischen Bar in der Mitte dominiert wird, sticht uns erneut polierter Stahl ins Auge: Zwei offensichtlich ausrangierte Gärtanks stehen als Blickfang an der Wand. Vermutlich zu klein geworden, nicht mehr effizient genug – aber als Dekoration hervorragend geeignet. Und gegenüber den beiden Tanks die Zapftheke, ebenfalls aus schön poliertem Stahl. Silbrig weiß glänzend.

Hinter dem Schankraum ziehen sich zwei Speisesäle schier unendlich weit in die Tiefe. Überdimensionale Schwarzweißfotos als Wandtapeten zeigen, wie es hier wohl vor vielen Jahrzehnten ausgesehen haben mag, als die alte Kyjover Brauerei noch in Betrieb war. Von Anfang des 16. Jahrhunderts bis 1966 hatte sie unter wechselnden Besitzern den Ortskern Kyjovs dominiert. Gewaltige Holzfässer waren seinerzeit mit Pferdefuhrwerken, später dann mit Lastwagen durch die Stadt gefahren worden. Vor den hochgestapelten Fässern im Lager standen Tische und Bänke, man konnte damals wie heute das frisch gebraute Bier an Ort und Stelle genießen.

Kyjovský Pivovar, Kyjov
der Schankraum mit den schönen Foto-Tapeten

Wir nehmen Platz vor einem dieser riesigen Bilder, und sehen genau gegenüber durch eine Glaswand das Sudwerk. Zwei große Geräte, natürlich aus blankem Stahl. Der Stil hat Konsequenz. Alles ist modern, trotzdem aber nicht ungemütlich oder kalt. Ein paar Schritte weiter hinten, ebenfalls hinter großen Glasscheiben, der Gär- und Lagerbereich. Offene, rechteckige Gärbecken aus Stahl, derzeit gerade leer, dahinter und daneben die Tanks, ebenfalls stählern glänzend.

Wir blättern durch die Speisekarten, buchstabieren uns langsam, Wort für Wort, durch das Angebot. Ohne dass wir es bemerkt hätten, steht ein junger Kellner neben uns, lacht und meint, er hätte gerne auch eine englische Karte für uns, das fiele uns sicherlich leichter.

Für die Bierbestellung brauchen wir die englische Karte aber noch nicht, und beginnen mit einem Jarní Třísladová 10°, einem Frühlingsbier mit 10% Stammwürze aus drei verschiedenen Malzen. Ein gut trinkbares und leichtes Zischbier, gerade recht, um schon tagsüber, bei der Gartenarbeit vielleicht, die eine oder andere Halbe zu trinken.

Das Essen dazu ist nicht ganz so leicht. Im Gegenteil, der Hamburger ist schon eher gewaltig. Neben dem kernigen Hackfleisch ist er noch dick mit Bauchspeck und Käse belegt, dazu eine große Portion dick geschnittener Fritten – leicht ist in der Tat anders. Eher ein Essen für die Harley-Fahrer am Nachbartisch – deren Statur sieht schon entsprechend aus. Aber es ist lecker, und tapfer kämpfen wir uns durch die Portionen, nichts bleibt zurück.

Kyjovský Pivovar, Kyjov
das Sudwerk

Das Světlý Ležák 12°, das normale zwölfgrädige Helle dazu, hilft beim Runterspülen. Schön sauber gebraut, erstaunlicherweise ohne Diacetyl, einfach nur ein erfrischendes, ausgewogen gehopftes Alltagsbier. Sehr schön!

Und gewissermaßen als Nachtisch gibt es noch ein Bernsteinbier, das Jantar Polotmavý Ležák 12,5°. Wie der Name sagt, ist es bernsteinfarben, halbdunkel, und es erfreut mit einer knackigen Herbe. Süffig und trotzdem kernig.

Für eine so kleine Stadt wie Kyjov, manchen vielleicht besser bekannt unter dem alten Namen Gaya, mit gerade einmal 12000 Einwohnern, die ein wenig abseits liegt, ist die Brauerei mit ihrem Restaurant und Hotel recht groß, aber, wie wir uns heute vergewissern können, sehr beliebt. Trotz der großen Speiseräume haben wir regelrecht Glück gehabt, hier am Nachmittag noch ein gemütliches Plätzchen gefunden zu haben. Je mehr es auf den Abend zu geht, desto mehr füllt sich der Raum, und dann kommt auch noch eine Kellnerin und markiert die letzten verbleibenden Plätze als reserviert.

Zeit für uns, zu gehen und den Heimweg anzutreten. Ein rundum schöner Brauereibesuch. Eine Sinfonie in Edelstahl gewissermaßen, bei der sich selbst die Musik angepasst hat – es lief nämlich die ganze Zeit solider, schwerer Hardrock der siebziger Jahre. Noch einmal blicke ich zurück – die schweren Motorräder stehen immer noch vor der Brauerei und glänzen mit dem Stahl des Sudwerks um die Wette.

Die Kyjovský Pivovar ist täglich ab 11:00 Uhr durchgehend geöffnet, kein Ruhetag. Zu erreichen ist sie problemlos mit öffentlichen Verkehrsmitteln – bis zum Bahnhof sind es etwa 200 m Luftlinie, 300 m zu Fuß. Und wer mit dem eigenen Wagen gekommen ist (und gegenüber gratis parken kann), der kann, wenn er (oder sie) zu viel Bier erwischt hat, bequem im angeschlossenen Hotel übernachten.

Bilder

Kyjovský Pivovar
třída Komenského 596
697 01 Kyjov
Tschechien

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