„Come on, Baby, let the good times roll!“ Im Hintergrund läuft Rockmusik aus den Fünfzigern, die junge hübsche Kellnerin macht ein paar Tanzschritte hinter der Theke, und der adrette junge Koch lehnt sich aus dem Fensterchen der Küche und flirtet mit ihr.
Am späten Nachmittag des 6. November 2015 ist im no.au, dieser bezaubernden kleinen Bierbar im Herzen Roms noch nicht viel los, und die beiden jungen Leute genießen die Ruhe, die Musik und sich gegenseitig. Fast möchte man als Gast nicht stören, sondern einfach nur einen Moment im Türrahmen verweilen und zuschauen.
Doch schade, sie entdecken mich sofort, lachen und bitten mich hinein. Natürlich könne ich mir jeden beliebigen Platz aussuchen, es sei ja noch alles frei, radebrecht die junge Dame, und fragt, ob ich nur Bier oder Wein trinken oder auch essen möchte.
Ich schaue mich erst einmal um. Urgemütlich ist es hier, alte Möbel und alte Dekoration, zugegeben, zum Teil auch nur auf alt gemacht, dazu eine große Plattensammlung von Elvis Presley und Zeitgenossen, und an den Wänden überall Regale mit Bierflaschen. Baladin, Borgo, und viele andere italienische Brauereien sehe ich, aber im Kühlschrank und den Regalen stehen auch ein paar internationale Spezialitäten.
Was gibt es denn vom Fass, möchte ich wissen. Leider im Moment nur zwei Sorten, geniert sich die Kellnerin ein wenig, es sei zur Zeit recht wenig los, und man möchte die Biere doch immer frisch anbieten. Das Borgo ReAle habe sie, und das Duchessa, ebenfalls von Borgo.
Das ReAle kenne ich schon, also entscheide ich mich für das Duchessa. Ein Saisonbier sei das, mit einem recht ausgeprägten Geschmack, erläutert mir die Kellnerin beim Servieren und drückt mir die Speisekarte in die Hand. Ein kleiner, handgeschriebener Zettel nur. Schinken und Käse gibt es in großer Auswahl, Salami und Mortadella. Alles sei handgemacht. Auch die Sandwiches, also eigentlich seien es eher Burger, wären alle nur aus besten Zutaten hier aus der Region.
Während ich noch überlege, fällt ihr ein, dass sie ein Sandwich vergessen habe, auf den Zettel zu schreiben. Rindfleisch, mit Apfelmus, Speck und geräuchertem Käse. Jawoll, genau das ist es. Das bestelle ich mir.
Ein bisschen zerdrückt sieht das Brötchen aus, das oben auf dem Sandwich thront, und der Koch kuckt bedauernd. Ob ich ein neues wolle, das dauere aber einen Moment, weil er es frisch aufbacken müsse. – Nee, nee, ist schon in Ordnung, winke ich ab, ich habe durch den kleinen Sehschlitz in die Küche ja gesehen, wie er beim Zusammensetzen des Burgers nur ein bisschen mit der Hand abgerutscht war und die knusprige Kruste eingedellt hatte.
Die Kombination aus würzigem Rindfleisch, Apfelmus, Speck und dem nur ganz dezent geräucherten Käse schmeckt hervorragend. Als passendes Bier dazu empfiehlt mir die Kellnerin das Genziana von Borgo, ein Bier mit etwas Enzianwurzel. Allerdings aus der Flasche, nicht vom Fass. Eine ganz eigene Bittere, so ganz anders als all die anderen hopfigen Biere, und mit dem Burger-Sandwich in der Tat eine tolle Kombination. Gute Empfehlung.
Nach und nach beginnt sich die kleine Bar zu füllen, und für Tanzschritte und Flirts mit dem Koch hat die Bedienung nun keine Zeit mehr. Die meisten Gäste lassen sich erst geduldig von ihr beraten, sich ein Bier und ein Essen dazu empfehlen.
Tja, denke ich, genau so sollte das eigentlich überall sein. Eine hervorragende Bierauswahl, dazu einfaches, aber gutes Essen mit besten Zutaten aus der Region, und eine Bedienung, die sich in beidem auskennt, dem Gast die Wünsche von den Lippen ablesen und die besten Kombinationen herausfinden kann. Es kann doch so einfach sein.
Und warum, warum nur tun wir uns oft mit diesen einfachen Dingen so schwer?
Ich weiß es nicht.
Was ich aber weiß, ist, dass es definitiv wert gewesen war, durch die kleinen Gassen der Altstadt zu streifen und das no.au zu suchen. Ein wenig abseits, ganz im Dunklen liegt es. Keine große Leuchtreklame, und selbst wenn man direkt davor steht, muss man zweimal hinsehen, um sicher zu sein, dass man hier richtig ist. Piazza di Montevecchio 17 – eine Adresse, die man sich für Rom unbedingt merken sollte. Merken muss!
Das kleine Bier-Restaurant no.au ist dienstags bis donnerstags von 18:00 Uhr bis 01:00 Uhr nachts durchgehend geöffnet; freitags bis sonntags schon ab 12:00 Uhr mittags. Montags ist Ruhetag. Im Gewirr der winzigen Altstadtgässchen ist es am besten zu Fuß zu erreichen; mit den Bussen den Linien 81 und 87 kommt man aber zumindest relativ nahe, auf etwa 500 m, an die Piazza Montevecchio heran.
Nachtrag 1. März 2018: Irgendwann in den letzten Wochen oder gar Monaten ist dieses bezaubernde kleine Bier-Restaurant geschlossen worden. Die Website ist nicht mehr aktiv, und bei Yelp vermeldet man: „Yelpers report this location has closed.“ Schade. Sehr schade.
no.au
Piazza di Montevecchio 17
00 186 Roma
Italien
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