Radniční Restaurace a Pivovar
Jihlava
CZE

Ich kann mich ja nach wie vor jedes Mal wieder auf’s Neue freuen, wenn ich irgendwo eine Brauerei finde, die ich noch nicht besucht habe. Oder wenn irgendwo eine neue Brauerei eröffnet. Neue und interessante Biere, immer mal wieder eine andere Art, Bier zu präsentieren, wieder andere, nette Menschen. Kurzum: Es kann gar nicht genug Brauereien geben. Am liebsten in jeder Stadt, in jedem Dorf mindestens eine.

So freue ich mich dann auch, dass es diesmal mit dem Zeitablauf so hinkommt, dass wir auf Höhe von Jihlava eine Rast einlegen müssen. Einige Stunden Fahrt liegen hinter uns, noch ein paar weitere vor uns, wir haben Hunger, die Augenlider werden schwer, und tanken müssten wir eigentlich auch bald mal.

Jihlava also. Regionalhauptstadt, nur wenige Minuten von der Autobahn entfernt. Mitten in der Stadt, direkt am großen Marktplatz im Zentrum, das, was bei uns in Deutschland wohl mit Ratskeller übersetzt werden würde: Radniční Restaurace. Das Ratsrestaurant. Mit Brauerei.

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Radniční Restaurace a Pivovar

Wir finden einen Parkplatz direkt um die Ecke, und schon stehen wir vor dem Eingang. Im Erdgeschoss sehen wir linker Hand ein recht fein aussehendes Restaurant, aber kurz bevor wir da reinmarschieren, sehen wir den kleinen Wegweiser in Richtung Kellertreppe. Zur Brauerei geht’s runter!

Uns erwartet ein gemütlicher Gewölbekeller aus Naturstein. Herrlich! Das liebe ich ja. Und da hinten steht ja auch schon das kleine Sudwerk. Zwei kupferne Geräte, dazwischen ein bisschen bierige Dekoration – Malz, Hopfen und Gedöns. Direkt gegenüber des Sudwerks eine kleine Theke mit einem halben Dutzend Zapfhähnen. Vielversprechend!

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das Sudwerk sieht nett aus

Wir wollen uns einen Platz suchen, aber überall stehen Schildchen „Reserviert!“. Nur ein hoher Tisch mit unbequemen Barhockern scheint nicht reserviert zu sein. Wir fragen die Bedienung, ob wirklich alles reserviert sei, und zunächst zuckt sie mit den Achseln. Wenn’s dransteht… Irgendwann aber erbarmt sie sich und verrät, dass die Reservierungen erst ab 19.00 Uhr gälten. Wir sehen auf die Uhr – es bleiben zwei Stunden, das reicht für eine Kostprobe und einen kleinen Snack. So finden wir denn auch einen gemütlichen Tisch nicht allzu weit von der Theke entfernt und schlagen die Bierkarte auf.

Fünf verschiedene Sorten gibt es vom Fass, und – „Natürlich!“, heißt es – gibt es auch ein Testbrettchen mit fünf kleinen Gläsern.

Die Speisekarte ist weniger einfallsreich, es gibt ein paar typische Biersnacks, aber nichts Aufwändiges. Dazu hätten wir oben ins Restaurant gemusst, wo wir dann aber nicht die Brauerei im Blickfeld gehabt hätten. Also Hühnchen. Hühnchen ist eigentlich immer gut, da kann man ja gar nicht viel verkehrt machen!

Kann man doch, stellen wir wenig später fest. Die „Chicken Wings“ sind ein mit zwei Schnitten grob zerteiltes halbes Hühnchen, und die Geschmacksrichtung „scharf“ wird dadurch erzielt, dass die drei Teile Hühnerfleisch in Tabasco-Soße ertränkt werden. Schmecken tut es nach nichts mehr außer nach Tabasco, und zu allem Überfluss ist die Konsistenz auch nicht gerade begeisternd: Das Fleisch ist recht zäh.

Wir sind enttäuscht. Hoffentlich taugen die Biere etwas mehr…

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Bierprobe mit fünf kleinen Gläsern

Bier Nummer 1: Pumpkin Ale. Zum Glück ohne Gewürze. Die meisten Kürbisbiere schmecken ja nur nach einer scharfen Mischung aus Gewürznelken, Anis und Zimt. Dieses hier bringt eher den recht wenig ausgeprägten Eigengeschmack des Kürbisses in den Vordergrund. Das ist zwar besser als die Geschmacksexplosion von Lebkuchengewürzen, überzeugt mich aber trotzdem nicht. Es schmeckt tendenziell ein wenig muffig.

Bier Nummer 2: Zuzana 12°. Ein leicht violett schimmerndes Bier mit Blaubeeren. Hm, sehr gewöhnungsbedürftig. Ebenfalls ein Bier, das mich nicht überzeugt.

Mit recht langem Gesicht greife ich zu Bier Nummer 3. Jiskra 10°, ein einfaches, leichtes Helles. Okay, schon ein wenig besser als die anderen beiden Biere. Kann man in großen Schlucken an heißen Sommertagen wegzischen, es bleibt gleichwohl ein leichter Oxidationsgeschmack.

Wird Bier Nummer 4 besser? Nein, leider nicht. Ignác 12° ist ein normales Standard-Lager, schmeckt aber dumpf und erdig, leicht muffig.

Das letzte Bier, die Nummer 5. Kommt jetzt der Durchbruch? Ja, er kommt. Das Mad Cat, ein Pale Ale, kann endlich überzeugen. Kräftige Hopfenaromen, eine schöne und feste Bittere, ein wenig runde Malzigkeit im Körper, die die Bittere ausbalanciert. Gleichzeitig noch schön süffig. Na bitte, es geht doch.

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bei aller Gemütlichkeit bleibt doch ein wenig Unzufriedenheit

Es bleibt dennoch eine Enttäuschung. Vier von fünf Bieren deutlich unter meiner Erwartung, das Essen wirklich nicht gut, und die nach kurzer Auftauphase dann doch freundliche Bedienung und das gemütliche Ambiente in den Kellergewölben allein können die Qualitätsmängel dann doch nicht kompensieren. Seit langer Zeit also erstmalig wieder eine Brauerei, bei der die Empfehlung sehr verhalten lautet: „Hier geht man nur hin, wenn man es der Vollständigkeit halber machen möchte. Ansonsten lohnt sich ein Umweg definitiv nicht.“ Schade!

Die Vorfreude, die ich vor einer Stunde noch gespürt habe, ist dahin.

Die Brauerei Radniční Restaurace a Pivovar Jihlava hat das Restaurant täglich von 10:30 Uhr (sonntags erst ab 11:00 Uhr) durchgehend geöffnet; kein Ruhetag. Die Bierbar im Keller ist montags bis freitags ab 15:00 Uhr, sonnabends ab 16:00 Uhr geöffnet; sonntags ist zu. Von der Autobahn D1 erreicht man die Brauerei in etwa zehn Minuten; innerhalb der Stadt benutzt man die Busse oder O-Busse der Linien A, B, C, E und N, Haltestelle Masarykovo Náměstí Horní.

Bilder

Radniční Restaurace a Pivovar
Masarykovo Náměstí 99/67
586 01 Jihlava
Tschechien

2 Kommentare

  1. Oha, das klingt ja niederschmetternd! Und ein bisschen erstaunlich auch, denn eines der Lagerbiere — wahrscheinlich das Jiskra — war vor ein paar Jahren mal eine echte Entdeckung bei der Berliner Biermeile. Man fragt sich, was da zwischenzeitlich schief gelaufen sein mag (oder, was an dem Tag mit meinen Geschmacksknospen passiert ist).

    • Vielleicht war es ja ein wenig tagesformabhängig, was mir da passiert ist, Gerrit. Der Koch mit dem fast ungenießbaren Hähnchen mag einen schlechten Tag gehabt haben, vielleicht hat er sich auch krankgemeldet, und eine der Kellnerinnen ist eingesprungen. Solche Dinge passieren. Vielleicht sind die Biere auch nicht sehr langzeitstabil und haben in der Zwischensaison im November, wo auch in Tschechien die Kneipen und Bars weniger frequentiert werden als im Sommer oder an einem kuscheligen Winterabend, in den Fässern und Tanks gelitten und sind vorzeitig gealtert. Wer weiß… Trotzdem schade. Vor allem im direkten Vergleich mit der Brauerei Ossegg in Prag am darauffolgenden Tag, wo alles stimmte…

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