Gestern Nachmittag sind wir zum ersten Mal im Les Moulins Bleus eingekehrt, haben hervorragende Buchweizenpfannkuchen genossen, dazu ein paar wirklich feine Biere genossen und uns nett mit den jungen Leuten unterhalten, die die kleine Bier- und Pfannkuchenbar in der Altstadt Dijons betreiben.
Und heute, beim zweiten Besuch, werden wir bereits mit Handschlag begrüßt!
An zwei aufeinanderfolgenden Tagen in die gleiche Bierbar? Hat Dijon denn nichts anderes zu bieten?
Oh, doch, hätte es schon. Es gibt über die Stadt verteilt schon noch ein paar andere bierige Adressen, aber bei unserem Besuch gestern haben wir einen kleinen Veranstaltungshinweis für heute gesehen: Série Noire #6. Alle paar Monate veranstaltet Les Moulins Bleus eine Verkostung von schwarzen, starken Bieren. Dann werden die Kühlschränke der Bar gefüllt mit einer Handvoll ganz exquisiter, starker, tiefschwarzer, aber leider auch etwas teurerer Biere aus der ganzen Welt. Biere für echte Genießer. Biere, die definitiv nicht gegen den Durst getrunken werden können (wer es trotzdem versucht, wird die Konsequenzen rasch erleben und erleiden müssen). Biere für den kleinen, ganz bewussten Schluck.
Fragend hatte mich meine holde Ehefrau gestern schon angesehen: „Sind das nicht genau die Biere, die ich so gerne mag?“ Und als ich nickte, stand der Entschluss fest. Hier gehen wir heute wieder hin. Klare Sache.
Nun sind wir in der Bar, schütteln die Hände der jungen Leute und suchen uns einen Tisch am Rande des Geschehens. Deutlich mehr los als gestern, als wir eigentlich ganz allein im Schankraum saßen und nur draußen vor der Tür unter den Sonnenschirmen noch ein paar andere Gäste verweilten. Heute herrscht Trubel, es ist ein Kommen und ein Gehen, und überall scheppert und klirrt es. Die schlechte Akustik im Raum verstärkt den Lärmpegel, und wir müssen uns fast schon anbrüllen, um uns über die Bestellung einig zu werden.
Fünf heftige Biere stehen zur Auswahl, mit neun, elfeinhalb, zwölf, dreizehn und nochmal dreizehn Prozent Alkohol. Die werden wir wohl nicht alle schaffen, da sind wir uns schnell einig. Um so wichtiger ist jetzt die sorgfältige Auswahl, damit wir uns hinterher nicht ärgern, ausgerechnet das allerbeste nicht mehr geschafft zu haben…
Nach einigem Hin und Her beginnen wir mit einem Kolaborationssud zwischen der Brouwerij De Molen aus den Niederlanden mit der Beerbliotek aus Schweden. Donker and Ved #242 nennt sich das Bier, und es ist ein Cognac Barrel Aged Imperial Stout. Mit elfeinhalb Prozent ist es das zweitleichteste Bier der heutigen Auswahl.
Vorsichtig schenke ich ein. Viskos, fast zäh läuft es in das Glas, es bildet sich nahezu kein Schaum. Stattdessen füllen aber rasch intensive Weinbrandaromen unsere Nasen. Weinbrandnoten, die sich mit röstigen, etwas schokoladigen, aber auch an Mokka erinnernden Aromen des Stouts paaren. Über allem schwebt ein Hauch von Vanille. Schwer und ölig rinnt das Bier über die Zunge, und nach dem Schluck spüre ich für einen Moment eine röstige Bittere, und dann macht sich eine angenehme alkoholische Wärme breit. Sehr schön. Ein guter Auftakt.
Wir grinsen uns an. So könnte es weiter gehen!
Wir wollen uns auf zwei Biere beschränken und wägen daher sorgfältig ab, welches wir jetzt noch probieren. „Bleiben wir bei Barrel Aged Imperial Stouts?“, frage ich und bekomme ein Nicken zur Antwort. Na gut, dann also das Corde Sensible, ein Whisky Barrel Aged Russian Imperial Coffee Stout der Brasserie Gallia. 13,2% Alkohol. Das blau-rote Etikett auf der Flasche sieht etwas billig aus. Mit wenig Inspiration gestaltet, ohne Ausstrahlung. Im Bottle Shop würde ich auf diese Flasche kaum aufmerksam werden. Aber schon beim Einschenken merken wir, dass es schade gewesen wäre, auf dieses Bier zu verzichten. Ähnlich viskos wie das erste Bier fließt das Imperial Coffee Stout ins Glas, es bildet sich aber deutlich mehr Schaum, bräunlich und kremig krönt er den kleinen Schluck Bier im Verkostungsglas.
In der Nase dominiert der Whisky über den Kaffee. Zwar sind beide Aromen präsent, aber der Kaffee drückt sich ein wenig im Hintergrund herum. Erst beim Schluck wird er plötzlich deutlich. Röstgerste, Kaffee, eine feine Rauchigkeit vom Whisky. Holzige Noten dezent im Hintergrund. Völlig anders als das erste Bier eben, aber ebenso fein.
Zufrieden lehnen wir uns zurück und sehen uns an. Gut, dass wir heute hierher gekommen sind. So herrliche Biere gibt es nicht jeden Tag, und auch in den gut sortierten Getränkeläden, die sich auf exotische Biere spezialisiert haben, findet man solche Biere nicht jeden Tag.
„Hm, ob wir nicht vielleicht doch…“, sinniere ich. „Ja, ja, ja!“, lacht meine holde Ehefrau, und gegen alle guten Vorsätze bestellen wir uns nun doch noch ein drittes Bier.
Es ist wieder ein Kollaborationsbier, diesmal von Prairie Artisan Ales und von Evil Twin Brewing gemeinsam eingebraut. Barrel Aged Bible Belt nennt es sich, und es handelt sich um ein Imperial Stout Brewed with Spices and Aged in Whiskey Barrels. Eine ewig lange Beschreibung des Biers, die schon das halbe Etikett füllt. Dieses ist in gelb und rosa gehalten, und wenn ich die Flasche im Regal hätte stehen sehen, hätte ich vermutlich erstmal auf ein fruchtiges Sauerbier, ein Mangogose oder eine Raspberry Berliner Weisse getippt, aber bestimmt nicht auf ein schweres, schwarzes, fassgereiftes Stout. 13,0% Alkohol hat es.
Erneut genießen wir ein Feuerwerk der Aromenvielfalt. Gespannt schmecken wir hinter den verwendeten Gewürzen her, können aber außer einer ganz feinen, indifferenten Zusatznote und einer feinen Schärfe nichts bewusst herausschmecken. Was auch immer die Brauer dort an Gewürzen verwendet haben, sie haben es so dezent gemacht, dass wir zwar ein gewisses Etwas spüren, und aber nicht in der Lage sehen, es zu identifizieren und zu benennen. Die Whisky- und Holznoten, die Röstgerste, all das schmecken wir heraus, aber was ist das nur im Hintergrund?
Die Beschreibung des Biers verrät uns, dass „Cacao Nibs, Chili Peppers, Coffee and Vanilla Beans“ verwendet wurden. Ja, jetzt wird es uns klar. Die feine Schärfe haben wir gespürt, die kommt von den Chili Peppers, aber die restlichen Zutaten fügen sich so harmonisch in das Gesamtbild, dass sie eigentlich nur die aus dem Holz und dem Malz stammenden Aromen dezent verstärken und unterstreichen, ohne selbst in den Vordergrund zu treten. Sehr gelungen!
Nun haben wir doch drei der fünf angebotenen Biere getrunken. Hoch zufrieden und leicht beschwingt verlassen wir die kleine Bar, und wieder bekommen wir einen Handschlag. Die jungen Leute haben sich sichtlich gefreut, wie wir die Biere genossen haben!
Série Noire #6 – eine kleine, aber sehr feine Bierverkostung. Alle paar Monate veranstaltet Les Moulins Bleus in Dijon einen solchen Themennachmittag und -abend. Nur eine Handvoll Biere, diese aber extrem gehaltvoll, extrem aromatisch und auch extrem selten. Kein Firlefanz rundherum, einfach nur die guten Biere, die für sich selbst sprechen sollen.
Série Noire #6
Les Moulins Bleus – Craft Beer and Food
4 Rue Musette
21 000 Dijon
Frankreich
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