Lange ist es her, dass in der kleinen Stadt Žďár nad Sázavou (Saar an der Sasau) im Vysočina, dem tschechischen Hochland, Bier gebraut wurde: Das Kloster Saar hatte historisch eine Braustätte, die aber 1926 geschlossen worden ist.
90 Jahre später, im April 2016, eröffnete aber unweit des zentralen Platzes der Stadt, des Náměstí Republiky (Platz der Republik) die Pivovar Revolta ihre Pforten, und es entstand wieder ein lokales Bier.
Nur eine schmale Passage trennt die beiden Gebäude, in denen sich die Brauerei und das dazugehörige Café als Brauereiausschank befinden, vom Náměstí Republiky, auf dem man auch das Auto abstellen kann. Ein paar Schritte sind es also nur, und schon stehen wir vor der Brauerei.
Ein einfaches Zweckgebäude ist es, rechteckig, mit Flachdach, und mit großen Fenstern, durch die wir ins Sudhaus und den Lagerkeller sehen können. Wohin wir auch blicken, überall Edelstahl. Das Zwei-Geräte-Sudwerk hat eine Ausschlagmenge von 5,5 hl und steht unmittelbar an einem der Fenster. Dahinter und in den Nachbarräumen sehen wir zahlreiche Gär- und Lagertanks, einen kleinen Füller und die üblichen sonstigen Gerätschaften. Eigentlich eine schöne Idee, alles so vor den Schaufenstern in diesem Fußgängerbereich zu installieren, dass die vorbeiflanierenden Menschen dem Brauer bei der Arbeit zuschauen können.
Wir drücken uns die Nase an der Scheibe platt und amüsieren uns über die kleinen Schilder, die überall an den Tanks angebracht sind: „ZDANĚNO“, steht darauf, „versteuert“. In dieser Form haben wir das bisher noch nicht gesehen, sonst haben die kleinen Brauereien immer einen separaten Raum, in dem das fertige Bier bis zum Verkauf gelagert wird, das sogenannte Steuerlager. Hier, in der Pivovar Revolta, verläuft die Trennlinie vor und nach der Biersteuer offensichtlich nicht durch die Räumlichkeiten, sondern vor jedem Lagertank separat.
Aber wir sind natürlich nicht hergekommen, um nur einen Brauerei-Schaufensterbummel zu machen, sondern auch, um das Bier zu verkosten, eine Kleinigkeit zu essen und vielleicht auch ein paar Flaschen mitzunehmen. Wir drehen uns also um 180° herum und gehen in die Kavárna Revolta BEER & CAFE. Ein paar Stühle und kleine Tische stehen draußen vor der Tür, aber trotz Sonnenscheins ist es heute etwas kühl, um hier zu sitzen – vielleicht mag das im späteren Nachmittag eine Option sein, wenn die Sonne weiter herumgewandert ist und die Plätze nicht mehr im Schatten liegen.
Drinnen ist es aber auch angenehm. Dicke Ledersofas, bequem gepolsterte Holzstühle, einfache Tische. Es herrschen gerade Linien vor, es ist hell und luftig, trotzdem aber gemütlich. An der rechten Stirnwand befindet sich eine Theke, und dahinter, außerhalb des Gebäudes, findet sich auch eine kleine Terrasse mit einem winzigen Spielplatz für die ganz Kleinen.
Kaum haben wir uns gesetzt, kommt auch schon eine der beiden jungen Damen zu uns herübergeflitzt und fragt in fließendem Englisch nach unseren Wünschen. „Tja, wir seien ja in erster Linie des Bieres wegen hier“, erklären wir, und ein Lächeln huscht über ihr Gesicht.
„Vier verschiedene Biere haben wir derzeit am Hahn, alle selbst gebraut in der kleinen Brauerei im Gebäude direkt gegenüber, das Ihr bestimmt schon beim Herkommen gesehen habt“, sprudelt es aus ihr heraus. „Eigentlich haben wir zwei helle Biere, ein Elfer und ein Zwölfer, dann haben wir ein Weizenbier, zur Zeit auch ein Sommerbier mit nur neun Grad, aber die sind nicht alle am Hahn, aber das helle Zwölfer, also das Světlý Ležák 12°, schon, und dann ein American Pale Ale ebenfalls mit zwölf Grad, und ein India Pale Ale mit 14°, und …“
„Halt, halt, langsam“, unterbrechen wir sie lachend. „Fangen wir doch einfach mal mit einem einfachen Zwölfer an. Ein schönes tschechisches Lagerbier, das Světlý Ležák 12°, das wäre doch jetzt was, oder?“ Sie lacht und nickt und saust davon.
Während sie das Bier zapft, überlegen wir, was wir essen könnten. Wir sitzen in einem Café, und wohin wir schauen, stehen Kuchen und Süßigkeiten, aber eigentlich hätten wir eher Appetit auf etwas Herzhaftes.
Während wir noch überlegen, kommt schon das Bier. Leuchtend orange, gekrönt von kremigem, weißem Schaum – schon optisch macht es durchaus etwas her. Dacan.zr nennt es sich, was immer das auch heißen mag. Frisch und würzig, mit einer feinen, ausgewogenen Herbe ist es mit nur 4,7% Alkohol ein hervorragendes Beispiel für ein süffiges Alltagsbier. Mit zwei großen Zügen habe ich das Glas leer, und während ich nun das zwölfgrädige American Pale Ale mit dem nicht minder kryptischen Namen 8evženů bestelle, frage ich gleich auch mal nach Herzhaftem.
Da gebe es nicht so viel, muss die junge Dame zugeben. Ein paar der Pastetchen seien mit Spinat und nicht mit Süßem gefüllt, eingelegten Käse habe man noch und ein bisschen Würzfleisch. Dazu könne sie uns ein paar Scheiben Brot aufschneiden und anrösten. Ob das denn so recht wäre?
Auch wenn es keine richtige Hauptmahlzeit ist, ist es uns mehr als recht, und wir freuen uns über ihre Bereitschaft, die Kleinigkeiten, die da sind, so zu kombinieren, dass sie uns auch satt bekommt.
Das 8evženů American Pale Ale hat eine noch etwas kräftigere Farbe als das Helle eben, ist mit 5,0% auch ein bisschen stärker. Ebenfalls ein sehr schönes Bier, um mit großen Schlucken den Durst zu löschen, aber die Bittere, die durch die stiltypische Hopfung entsteht, ist vielleicht ein bisschen zu kratzig. Nicht schlecht, aber eben auch nicht so weich und ausgewogen wie das Helle eben. Aber zur Spinatpastete, zum Käse und zum Würzfleisch passt es ausgezeichnet.
Meine holde Ehefrau macht ihrem Namen als Kaffeetante alle Ehre und bestellt sich einen großen Pott Café Crema. Für mich die Gelegenheit, schnell noch ein drittes Bier zu probieren – das geht sich zeitlich gerade noch aus: „Das Šakaloff hätte ich wohl noch gerne!“
Während „unsere“ Kellnerin den Kaffee vorbereitet, bringt die nicht minder freundliche Kollegin mir das vierzehngrädige India Pale Ale. Hier passt jetzt die Hopfung wieder besser, finde ich. Herb-fruchtige Aromen, eine kräftig-kernige, aber letztendlich doch weiche Bittere ohne Ecken und Kanten. Dazu 6,2% Alkohol. Ein rundum schönes Bier und ein feiner Digestif nach dem zwar improvisierten, aber sehr schmackhaften Essen.
Sehr zufrieden lehnen wir uns zurück und studieren nochmal die Bierliste. Fünf der dort abgebildeten Biere habe sie noch aus der Flasche, erklärt die Kollegin und freut sich, als wir uns entscheiden, dann doch kurzerhand von allen fünf jeweils eine Flasche mitzunehmen. Gut, dass ich immer meinen Rucksack dabeihabe und den lästernden Kommentaren meiner Frau, warum ich immer mit einem leeren Rucksack herumlaufen würde, tapfer widerstehe. Fünf große PET-Flaschen finden dort locker Platz.
Wirklich nett, stellen wir fest, als wir uns auf den Weg zurück zum Auto machen. Ein kleines und ansprechendes Stadtcafé mit angeschlossener Brauerei. Oder andersrum. Egal. Jedenfalls einen Besuch wert, wenn man mal in Žďár nad Sázavou ist, insbesondere, da die jungen Damen, die hier bedienen, auch etwas über das angebotene Bier wissen!
Der Ausschank der Pivovar Revolta, die Kavárna Revolta BEER & CAFE, ist täglich von 09:00 bis 22:00 Uhr durchgehend geöffnet, sonntags erst ab 14:00 Uhr. Kein Ruhetag. Vom Platz der Republik (Náměstí Republiky) sind es zwei Minuten zu Fuß, vom Bahnhof am Südrand der Stadt etwa zehn.
Pivovar Revolta
Náměstí Republiky 64/14
591 01 Žďár nad Sázavou
Tschechien
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