Beznoska Minipivovar Prosek
Praha
CZE

Ach, die Tschechen und ihre Vorliebe für merkwürdige Pastellfarben… Fährt man kreuz und quer durch das Land, dann fällt immer wieder auf, wie bunt die Häuschen in den kleinen Dörfern gestrichen sind. Rot, blau, grün – aber egal welche Grundfarbe es ist, sie ist immer abgetönt, immer ein Pastellton. Und so steht denn das rosa Häuschen neben dem türkisfarbenen, daneben ein orangebeiges, und dann ein himmelblaues. Jedes für sich mag nett aussehen, aber in Kombination wirken sie oftmals sehr merkwürdig.

Heute fahre ich aber nicht über Land, sondern laufe durch Prag. Gerade habe ich die Metro-Station Vysočanská verlassen und bin über einen kleinen Fußweg steil den Berg hinaufgelaufen. Treppen, steile Anstiege und wieder Treppen, bis ich endlich den hochgelegenen Stadtteil Prosek erreicht habe. Ruhig ist es hier oben. Viele alte Wohnhäuser, simple und einfache mehrstöckige Konstruktionen, manche gepflegt, manche weniger. Und hinten, am Ende der Straße, sehe ich ein in, tja, in welcher Farbe denn, leuchtendes Gebäude? So richtig türkis ist es nicht, dafür ist es zu grün. Aber richtig grün ist es auch nicht, dazu ist es zu pastellig. Irgendwie wirkt es, als habe jemand im Keller noch ein paar Farbtöpfe gefunden und sie mit weißer Grundfarbe so lange verdünnt, bis die Menge für die ganze Fassade reichte.

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Eingang zur Brauerei in 5 m

Na, egal, wichtig ist, was auf dieser grüntürkisenen Wand aufgemalt ist: Ein riesiger Schnurrbart und darunter der Schriftzug Beznoska Minipivovar Prosek. Minipivovar – Minibrauerei. Jawohl, das ist es. Deswegen bin ich hier hochgestiefelt.

Während ich den Schankraum betrete, denke ich darüber nach, was Beznoska wohl heißen mag. Ohne Nase? Ohne Näschen? Oder ist es einfach nur ein Eigenname? Ich weiß es nicht. Was ich aber weiß: Ich habe jetzt Hunger und Durst. Es ist schon Nachmittag, kurz nach drei, und ich habe seit dem Frühstück nichts gehabt. Hinein also!

Ich finde einen kleinen Tisch direkt hinter dem einfachen kupfernen Sudwerk. Keine besonders hübsche Konstruktion, einfach nur zweckmäßig zusammengedengelt und in dem schmalen Raum zwischen Theke und dem linken Schankraum aufgebaut. Nicht wirklich groß, aber für viel mehr wäre hier auch nicht Platz gewesen.

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Sudwerk mit Pastelltönen

Ich blicke mich um und sehe … Pastellfarben überall. Die Decke im Schankraum: Dunkelgrünes Pastell. Die Decke über der Theke und dem Sudwerk: Blaues Pastell. Und die Wände rund um die Kupferkessel des Sudwerks: Altrosa Pastell. Alles ist abgetönt, und ich fühle mich fast schon abgetörnt.

Nein, fühle ich mich natürlich nicht – auch wenn mir das Begriffspaar abgetönt und abgetörnt natürlich sofort durch den Kopf schießt.

Jetzt kommt aber die junge Kellnerin zu meinem Tisch, aus ist’s mit absonderlichen Gedanken, jetzt muss ich mich für das erste Bier entscheiden. Ich wähle das B-ejl. Ein bitteres Ale, daher B und Ejl. Vierzehn Grad Stammwürze verspricht die Bierkarte, gebraut mit Citra, Challenger und Cascade. Klingt gut, und schmeckt gut, wie ich nur wenige Augenblicke später erfahre. Ein frisches, fruchtiges, knackig herbes Bier, ein klassisches India Pale Ale. Kräftig gehopft, fruchtig, kernig. Davon könnte ich wohl problemlos auch mehr als nur ein oder zwei Gläser trinken. Ein hervorragender Start.

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B-ejl

Dazu passend serviert mir die junge Dame Tatar. Ein paar Scheiben angeröstetes Kümmelbrot und eine Knoblauchzehe dazu. Der klassische, tschechische Biersnack. Ich zerraspele die Knoblauchzehe auf dem gerösteten Brot, und das rohe Hackfleisch mit Zwiebeln, Essig und Kapern passt perfekt dazu. Lediglich ein kleines Bedauern mischt sich in den Genuss: Einen Flirt mit der netten Bedienung brauche ich jetzt wohl nicht mehr zu wagen. Jetzt nicht, und die kommenden drei Tage auch nicht – denn so lange wird mich die Knoblauch- und Zwiebelfahne wohl noch begleiten.

Zum Glück ist das folgende Bier, der vierzehngrädige Likvidátor, kräftig, vollmundig und ebenfalls kernig gehopft – es hätte sonst keine Chance gegen die deftige Speise. Aber es passt – Bier und Essen ergänzen sich hervorragend.

Als dann auch noch das dritte Bier, das Gladiátor Ejl mit seinen fünfzehn Grad Stammwürze, ebenfalls hervorragend schmeckt, muss ich einmal wieder konstatieren: Die schönsten und bestgepflegten Sudwerke nützen nichts, wenn der Brauer nichts kann, und umgekehrt: Oft entstehen auf simplen, schmucklosen Sudwerken wie diesem hier in Prosek die besten Biere. Es war es wirklich wert, die vielen Stufen und den steilen Anstieg hier hoch zu laufen. Leckere rustikale Küche, ein ganz außerordentlich freundlicher und gut gelaunter Service, nicht nur von der jungen Dame, sondern von dem jungen Herrn ebenfalls, und dazu drei hervorragende Biere. Was mehr kann ich erwarten?

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gemütlicher Schankraum ohne Touristen

Und dass ich hier abseits jeglicher Touristenströme sitze, ganz allein unter den Einheimischen, das kommt ja noch hinzu. Einfach nur prima!

So wandert denn auch die Ulice Klíčovská 805/11 in die Liste der Geheimtipps, in das Adressverzeichnis, das ich nur mit guten Freunden teile. Und mit den Lesern meines Blogs.

Die Beznoska Minipivovar Prosek befindet sich im seit 1995 betriebenen Gasthaus mit Pension Školička; das Gebäude ist ein ehemaliges Schulgebäude. 2013 wurde ein Teil der Gaststätte von Grund auf renoviert und dabei auch das Sudwerk installiert; 2015 erfolgte die Renovierung der anderen Hälfte der Wirtschaft. Auf dem kleinen Sudwerk entstehen immer wieder neue und spannende Biersorten; üblicherweise sind so ein halbes Dutzend verschiedene gleichzeitig im Ausschank.

Die Beznoska Minipivovar Prosek ist täglich von 11:00 bis 23:00 Uhr durchgehend geöffnet; kein Ruhetag. Zu erreichen ist sie mit der Metrolinie B, Station Vysočanská, und dann entweder ein kräftiger Fußmarsch den Berg hinauf für etwa eine Viertelstunde, oder, alternativ, von der Metrostation aus mit dem Bus 151 bis zur Station Klíčovská, direkt neben der Brauerei. Das ist aber auch nicht schneller als zu Fuß, da der Bus, logischerweise, den Treppenweg nicht nehmen kann, sondern außenherum durch die Nebensträßchen gurken muss.

Bilder

Beznoska Minipivovar Prosek
Klíčovská 805/11
190 00 Praha (Prosek)
Tschechien

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