Chmelařské Muzeum
Žatec
CZE

Žatec / Saaz würde seinem Ruf als Hopfenzentrum Tschechiens gewiss nicht gerecht, wenn es nicht neben der Brauerei Žatecký Pivovar, dem Hopfenforschungsinstitut Chmelařský Institut und der Hopfenvermarktung Bohemia Hop a.s. nicht auch über ein schönes Hopfenmuseum verfügen würde – und genau vor dem stehen wir jetzt. Metallisch glänzt die moderne Fassade des Chmelařské Muzeum, und die riesigen roten Lettern MUZEUM lassen keinen Zweifel daran, dass wir hier richtig sind.

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die Fassade macht es deutlich: hier sind wir richtig

Wir treten durch den Eingang und stehen, noch bevor wir im eigentlichen Museum sind, vor einer riesigen Maschine. Die erste Hopfenpflückmaschine der Welt ist es – ein Koloss aus Eisen, konstruiert von einem Tschechen, gebaut in England. The Bruff Hop Picking Machine, verrät uns das geprägte und rot-blau lackierte Typenschild.

„Extra wegen dieser Maschine haben wir das Museum erweitern und umbauen müssen“, verrät uns unser Museumsführer, ein netter, älterer Herr, der, wie sich in den nächsten Minuten zeigen wird, alles, aber auch wirklich alles über die Geschichte der Stadt Žatec und den Hopfenanbau hier weiß. „Ihr habt sicherlich bemerkt“, fährt er fort, „dass die in der Sonne gleißende Metallwand sehr mit dem historischen Gebäude kontrastiert.“

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die Hopfenpflückmaschine ist ein riesiger Koloss

„Nun, das Gebäude war einst eine der größten Hopfenproduktionsstätten in der Stadt – damals, als jeder Hopfenbauer für sich den Hopfen erntete, trocknete, presste, lagerte und schließlich verkaufte. Das Gebäude war so groß, dass wir eigentlich alles, was wir im Hopfenmuseum ausstellen wollten, hier unterbekamen. Aber dann, tja, dann bekamen wir das Angebot, die erste automatische Hopfenpflückmaschine nach Žatec zu holen. Ein riesiges Trumm, das in keinen der Räume reingepasst hätte. Einfach vor das Gebäude stellen, ging aber auch nicht, da wäre sie recht rasch in Regen und Wind zusammengerostet. Also hat man eine zusätzliche Wand um die Maschine herumgezogen und den Vorplatz vor dem Museum nun in das Museum integriert. So steht die Maschine nun geschützt vor der Witterung und macht auf die Besucher des Museums einen tollen Eindruck – schon bevor sie überhaupt richtig drin sind!“

Wir folgen dem netten Herrn in das eigentliche Museum.

Schon auf uralten Stadtansichten sind die Hopfenfelder rund um Žatec zu sehen. Wir stehen vor einer Darstellung der Stadt, die mehrere Jahrhunderte alt ist, und sehen die typischen Stangen, an denen sich der Hopfen hochrankt, und die Fuhrwerke, mit denen die Ernte eingebracht wurde. Žatec war gefühlt „schon immer“ eine Hopfenstadt. Es sind der spezielle Boden, das lokale Klima und letztendlich die Verfügbarkeit von Arbeitskräften, die den Hopfenanbau hier in großem Maßstab möglich gemacht haben.

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alte Stadtansichten zeigen bereits den Hopfenanbau

Wir sehen Urkunden und Porträts, Hopfensiegel und Schriftstücke, die all dies belegen, und ein paar Schritte weiter kommen wir in einen großen Raum, in dem Werkzeuge der Arbeiter auf den Hopfenfeldern ausgestellt sind. Alte Rechen und Schaufeln stehen hier genauso, wie erste Feldmaschinen aus dem letzten Jahrhundert.

Durch ein offenes Fenster können wir auf die Hopfenuhr am Nachbargebäude sehen. In ihrer Art ist sie der berühmten astronomischen Uhr am Prager Rathaus nachempfunden und greift einige ihrer Darstellungen auf, aber verfremdet sie mit typisch tschechischem, spitzbübischem Humor. Unterhalb des Zifferblatts sehen wir eine Gruppe von sieben Biertrinkern mit großen Krügen in der Hand, daneben das Skelett gleicht dem Prager Original. Unter dem Biertisch blicken wir in ein Gewölbe, sehen Totenschädel und blanke Knochen, und in goldenen Lettern mahnt uns der Schriftzug darüber. „Memento Mori“ steht dort – „Sei Dir Deiner Sterblichkeit bewusst!“ Nein, bei genauerem Hinsehen stellen wir fest, dass auch hier die humorige Seite durchschlägt: „Memento Lupuli Saczensi Cerevisiae“, steht dort stattdessen – „Gedenke des Saazer Hopfens Deines Biers“.

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die Hopfenuhr

Das blau leuchtende Zifferblatt stellt den Jahresablauf der Hopfenbauern über die zwölf Monate hinweg dar – zu jedem Monat sehen wir ein Bild mit den wichtigsten Tätigkeiten in diesem Zeitraum. Das Pflanzen der Hopfenstöcke, das Anleiten, das Pflegen, das Ernten, das Zurückschneiden, aber auch das Feiern, wenn es gerade einmal nichts anderes zu tun gibt.

Und noch eine Besonderheit weist das Zifferblatt auf: Die Zahl Sieben ist nicht, wie die anderen elf Stunden, in römischen Ziffern dargestellt, sondern mit sieben Strichen – ganz so, wie sie ein Gastwirt auf einem Zettel machen würde, wenn ein Zecher seinen siebten Krug mit Bier bekommen hat. Eine Anspielung ist es – auf den Homo Lupulů, den Hopfenmenschen. Eine moderne Legende ist es, erst im Jahr 2001 erdacht, dann aber sehr werbewirksam vermarktet:

Angeblich hat man in diesem Jahr bei Ausgrabungen ein historisches Skelett entdeckt. Forschung hätten ergeben, dass es sich dabei um einen Urmenschen, den Homo Lupulů, handeln würde, erkennbar daran, dass er in der Hand noch einen Bierkrug halte und dass neben ihm ein Tontäfelchen mit sieben Strichen gefunden worden sei, ein Tontäfelchen, auf dem der Wirt die Anzahl der getrunkenen Bierkrüge vermerkt habe. Mit offener Rechnung und Bierkrug in der Hand habe den Zecher der Tod ereilt, und nun, Jahrhunderte später habe man seine Überreste gefunden.

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Gedenke des Hopfenmenschen und seiner sieben Biere!

Die Geschichte um den Homo Lupulů wird überall in der Stadt gerne aufgegriffen, und das Symbol der sieben Striche findet sich im Museum, auf Straßenschildern und immer dort, wo es in der Stadt um Hopfen oder Bier geht. Also eigentlich überall.

Uns amüsiert diese Geschichte, ist sie doch hervorragend erdacht und eine tolle Werbemaßnahme für die Stadt.

Weiter geht es durch das Museum. Wir sehen, wir der Hopfen früher an Stangen geführt wurde, wie die ersten Drahtkonstruktionen aufkamen, und wie schließlich moderne Doppelreihen angepflanzt wurden, die dann auch maschinell geerntet werden konnten. Der Hopfen musste nach der Ernte getrocknet, gepresst und weiterverarbeitet werden, bis er schließlich irgendwann im Bier landete. Über alle Phasen klärt uns das Museum auf – bis hin zu einer kleinen Sammlung von Bierflaschen, in denen Bier mit Saazer Hopfen enthalten ist. Beziehungsweise war.

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Blick zurück in die Vergangenheit

Ein wirklich sehens- und hörenswerter Rundgang. „Nur eines können wir Euch nicht so richtig zeigen“, bedauert unser Museumsführer. „Richtigen, frischen Hopfen. Wir haben versucht, im Innenhof ein paar Hopfenstöcke anzupflanzen, aber hier kommt wohl zu wenig Sonne hin. Seht her: Mehr als ein paar kümmerliche Ranken bringen wir hier nicht zustande. Für schöne Hopfen müsst Ihr vor die Tore der Stadt fahren – dort sehr Ihr das Grün der Hopfenranken kilometerweit!“

Aber auch so war es ein schönes Erlebnis. Noch einmal blicken wir von oben, von der Balustrade auf die englisch-tschechische Hopfenpflückmaschine herab und bestaunen die Technik, die seinerzeit als Wunderwerk galt. Vom ersten Handgriff auf dem Feld bis zum fertigen Bier – das Museum zeigt auf beeindruckende Weise die Rolle des Hopfens. Wirklich schön!

Bilder

Chmelařské Muzeum
Náměstí Prokopa Velkého 1952/1952
438 01 Žatec
Tschechien

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