Ein frisch gebrautes Irish Stout mitten im Allgäu. Frisch aus der kleinen Traditionsbrauerei irgendwo auf dem Dorf.
Ach, geh’, das gibt’s nicht. Da sind die Allgäuer doch viel zu konservativ. Wenn die Irish Stout hören, dann denken sie, wenn überhaupt, gerade mal an ein Guinness. Aber selbst brauen? Im Brauereigasthof ausschenken? Unter einem beeindruckenden Wirtshausschild, das die Allgäuer Tradition hochhält und mit Irland überhaupt nichts zu tun hat?
Offensichtlich gibt’s das aber doch, denn der Brauereigasthof der Brauerei Schäffler in Missen lädt zum großen Fest ein. Irland trifft Allgäu, heißt das Motto, und in der Brauerei ist zu diesem Anlass in der Tat ein frisches Irish Stout eingebraut worden. Und wie kann die Präsentation, die Premiere dieses Biers besser gelingen, als wenn sie begleitet wird mit irischer Livemusik und irischem Essen?
Neugierig betreten wir den Hotelbereich. Im Fußboden eingelassen, begrüßen uns kleine Stillleben mit Bierflaschen unter Glas, und vorsichtig schreiten wir den Flur entlang. Eine schöne Begrüßung.
Rasch haben wir den Koffer im Zimmer abgestellt, und dann geht es schon nach unten in den großen Schankraum. Herbstliche Dekoration macht alles urgemütlich, und wir sehen es auf den ersten Blick: Es sind alle Tische ausreserviert. Irland zieht offensichtlich die Gäste an!
Es dauert auch nur kurze Zeit, bis sich die Tische tatsächlich alle füllen.
Vor uns liegt die Tageskarte mit den heute angebotenen Speisen und Getränken. Ich mache große Augen. Neben dem Irish Stout gibt es auch ein India Pale Ale, ebenfalls aus eigener Produktion. Spannende Bierstile im konservativen Oberallgäu. Wie schön!
Blitzschnell steht ein frisch gezapftes Glas Stout vor uns. Tiefschwarz, mit einem schönen, kremigen und lange haltbaren, leicht beigefarbenen Schaum. Ein feiner, röstiger Geruch, recht leichte 4,8% Alkohol und ein überraschend schlanker Körper machen das Bier gut trinkbar – unbewusst mache ich viel größere Schlucke als beabsichtig. Gut gelungen. Lob an den Brauer.
Die Speisekarte liest sich interessant. Natürlich geht es klassisch los mit einem Irish Stew, das ist ja eigentlich das typischste aller irischen Gerichte, aber auch Fish ’n’ Chips und Lammsteak sind dabei. Die Auswahl fällt schwer. Nehmen wir lieber etwas richtig Typisches, oder lieber etwas nur leicht an die irische Küche Angepasstes? Ach, wir fangen einfach mal mit einer Cremesuppe mit Cheddar-Käse an. Und werden nicht enttäuscht. Dick und sämig, sehr reichhaltig, fein abgeschmeckt mit ein paar Kräutern. Vor allem aber: Kräftig sättigend. Unter normalen, asketischen Alltagsbedingungen könnte es fast schon dabei bleiben. Noch ein weiteres Bier dazu, und die Abendmahlzeit wäre eigentlich erledigt.
Natürlich geht das heute Abend so nicht, und so testen wir einmal mehr die Dehnfähigkeit unserer Mägen. Fish ’n’ Chips für meine holde Ehefrau, und Lammhüftsteak für mich, so lautet der Entschluss. Beide Gerichte sind ganz vorzüglich, und überzeugen uns insbesondere mit herrlichen Kräuteraromen. Sehr schön.
Dazu probieren wir nun das India Pale Ale. 5,6% verspricht die Speisekarte. Mal sehen, ob der Brauer das auch so gut hinbekommen hat, wie das Stout. Wir schnuppern am Glas, riechen die kräftigen, harzigen Hopfenaromen und die dezenten Fruchtnoten im Hintergrund und nehmen erneut viel zu große Schlucke. Ja, der Brauer hat das IPA genauso gut hinbekommen. Eine kräftige Hopfung dominiert das Bier, aber es findet sich ein schöner Malzkörper, der die Bittere ausgleicht, und hinzu kommen fruchtige, harzige Komponenten, die das Bier überraschend komplex machen. Dazu das würzige Lammfleisch – es passt wunderbar.
In der Mitte des Schankraums hat mittlerweile die Band Fiddler’s Fare ihre Instrumente ausgepackt und spielt fröhliche irische Folksongs und Pubmusik zum Mitsingen und Mittanzen. Die Akustik lässt zwar zu wünschen übrig, denn in den seitlichen, abgeteilten Bereichen der Gaststube kommt von der Musik nicht viel an, aber das kompensieren die drei Musiker, indem sie kurzerhand ihre Bühne verlassen und unplugged durch die Räume ziehen. Jeder Tisch bekommt sein Ständchen, jeder darf einmal laut und falsch mitsingen oder zur Musik über den Gang hopsen. Eine schöne Stimmung!
Aufgedreht und gut gelaunt packt uns der Übermut, und wir bestellen, obwohl wir schon pappsatt sind, noch eine Nachspeise: Apfeltrifle mit Cremedouble und Crumble. Noch viel schlimmer: Wir werden dem jahrelang gepflegten Grundsatz, keinen harten Alkohol zu trinken, untreu und bestellen uns nach diversen Stouts und IPAs auch noch einen Tunnarius Whisky zum Dessert. Natürlich ebenfalls aus eigener Produktion – die Schäffler-Brauerei ist da sehr engagiert.
Wenn er auch überraschend hell aussieht, so schmeckt der Whisky doch richtig gut … soweit wir das als Laien überhaupt bewerten können. Mild und weich harmoniert er mit der kremigen und fettigen Süße der dicken Sahne im Apfeltrifle. Ein rundum schöner Abschluss!
Müde, berauscht und pappsatt lassen wir uns zu später Stunde ins Bett fallen – im Brauereigasthof sind die Zimmer wunderschön bierig dekoriert, und so fallen wir unter auf das Bettgestell gemalten Hopfenranken in den wohlverdienten Schlaf…
Irland trifft Allgäu – ein nahrhafter und unterhaltsamer Themenabend und eine schöne Präsentation eines besonderen Biers (eigentlich ja zweier Biere), die uns zeigen, dass die Bierszene in Deutschland sich gut weiterentwickelt und auch die eher konservativen Kreise langsam erfasst.
Irish Stout und India Pale Ale aus der Brauerei Schäffler.
Irland trifft Allgäu
Brauereigasthof & Brauhotel Schäffler
Hauptstraße 15
87 547 Missen-Wilhams
Bayern
Deutschland
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