Keine Straßenecke in Tschechien kann zu eng sein, kein Häuserblock zu unattraktiv, als dass man dort nicht noch eine kleine Eckkneipe unterbringen kann. Am besten auch gleich mit einem kleinen Biergärtchen für den Sommer, egal wie schmal der Bürgersteig auch ist. Für die von den Tschechen so geliebten Pivnice ist immer Platz. Sie gehören zum Alltag dazu, und wer nach der Arbeit oder am Wochenende mal eben schnell ein leckeres Bier trinken möchte, braucht nirgends weit zu laufen. Dörfer ohne kleine Bierschänke? Völlig unvorstellbar.
Noch viel schöner ist es, wenn sich hinter einer kleinen Eckkneipe nicht nur eine x-beliebige Tränke mit wenig spannendem Konzernbier versteckt, sondern ein Ausschank einer kleinen Lokalbrauerei, der mit aufregenden Bierstilen zu überraschen weiß – so wie beispielsweise das Lucky Bastard Beerhouse in Brno.
Lucky Bastard, das ist eine noch junge Handwerksbrauerei, die seit wenigen Jahren erst mit interessanten Bierkreationen auf den Markt gekommen ist und eine vorwiegend, aber nicht ausschließlich junge Klientel im Blick hat. Kräftigere, aromatischere Biere, mit viel Geschmack und viel Hopfen. Aber ohne Ausschank an der Brauerei. Man kann während der Woche kommen und Bier im Rampenverkauf in Flaschen und Fässern zum Mitnehmen kaufen, aber das war es dann.
Aber zum Glück gibt es auch das Lucky Bastard Beerhouse. Einen guten, viertelstündigen Spaziergang von der Altstadt entfernt in einem Wohngebiet mit großen, recht eng beieinanderstehenden Altbauten.
Wir schlendern die Straße entlang und sehen schon aus einiger Entfernung eine kleine Holzterrasse mitten auf dem Bürgersteig – der Biergarten! Gerade mal eine Handvoll Tische stehen hier, direkt an der Straßenecke. Es ist noch früher Nachmittag, viel los ist nicht. Wir setzen uns an einen der Tische und schauen uns um. Vom zum Biergarten gehörigen Ausschank ist nichts zu sehen. Neben uns ein Wohnhaus, auf der anderen Straßenseite auch. Dazwischen nur parkende Autos, Motorräder und Fahrräder.
Eine kleine schwarze Tafel informiert uns über das Bierangebot. Sechs Sorten stehen zur Auswahl, eine einzige werden wir heute nur probieren, denn die Zeit ist knapp, wir haben leider noch ein paar andere Verpflichtungen.
Leicht ungeduldig schauen wir uns um – keine Bedienung weit und breit. Aber auch kein Eingang zur Schänke ist zu sehen. Wir sind ratlos, schauen noch einmal. Das junge Pärchen am Nachbartisch amüsiert sich und zeigt mit dem Finger auf eine zweite schwarze Tafel, die wir übersehen haben. Oben rechts in der Ecke eine kleine Funkklingel, darunter die große Anweisung: „Neuangekommene bitte nach der Bedienung klingeln!“ oder so ähnlich. Ich verstehe genug Tschechisch, um mutig den Knopf zu drücken, und in der Tat – nur Sekunden später kommt eine junge Dame aus einem Kellereingang.
Aha, wir sind um zwei Dinge schlauer. Erstens kennen wir jetzt die Methode, wie wir unser Bier bestellen können, und zweitens wissen wir, wo der Eingang zur Schänke ist, nämlich die kleine unansehnliche Kellertreppe hinunter. Und jetzt sehen wir oberhalb der Treppe auch das Schild: Lucky Bastard Beerhouse. Dezent, und vom Biergarten aus hinter den Büschen verborgen.
Wir bestellen uns ein Beerhouse American Pale Ale 12° und ein … alkoholfreies Bier. Einer von uns muss noch fahren…
Das APA entpuppt sich als ausgezeichneter Vertreter seines Stils. Kräftig gehopft, aber offensichtlich nur mit den besten und fruchtigsten Sorten. Aromen wie aus einem frischen Obstkorb, und im Mund eine knackige, aber blitzsaubere Bittere. Serviert im schlichten, tulpenförmigen Glas. Es passt alles.
Um so ärgerlicher, dass es für heute bei diesem einen Bier bleiben muss. (Das Alkoholfreie zählen wir jetzt mal nicht mit – es war zwar besser als ein Glas Leitungswasser, aber das reicht dann auch an Details…) Sehnsüchtig blicke ich noch einmal auf die schwarze Tafel. Coco, Blond, Albrecht, Ponožky v Sandálech und Lemongrass sind die Namen der anderen fünf angebotenen Biere. Was auch immer sich dahinter verbergen mag…
Ein kurzer Blick noch in die kleine Schankstube, die bei dem herrlichen Wetter heute natürlich fast leer ist. Schlicht eingerichtet, ein paar Tische und Stühle, Eckbänke, rohe Ziegel und weiße Wände. Die Decke recht niedrig, das Ziegelgewölbe des Altbaus war eher als Kellerdecke gedacht, als dafür, eine Bierschänke zu beherbergen. Aber es ist gemütlich. Bestimmt auch bei schlechtem Wetter eine gute Option für ein feines Bier. Das machen wir ein anderes Mal. Oder datmachamanandama, wie es in Köln heißt.
Das Lucky Bastard Beerhouse ist täglich ab 17:00 Uhr bis Mitternacht geöffnet; sonntags ist Ruhetag. Es gibt sechs Biere vom Fass, dazu ein paar kleine, aber deftige Snacks zu essen. Man kommt mit einem schönen Spaziergang von der Innenstadt aus in etwa einer Viertelstunde hierher, oder man nimmt die Straßenbahnlinie 4, Haltestelle Úvoz, etwa 100 m entfernt.
Lucky Bastard Beerhouse
Bří Čapků 95/8
602 00 Brno
Tschechien
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