Mikkeller: Was als kleine und provokativ-experimentelle Wanderbrauerei begann, ist mittlerweile zu einem kleinen Feinschmecker-Imperium geworden und umfasst kleine Bars in ungewöhnlichem Design wie die Mikkeller Bar Viktoriagade, Hardrock-Brewpubs mit Streetfood inspirierter Küche wie das Warpigs und kleine, schlicht-elegante Spezialitätenrestaurants mit gehobener Küche wie das ØL & BRØD. Und vor letzterem stehen wir jetzt.
ØL & BRØD – Bier und Brot. Ein einfacher Name, eine skandinavisch-nüchterne Einrichtung, aber die Geschmackserlebnisse, die uns hier erwarten, sind alles andere als einfach oder nüchtern.
Nur ein halbes Dutzend Tische umfasst das kleine Restaurant, die meisten davon sind besetzt, und nur mit etwas Glück bekommen wir den letzten freien Platz zugewiesen. Blitzschnell bringt uns der freundliche junge Kellner die Getränke- und die Speisekarte und lässt uns einen Moment lang blättern. Natürlich beginne ich mit der Bierauswahl, schließlich waren mir doch schon beim Betreten des Restaurants die zehn eleganten Zapfhähne an der Wand aufgefallen. Schwarz-gold und elegant, irgendwie asiatisch wirkend und lediglich mit dem Namen Mikkeller beschriftet, lassen sie keine Rückschlüsse zu, welche Bierspezialitäten sich dahinter verbergen, aber dafür ist die Bierkarte um so informativer.
Zehn Mikkeller-Biere, vom einfachen Ale oder Pils bis zum fordernden spontanvergorenen Sauerbier mit Früchten oder alkoholstarken belgischen Ale im Stil eines Abteibiers reicht die Auswahl. Wir beginnen nicht zu konservativ, aber auch nicht zu experimentell und entscheiden uns für ein Haze of Spades, ein milchig-trübes India Pale Ale mit stark fruchtiger Hopfencharakteristik und 6,8%, und ein All Other Pale Ales, ein leicht karamelliges, trotzdem hopfiges Pale Ale mit 5,8%. Beide Biere sind durchaus spannend, wir sind lediglich ein kleines bisschen enttäuscht, sie in einem einfachen Glaskrug serviert zu bekommen, der einerseits aus zu dickem Glas besteht, um die Komplexität des Geschmacks wirklich zur Geltung zu bringen, und andererseits nicht perfekt ausgespült ist (vielleicht sind es auch Kratzer im Glas), denn an den Wänden des Glases bilden sich unschöne Bläschen.
Das Essen dazu kompensiert aber alles, was wir möglicherweise gerade über die unpassenden Gläser Negatives gedacht haben. Ein wunderbar zartes Steak für meine holde Ehefrau, auf den Punkt gebraten und appetitlich mit Kräutern und Gemüse dekoriert, und eine nicht minder zarte Schweineschulter mit Grünkohl und Nüssen für mich. Exzellent komponierte Speisen, spannende Aromakombinationen – wir sind richtig begeistert.
Zeit für die nächsten Biere: Fruchtig-säuerlich darf es jetzt sein, und wir genießen ein Spontan Lyche, ein belgisches Lambik mit Litschi-Früchten und 7,7% und ein Hallo! Ich bin ein Berliner Blueberry, eine Berliner Weisse mit Blaubeeren und 3,7% Alkohol. Beide Biere sind erfrischend säuerlich, wenn auch in ihrer Charakteristik völlig unterschiedlich. Das Lambik hat eine eher weiche, vollmundige Säure, während die Berliner Weisse mit einer frischen, spielerisch-spritzigen Säure aufwartet. Aber beide Biere schaffen den perfekten Übergang vom fleischbetonten, würzigen, leicht deftigen Hauptgang zum fruchtig-süßen Dessert, spülen die Zunge von Fettresten frei und machen uns bereit für neue Geschmackserlebnisse.
Und die folgen in Form des Desserts auf dem Fuße: Eine Art Panacotta-Creme mit geraspelter Schokolade, Himbeeren, Erdbeeren und Brombeeren und einem Klecks kremigem Vanilleeis. Hier scheiden sich unsere Vorlieben. Während ich dieses sahnig-süße Dessert mit einem ähnlich süßen Bier kombiniere, nämlich dem dunklen Monks Brew, das mit komplexen, fruchtigen Hefearomen und einer deutlich spürbaren alkoholischen Wärme aufwartet (Kunststück bei 10,0%!), und so auf geschmackliche Harmonie setze, zieht meine holde Ehefrau den klassischen Kontrast vor und wählt das Kaffestout, das mit nur 6,8% Alkohol, dafür aber mit röstigen und bitteren Noten erfreut und den Wechsel zwischen süßer Creme und bitterem Dunkelbier immer wieder spannend gestaltet.
Ein rundum tolles Geschmackserlebnis – alle getesteten Biere sind auf ihre Art ausgezeichnet, und die Speisen dazu auf höchstem Niveau und ohne Makel. Ganz, ganz prima. Der unaufdringliche Service des jungen Kellners und die schlichte Einrichtung des Restaurants, die nicht vom Genuss der Speisen Getränke ablenkt, tun das Ihrige dazu. Lediglich die Rechnung am Schluss bringt ein wenig Ernüchterung – selbst im ohnehin schon recht teuren Kopenhagen positioniert sich das ØL & BRØD recht weit oben.
Aber egal. Wer auf der Suche ist nach spannenden Bier- und Speisekombinationen, der ist hier hervorragend aufgehoben. Es empfiehlt sich aber, vorher zu reservieren, denn es ist nicht selbstverständlich, hier einfach so einen Platz bekommen zu können. Die Küche ist winzig, es gibt nur sechs Tische, und man legt Wert darauf, sich auf den Gast konzentrieren zu können. Und so wird bereits auf der Website des Restaurants darauf hingewiesen, dass Reservierungen empfohlen und diese auch zeitlich gestaffelt werden. Die verschiedenen Tische werden abends um jeweils eine Viertelstunde gegeneinander versetzt vergeben, so dass die Küche nicht überfordert wird und der Service nicht leidet. Einerseits ist das zwar prima und zeugt von hohem Qualitätsbewusstsein, andererseits macht es den Besuch auch kompliziert und unsere einfache Bitte, noch drei weitere Kollegen in das Restaurant bitten zu können, wurde mit Hinweis auf dieses, tja, wie soll ich sagen, „Küchenauslastungssystem“ vielleicht, freundlich, aber nachdrücklich abgelehnt.
Das Restaurant ØL & BRØD versteht sich als Feinschmeckerrestaurant mit Schwerpunkt auf Bier- und Speisekombinationen sowie einer exzellenten Aquavit-Auswahl. Mittags bietet es vorwiegend Smørrebrød, abends eher gehobene Küche mit dänischem Einfluss, wie wir sie heute erlebt haben. Öffnungszeiten und das Reservierungsverfahren sind kompliziert, ich zitiere:
Opening hours: 4. april – 31. December
Monday: Closed
Tuesday & Wednesday: 12:00 – 17:00 Kitchen 12:00 – 16:00
Thursday: 12:00 – 22:00 Kitchen 12:00-16:00 & 18:00-20:30
Friday: 12:00 – 23:00 Kitchen 12:00-16:00 & 18:00-21:30
Saturday: 12:00 – 23:00 Kitchen 12:00-16:00 & 18:00-21:30
Sunday: 12:00 – 22:00 Kitchen 12:00-16:00 & 18:00-20:30
Because we are a small restaurant with limited seating options we have divided our service into 4 seatings.
First lunch seating: arriving times at 12.00/12.15/12.30/12.45/13.00 and is available until 14:00
Second lunch seating: arriving times at 14.15/14.30/14.45/13.00 and is available until 16.00
If you want to have a bigger lunch, we recommend you to book early in the first seating or book your table in the second seating.
First dinner seating: arriving times at 18.00/18.15/18.30/18.45/19.00 and is available until 20.00
Second dinner seating: arriving times at 20.15/20.30/20.45/21.00 and is available until 22:00/23:00
Please note! that our liquor license expires at 22:00 on Thursdays therefore the restaurants close at 22:00.
Zu erreichen ist das ØL & BRØD in etwa zehn Minuten zu Fuß vom Hauptbahnhof; man geht einfach in westlicher Richtung.
ØL & BRØD
Viktoriagade 6
1655 København
Dänemark
Hinterlasse jetzt einen Kommentar