Ach, was sind das für Öffnungszeiten. Endlich mal eine gute Bierbar, in der man schon in der Früh um acht sein Frühstücksbier trinken kann…
Spaß beiseite. Die Bierbar The Frog & Underground ist mehr als nur eine Bierbar. Sie ist Frühstücksrestaurant, Anlaufpunkt für die schnelle Mittagsmahlzeit in einer, ach!, wieder einmal viel zu kurzen Mittagspause, Ort für einen gemütlichen Nachmittagskaffee, Gelegenheit für ein feines Abendessen und Schwemme und finaler Absturzpunkt für die Nachtschwärmer. Alles in einem, alles unter einem Dach. Allerdings auf drei Stockwerke verteilt.
Die Frogs, das waren ursprünglich kleine Brewpubs. Bierkneipen, die ihr eigenes Bier herstellten. Ein kleines Sudhaus war irgendwo in die Kneipe integriert, und die Biere, die darauf entstanden, wurden vor Ort gezapft und ausgeschenkt. Nach und nach kam immer mal wieder ein neuer Frog hinzu.
Ob es dann Genehmigungsschwierigkeiten waren, zu wenig Platz, oder ganz einfach die Einsicht, dass man mit einem Sudwerk auch mehr als nur eine Bar versorgen kann, weiß ich nicht, aber es kamen Bierbars hinzu, die „nur“ das Bier eines anderen Frogs ausschenkten, und mittlerweile umfasst die Kette insgesamt zehn Frogs (acht in Paris, einen in Toulouse und einen in Bordeaux), und „nur“ in sechs von ihnen steht ein eigenes Sudhaus.
The Frog & Underground im 2. Arrondissement von Paris hat kein eigenes Sudhaus. Was allerdings die Bierauswahl nicht schmälert.
Es ist später Vormittag, als wir hier entlangschlendern. Das Hotelfrühstück ist schon eine Weile her, und irgendwie haben wir das Gefühl, dass etwas zu essen und vielleicht ein kleines Bierchen jetzt gar nicht verkehrt wären. Da kommt uns The Frog & Underground gerade recht. Wir spähen durch die Glasscheibe und sehen ein gemütliches, kleines Restaurant. Im Erdgeschoss kleine Bistro-Tischchen, eine kleine Theke, und eine schmale Treppe führt nach oben. Dort in den unterschiedlichen Räumen unterschiedliche Stile. Dicke Sofas, in denen man so tief einsinkt, dass man sich immer nur unter Ächzen und Stöhnen bis an das Bier auf dem niedrigen Tisch vor sich recken kann, kleine runde Tische, um die man sich scharen kann und an die immer noch ein weiterer Stuhl herangerückt werden kann, egal, wie groß die Gruppe im Verlauf des Abends wird. Oder kleine Sitzecken, ein bisschen abgeteilt, in denen man zu zweit oder zu viert gemütlich beieinandersitzen kann.
Während wir das Erdgeschoss und das Obergeschoss inspizieren, beginnt in den umliegenden Läden, Firmen und Büros die Mittagspause. In Minutenschnelle ist das Restaurant voll, und wir müssen zusehen, dass wir uns schnell noch ein hübsches Eckchen erobern.
Trotz der Fülle im Restaurant ist Bruno, der junge Kellner, der für unseren Tisch zuständig ist, freundlich und entspannt, aufmerksam und blitzschnell. Kaum dass wir uns hingesetzt haben, bringt er schon die Tageskarte und fragt nach unseren Bierwünschen. Vorsichtig fange ich mal mit einem einfachen Pale Ale an, dem 4,9%igen Pearl. Es ist angenehm trinkbar, nicht zu exotisch, nicht zu schwer, nicht zu anspruchsvoll. Dezente, aber spürbare Hopfenaromen, ein paar fruchtige Ester. Recht gefällig, und als Aperitif gar nicht schlecht.
Zum Essen bietet die Tageskarte ein paar kleinere Gerichte. Leckere Salate, pfiffig zubereitete Burger, und alles wird im Stil der Zeit serviert, beispielsweise auf einem einfachen Blechtablett, das mit bräunlichem Pergamentpapier ausgelegt ist und so den Teller ersetzt.
Um uns herum ist mittlerweile alles bis auf den letzten Platz besetzt. Stimmengewirr, Klappern von Besteck und Geschirr, hin und her flitzende Kellnerinnen und Kellner. Aber keiner von ihnen verliert die gute Laune. „Ich möchte ein zweites Bier zum Hauptgang!“ – „Kein Problem. Bitteschön, welches, wie groß? Ich bringe es sofort, ich sehe doch, Sie sind am Verdursten!“
Es kommt das Ka … Pow!, ein India Pale Ale mit 5,5% Alkohol. Ebenso wie das Pale Ale zuvor recht gefällig und gut trinkbar. Nicht zu hopfig, nicht zu bitter, nicht zu stark im Alkohol. Aber dennoch stilsicher und ansprechend. Schön!
Die Bierliste ist ausgewogen. Es gibt sie zwar auch hier, die exotischen Biere, bei denen einzelne Geschmackskomponenten bis ins Extrem getrieben worden sind oder bei denen die Fülle an Aromen den Biertrinker erschlagen kann. Biere, die man nur in kleinen Schlucken genießen kann und bei denen die Gefahr besteht, dass man nach 150, spätestens aber nach 300 ml genug hat und nicht mehr weitertrinken möchte, die Aromen und Geschmäcker nicht mehr goutieren kann. Aber die meisten Biere im Angebot sind ausgewogen und trinkbar, ohne deswegen langweilig sein zu müssen. Aus meiner Sicht beweist man mit dieser Auswahl eine glückliche Hand.
Während wir uns zum Nachtisch einen Kaffee mit einem kleinen Gebäckstückchen bestellen, flaut um uns herum der Mittagspausenwahnsinn schon langsam wieder ab. Die Arbeitswelt hat durchgegessen und kehrt in ihre Büros zurück. Nur ein paar Tische bleiben besetzt – Menschen, die Urlaub haben, Freiberufler, die ihre Zeit frei einteilen können, Studenten, Mütter, Rentner…
Ich schaue noch einmal an der Batterie von Zapfhähnen entlang. Zehn Zapfhähne, neun verschiedene Biere. Hahn Nummer 10 offeriert frisches, kühles Trinkwasser. Witbier, Blonde, Ingwerbier, Bier mit Früchten – es wäre noch so einiges zu verkosten gewesen. Aber nicht jetzt schon, zur Mittagszeit.
Wir winken nach der Rechnung und werden noch einmal positiv überrascht: Das kleine, dreigängige Menü plus jeweils ein Bier und ein Kaffee kostet pro Person nur 16,50 EUR. Das Mittagsangebot ist also durchaus attraktiv, insbesondere, wenn man das übliche Pariser Preisniveau zum Vergleich heranzieht. Sehr schön!
Man mag mäkeln, dass die Frogs eine Kette sind und die Bierszene vermcdonaldisieren, aber uns hat es jetzt gerade außerordentlich gut gefallen. Es gab nix zu meckern, wir kommen gerne einmal wieder. Eine Bierbar zum Wohlfühlen.
The Frog & Underground ist Teil der 1993 gegründeten Kette von Frog Bierbars und Brauereien. Es ist täglich ab 08:00 Uhr bis tief in die Nacht durchgehend geöffnet; sonnabends und sonntags „erst“ ab 09:00 Uhr. Zu erreichen ist es mit den Metrolinien 8 und 9, Haltestelle Grands Boulevards, und von dort aus nur ein paar Schritte in Richtung Westen – nicht mal eine Minute, wenn man den richtigen Treppenaufgang erwischt. Sonst zwei. Oder man nimmt die Buslinien 20 oder 39, die halten ebenfalls direkt um die Ecke.
The Frog & Underground
176 Rue Montmartre
75 002 Paris
Frankreich
Hinterlasse jetzt einen Kommentar