Seit 1650 wird in Nesselwang in direkter Vorläufer-Tradition der Post-Brauerei Nesselwang Bier gebraut, seit 1863 heißt die Brauerei auch Brauerei und Gasthaus Post, und seit 1909 ist die Brauerei in den Händen der Familie Meyer – nacheinander führen Karl I., Karl II. und heute noch Karl III. Meyer die Brauerei. Aber nichts währt ewig, und so zeichnen sich in der Post-Brauerei deutliche Änderungen ab.
Regionale, mittelgroße Brauereien haben es in Deutschland zunehmend schwerer – selbst diejenigen, die beide Weltkriege überstanden haben, geraten seit einigen Jahren in schweres Fahrwasser. Auf der einen Seite stehen die Großkonzerne, die durch effiziente Massenproduktion und gewaltige Werbeetats den Markt beherrschen, auf der anderen Seite drängen kleine und Kleinstbrauereien mit Bierspezialitäten, die durchaus etwas mehr kosten dürfen, dafür aber exklusiv sind, auf dem Markt. Die mittelgroßen Brauereien fühlen sich in Konsequenz wie zwischen Hammer und Amboss, und schon manche Traditionsbrauerei hat deshalb schließen müssen.
In Nesselwang bei der Post-Brauerei war es im Jahr 2009 soweit, dass man eine strategische Entscheidung hat treffen müssen – eine Regionalbrauerei mit einem abwechslungsreichen Produktportfolio und einem eigenen Vertrieb war auf Dauer nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben, und so entschloss sich Karl III. Meyer dazu, den Betrieb deutlich zu verkleinern und nur noch für den eigenen Brauerei-Gasthof und einen weiteren Gasthof in Nesselwang zu produzieren. Gleichzeitig wurde auch der eigene Vertrieb aufgegeben. Gastronomie statt Braubetrieb, hieß das Motto also.
Ganz wollte man den Braubetrieb allerdings nicht aufgeben, und so wurde die Post-Brauerei in die Brau-Manufactur Allgaeu umgewandelt. Die vier Standardbiere (Gold, Dunkel, Bock, Weizen) werden unverändert (wenn auch nur noch in kleiner Menge) gebraut, und daneben entstehen sogenannte Edel-Biere, wie das Hopfen Royal, das Weizenstarkbier Liberalitas Bavariae und – als Saison-Bier – das Allgäuer Kräuter-Märchen. Hinter den neuen Rezepten und Ideen steht Tochter Stephanie Meyer, die als Braumeisterin und Biersommelière das neue Konzept vorantreibt.
Als wir am 4. Mai 2014 im Brauereigasthof der Post-Brauerei einkehrten, war von den neuen Ideen nur dezent etwas zu spüren – der Charakter eines altehrwürdigen Brauereigasthofs ist erhalten geblieben, und nur ein kleiner Präsentiertisch mit den neuen Bierspezialitäten und die Möglichkeit einer Bierverkostung aller Biere auch in 0,1-l-Gläsern weisen auf das neue Konzept hin. Gut so – ein revolutionäres Umschwenken könnte sicherlich viele alteingesessene Gäste vertreiben.
Wir testeten uns also zunächst durch die vier Standard-Biere – das Gold schmeckte frisch, aromatisch, sehr rein und war süffig. Das Dunkle ließ ein wenig an Frische vermissen. Ohne echte Geschmacksfehler aufzuweisen, wirkte es müde, fast schon etwas dumpf und regte nicht zum Weitertrinken an. Das Bockbier war im Antrunk sehr spannend, aber im Abgang wies es Noten von höheren Alkoholen auf, die störten. Das Weißbier schließlich war zwar kräftig bananig, ließ es aber an Rezenz mangeln. Hier weiß ich nicht, ob es totgezapft worden war, oder tatsächlich so wenig gespundet im Fass gelegen hat. Es fehlte erheblich an Spritzigkeit. Das Hopfen Royal hingegen war ausgezeichnet. Kräftig im Körper, leicht melanoidinig und mit feinen Hopfen-Noten aus der Kalthopfung hat es überzeugt, wenn es auch übermäßig geschäumt hatte und es ewig gedauert hatte, bis der Schaum sich soweit gesetzt hatte, dass man im TeKu-Pokal den ersten Schluck nehmen konnte.
Ein guter Anfang für die Brau-Manufactur Allgaeu also, und derart ermuntert haben wir uns vom Hopfen Royal und dem Liberalitas Bavariae je eine edle Flasche mit Naturkorken mitgenommen. Weiter so!
Was uns allerdings erheblich gestört hat, war die Bedienung. Von Beginn an etwas herb und unnahbar wirkend, wurde sie sehr unfreundlich, geradezu muffig, als sie gewahr wurde, dass wir an einem Sonntagmittag nicht zu einem dreigängigen Essen gekommen waren, sondern lediglich, um ein paar Bierchen zu genießen und eine Suppe zu essen. Sie gab uns mit aller Macht das Gefühl, ihr nur unnötig zur Last zu fallen. Dies änderte sich schlagartig, als wir von den – recht teuren! – handverkorkten Edelbier-Flaschen etwas mitnehmen wollten. Plötzlich konnte sie wieder lächeln – es ging ja doch um etwas größeren Umsatz. Wir empfanden es als sehr unangenehm – so nicht!
Schade, dass sich die Gelegenheit nicht ergeben hat, Herrn Meyer persönlich auf diesen Missstand aufmerksam zu machen. Er ging zwar durch den Saal, war aber an anderen Tischen im Gespräch gebunden, so dass wir einen zu großen „Aufstand“ hätten machen müssen, um dieses Thema zu artikulieren.
Der Brauerei-Gasthof Hotel Post ist täglich geöffnet; parken kann man gebührenfrei etwa hundert Meter entfernt auf einem öffentlichen Parkplatz. Die Brau-Manufactur Allgaeu bietet ihre Produkte (neben den Bieren auch Bierspirituosen und andere Bier-Produkte) auch online im Internet-Shop an; dienstags um 11:00 Uhr und freitags um 18:00 Uhr werden Führungen durch die Brau-Manufactur angeboten.
Brau-Manufactur Allgaeu – Brauerei-Gasthof Hotel Post
Hauptstraße 25
87 484 Nesselwang
Bayern
Deutschland
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