Browar Złoty Pies
Wrocław
POL

Eigentlich sind recht viele Sachen sehr schön, hier im Goldenen Hund, der Browar Złoty Pies, direkt in der Altstadt Wrocławs, an der Nordostecke des großen Marktplatzes: Schon bevor wir die Gasthausbrauerei betreten, erfreuen wir uns schon an den kleinen Bronzefiguren vor dem Eingang.

Überall in Wrocław stehen Zwerge (Krasnale) aus Bronze, vielleicht 30 cm groß. Mal ganz versteckt, so dass man sie erst suchen muss, mal ganz auffällig platziert. Touristen machen sich einen Sport daraus, möglichst viele von ihnen zu finden und zu fotografieren, aber wer sie alle finden möchte, wird dazu ein halbes Leben brauchen – immerhin sind es mittlerweile mehrere hundert, und sie verteilen sich nicht nur auf das Stadtgebiet, sondern auch auf die Vororte (und einige wenige haben es auch in die Welt hinaus geschafft, wie beispielsweise der Zwerg, der die Städtepartnerschaft zwischen Dresden und Wrocław symbolisiert und seinen Standort in der sächsischen Hauptstadt am Hietzigbrunnen gefunden hat).

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der Brauerei-Zwerg

Vor dem Eingang zur Brauerei steht natürlich auch ein Zwerg, und zwar mit einem Bierkrug in der Hand. Fröhlich prostet er einem Hund zu, der ebenfalls einen – deutlich größeren! – Maßkrug in der Pfote hält. Ein lebensfrohes Sinnbild, und mit einem Lächeln auf den Lippen gehen wir durch die Eingangstür.

Drinnen, im Vorraum, finden wir eine kleine Zapfhahnbatterie mit fünf Zapfhähnen. Nur Deko? Nein, dazu sehen die Hähne zu funktional aus. Vermutlich für den Sommer gedacht, damit die Servicekräfte rasch ans Bier kommen und die durstigen Kehlen der Biergartengäste versorgen können.

Eine schmale Treppe geht es hoch in den ersten Stock, wir passieren eine große Übersichtstafel, auf der der Brauprozess dargestellt ist, und dann stehen wir im großen, aber durch die geschickte Aufteilung gemütlichen und ganz und gar nicht kahlen Schankraum. Bequeme Sitzgruppen und -ecken überall, und hinter einer gepolsterten Bank stehen die beiden kupfernen Geräte des Sudwerks, so geschickt mit Holz verkleidet, dass man fast glauben könnte, sie seien Bestandteil der Sitzbank – als könne man von der Sitzbank aus den ganzen Brauprozess bequem am Biertisch steuern und überwachen.

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das Sudwerk direkt in die Sitzbank integriert

Es ist noch frühe Mittagszeit, der Raum ist noch fast leer. Kleinere Tische in der Nähe der Theke bieten einen direkten Blick auf das Sudwerk; ein etwas größer Tisch in einer Art Erker bietet eine wunderschöne Aussicht auf den Weihnachtsmarkt rund um das Rathaus.

Nachdem wir in diesem sehr angenehmen Ambiente Platz genommen haben, passiert erst mal eine Weile lang … nichts. Zwei junge Damen stehen an der Theke und unterhalten sich, zwei nicht ganz so junge Herren stehen dahinter und reparieren an der Kaffeemaschine herum. Erst nach einer geraumen Weile kommt eine der beiden Kellnerinnen an unserem Tisch vorbei, legt eine Speisekarte hin und geht rasch weiter – zur Getränkebestellung muss ich sie extra noch einmal herrufen.

„Einmal die Bierprobe mit den sechs Bieren, die Sie im Angebot haben, und für meine Frau eine Karaffe Mineralwasser. Woda Gazowana, Sprudelwasser, also.“

Die junge Dame geht zurück zur Theke. Hat sie die Bestellung aufgenommen? Verstanden? Ignoriert? Sie ließ es sich nicht anmerken.

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ein schönes Ambiente im oberen Stockwerk

Ach, doch, offensichtlich hat sie schon verstanden, denn einer der beiden Herren hinter der Theke beginnt, sechs kleine Biergläser vorzubereiten und zu zapfen. Erst drei Gläser mit hellen und klaren Bieren, dann ein Glas mit Weißbier. Kurz bevor es voll ist, kippt es ihm um und zerschellt auf dem Boden. In aller Seelenruhe sammelt er die Scherben ein, wischt den Fußboden sauber und sucht anschließend ein neues Glas. Währenddessen stehen die ersten drei Gläser auf dem Brettchen und werden warm.

Das Weißbier schäumt, und das Zapfen dauert eine Weile, und erst, nachdem das Weißbier fertig gezapft ist, wendet sich der Barmann den letzten beiden Bieren zu. Nach einer ziemlich langen Weile sind alle sechs Gläser fertig und stehen auf dem Brettchen.

Es beginnt der zweite Teil des Schauspiels. Die beiden Damen stehen vor der Theke und unterhalten sich, der Barmann beginnt nun, eine Zitrone zu schneiden, die Zitronenschnitze in eine kleine Karaffe zu stecken, und weil er gerade so schön dabei ist, schneidet er gleich noch ein paar mehr auf Vorrat. Ein ansehnlicher Haufen Zitronenschnitze sammelt sich auf dem Schneidebrettchen, bis ihm endlich einfällt: Ach, wofür brauche ich die Zitronenschnitze eigentlich? Da war doch was… Rasch füllt er die Karaffe mit Wasser auf und endlich, endlich bequemt sich eine der Kellnerinnen, das mittlerweile gut abgestandene Bier und die Karaffe mit dem Wasser zu servieren. Stilles Wasser, wohlgemerkt, also niegazowana woda. Obwohl anderes bestellt war…

Uns steht die Begeisterung ins Gesicht geschrieben. Vielleicht wendet sich die Kellnerin deswegen so rasch wieder ab, dass es mir kaum gelingt, die Bestellung des Tagesmenüs noch hinterher zu schieben. Wieder erfolgt keine Reaktion. Hat sie es verstanden? Oder nicht?

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sechs warme und schon recht abgestandene Biere

Sei’s drum, ich beginne mit der Verkostung. Bier Nummer 1, ein einfaches Lager namens Bokser. Schlicht und unauffällig. Keine Geschmacksfehler, aber auch nichts, was irgendwie erwähnenswert wäre. Einfach nur ein Allerweltsbier. Nun ja. Aber auch: Immerhin. Nummer 2, das Weizen, genannt Golden. Phenolisch, mit Noten von Gewürznelken, aber leider auch ein wenig kohlensäurescharf und mit wenig Mundfülle. Oder soll ich sagen: Schon etwas wässrig?

Wirklich begeistert bin ich bisher nicht. Da kommt plötzlich die Suppe des Tagesmenüs – eine kremige und würzige Tomatensuppe, mit etwas Kürbiskernöl und leckeren Kräutern. Ganz hervorragend! Meine Laune bessert sich spürbar, denn erstens hat die Kellnerin wohl die Bestellung doch verstanden, und zweitens kann der Koch offensichtlich was. Na bitte!

Bier Nummer 3 holt mich aber schnell wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Das Kölsch, was hier unter dem Namen Terrier angeboten wird, schmeckt etwas dumpf und ist ziemlich schal und abgestanden. Und auch das vierte Bier, das American Pale Ale namens Labrador kann nicht begeistern. Ohne Geschmacksfehler, aber auch ohne fruchtige Hopfennoten bittert es lustlos vor sich hin und vermag sich vom einfachen Lager kaum abzusetzen.

Der Hauptgang kommt. Fisch, Kohl, Gemüse, Bratkartoffeln. Appetitlich arrangiert und, was soll ich sagen, auch sehr schmackhaft. Fein gewürzt, sehr harmonisch – in der Tat, in der Küche steht jemand, Koch oder Köchin, der oder die wirklich sein oder ihr Handwerk versteht.

Im Gegensatz zum Brauer, denke ich mir verstohlen, als ich das fünfte Bier, das Stout namens Setter probiere. Scharf röstig. Oder eher angebrannt? Keine feinen Aromen, stattdessen Röstbittere und schale, warme Textur. Und auch letzte Bier, das Pitbull, ein India Pale Ale, vermag es nicht herauszureißen. Es schmeckt, als hätte es seine besten Tage und Wochen bereits hinter sich.

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der wunderbare Ausblick auf den Weihnachtsmarkt macht leider nicht alles wett

Hm. Bevor ich jetzt zu sehr über den Brauer schimpfe: Vielleicht kann der ja gar nichts dafür? Genauso unlustig, wie sich der Service heute zeigt, reinigt er vielleicht auch die Schankanlage und verhunzt das ursprünglich mal gute Bier? Ach, ich weiß es nicht. Aber zufrieden bin ich nicht. Und meine holde Ehefrau fühlt mit mir. Sie hat zwar an allen sechs Bieren nur genippt, stimmt mir aber aus vollem Herzen zu: Wegen dieser Biere, so, wie sie heute serviert wurden, müssen wir ganz gewiss kein zweites Mal in den Goldenen Hund gehen. Schade.

Wir hätten gerne einen Kaffee, bevor wir aufbrechen, aber die Browar Złoty Pies hat noch eine letzte Überraschung für uns: Die Kaffeemaschine ist noch nicht wieder zusammengesetzt. „Regular service“, erklärt uns die Bedienung und bleibt uns die Begründung schuldig, warum dieser regelmäßige Service während der Öffnungszeiten, und besonders zum Ende der Mittagszeit stattfinden muss – zu der Zeit, zu der viele Gäste nach dem Essen gerne einen Kaffee nehmen…

Eigentlich waren recht viele Sachen heute sehr schön. Einrichtung, Atmosphäre, Stil, Aussicht und vor allem das Essen. Aber sowohl der Service als auch die Biere auf dem Testbrett ließen sehr, sehr zu wünschen übrig.

Die Browar Złoty Pies ist täglich ab 11:00 Uhr durchgehend geöffnet; kein Ruhetag. Sie liegt mitten in der Fußgängerzone an der rechten oberen Ecke des Marktes. Bis zur Straßenbahnhaltestelle Wita Stwosza mit den Linien 3, 6 und 7 sind es hundert Meter zu Fuß.

Bilder

Browar Złoty Pies
Wita Stwosza 1-2
50-029 Wrocław
Polen

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