21 Zapfhähne, fußläufig zum Stadtzentrum, holzbetonte, etwas grobschlächtige Einrichtung – damit reiht sich das Dargett Brewpub ein in hunderte von Kleinstbrauereien rund um den Globus. Die Holztische und Bänke sind voll von jungen Leuten, das Bier fließt in Strömen, die Musik wummert, es wird gelacht, und es herrscht ein ständiges Kommen und Gehen.
Mitten in Berlin? Nein. London? Nein. Portland? Wien? Rom? Alles falsch.
Das Dargett Brewpub befindet sich in Jerewan, in der Hauptstadt Armeniens, und es ist einer der Orte, an dem man rasch vergessen kann, wo man ist.
Das mag man positiv sehen, wenn man sich fremd fühlt in der Stadt, nach einer vielleicht anstrengenden Konferenz der Kopf brummt und beim besten Willen die Neugier auf neue Eindrücke, fremde Kulturen und spannende interkulturelle Begegnungen ein wenig nachlässt. Oder man sieht es negativ und beklagt die Einheitlichkeit der Craftbier-Kultur rund um den Globus.
Doch ist sie wirklich so einheitlich?
Die Inneneinrichtung mag diesen Eindruck erwecken. Auf zwei Etagen stehen relativ schlichte Holzmöbel. Die Treppe entlang ist die Wand verziert mit einer Darstellung des Brauprozesses – sorgfältig mit Kreide skizziert. Und im Tiefgeschoss sieht man durch große Glaswände auf das Edelstahlsudwerk der Firma BrauKon.
Aber spätestens bei der Bestellung, wenn sich der Besucher an den Tresen lehnt und den Blick über die 21 Zapfhähne schweifen lässt und die Qual der Wahl hat, merkt er wieder, dass er sich in Armenien befindet: Aprikosenbier. Das Flagship-Bier der Brauerei Dargett. Die Aprikose ist die Nationalfrucht Armeniens. Das süße, herrlich aromatische Obst stammt aus diesem Land im Kaukasus, und seine weiche, fleischige Konsistenz, sein parfümig-attraktiver Geruch und sein zuckrig süßer Geschmack ließen es die Welt erobern. Prunus armeniaca lautet sein lateinischer Name – die armenische Pflaume.
So ist denn auch das Aprikosenbier der Renner bei Dargett. Ein Weizenbier mit Aprikosen. Können viele Weizenbiere schon durch liebliche Aprikosennoten begeistern, die von der Hefe während der Gärung produziert werden, so ist die Kombination mit richtigen Früchten eine wahre Aromenexplosion. Spritzig vom Weizen, rund und fruchtig von der Aprikose, 6,0% Alkohol. Verkostungsempfehlung!
Leider aber nicht in der Flasche erhältlich. Zwar hat das Dargett Brewpub bereits rasch nach seiner Eröffnung 2016 damit begonnen, Teile seiner Biere auch in Flaschen anzubieten (zu viele Fans fragten danach, bedauerten, nicht öfter in Jerewan sein zu können…), aber das Apricot Wheat gehört nicht dazu. Um in den Genuss zu kommen, bleibt dem Bierliebhaber also nichts anderes übrig, als sich auf den weiten Weg ins ferne Armenien zu machen…
Ein lohnendes Ausflugsziel also. Und die Bezeichnung Dargett? Es klingt Englisch, sind also ausländische Investoren mit im Spiel?
Nein, der Name Dargett leitet sich aus dem Logo der Brauerei ab. Das sternförmige Logo nimmt die Symbolik einer alten kreisförmigen babylonischen Weltkarte auf. Babylon in der Mitte, die Welt rundherum ist flach, und außerhalb des äußeren Kreises gibt es bis zum Rand nur noch Wasser. Untrinkbares Wasser – die Ozeane also, damals der bittere Fluss genannt. Arkadisch mar-ra-tum, armenisch Dary Get, und aus Dary Get wurde Dargett. Moderne Brautechnik mit historischem Branding.
Das Dargett Brewpub ist täglich ab 11:00 Uhr durchgehend geöffnet; kein Ruhetag. Im Obergeschoss kann man auf der offenen Terrasse sitzen. Neben den 21 selbst produzierten Fassbieren werden auch zahlreiche, vorwiegend belgische, Flaschenbiere angeboten. Die Speisekarte bietet internationale und regionale Küche; dem Zeitgeist entsprechend auch vegetarisch und vegan. Die nächstgelegene Metrostation ist Marshal Baghramyan / Մարշալ Բաղրամյան (Linie 1), von dort sind es etwa zehn Minuten zu Fuß in südlicher Richtung; alternativ mit einem der Stadtbusse bis in die Nähe der Hauptpost.
Fotos: Elena Quante
Dargett Brewpub
72 Aram Street
0002 Jerewan
Armenien
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