Wir haben da im erweiterten Bekanntenkreis einen Weintrinker – das kommt in den besten Bierliebhaberkreisen vor. Als dieser erfuhr, dass wir auf der A8 an Pforzheim vorbeizufahren gedachten, riet er uns, doch unbedingt den kleinen Umweg über den Ortsteil Huchenfeld zu machen und unser Bier im Getränkemarkt Deuschle einzukaufen. Er selbst führe dort regelmäßig vorbei, um sich mit unterschiedlichen Weinen einzudecken, und habe den Eindruck, dass es dort auch ein ganz vorzügliches Bierangebot gebe.
Nun denn, so machen wir diesen kleinen Umweg, der in der Tat, wenn man streng nach Luftlinie geht, so weit gar nicht ist. In realiter staut man sich aber zunächst gemütlich durch die hässliche Pforzheimer Innenstadt und juckelt dann noch über einige Serpentinen hoch in den Ortsteil Huchenfeld. Und da ist er auch „schon“, der Getränkemarkt Deuschle. In einem unansehnlichen Zweckbau und mit Parkplätzen direkt vor der Tür. Ein Getränkemarkt, halt.
ein Getränkemarkt, halt …
Das Ordnungsprinzip des Ladens haben wir rasch verstanden. Es gibt eine lange Reihe Pils. Dann kommt eine lange Reihe Weizen. Dann eine lange Reihe alkoholfreie Biere. Mischgetränke, dunkle Biere, und so weiter. Sorgfältig sortiert. Wirklich exotische Biere sehe ich keine, aber die Auswahl an Bieren aus der Region und ein bisschen darüber hinaus ist gut. Rasch füllt sich der Einkaufswagen mit einzelnen Flaschen.
„Das Zötler sollten Sie nehmen, das ist ein ganz hervorragendes Bier“, gibt mir ein mich beobachtender Kunde einen Geheimtipp und ist beinahe enttäuscht, als ich ihm sage, dass ich ganz in der Nähe der Brauerei wohnen täte und das Bier, wenn, dann unmittelbar in der Brauerei frisch kaufen würde und hier eher auf der Suche nach Biermarken sei, die es bei uns im Oberallgäu eben gerade nicht gebe …
„Oberallgäu?“, fragt eine Dame. „Da haben wir leere Kästen, die wir so schlecht wieder los werden!“ Sie seufzt. „Wir verkaufen immer so viel Einzelflaschen, und die leeren Bierkästen, die zurückbleiben, stapeln sich bis unter die Decke …“
Ich kann Abhilfe schaffen und nehme zwei leere Kästen mit – das ist auf der Heimfahrt praktischer, als wenn ich jede Menge Einzelflaschen im Kofferraum hin und her rollen habe. Dankbar schaut sie mir zu.
Es dauert nicht allzu lang, und ich habe knapp sechzig verschiedene Biere zusammen. Keine echten Überraschungen, aber viele Biere aus dem südwestdeutschen Raum, die ich noch nicht kenne. Eigentlich keine schlechte Ausbeute, und auch wenn es sich nicht um einen echten Bierspezialitätenladen handelt, bin ich über den Tipp unseres Bekannten nicht unglücklich.
die Auswahl ist gar nicht schlecht
Frohgemut rolle ich den Wagen an die Kasse, und die Kassiererin mittleren Alters schaut mich mit großen Augen an: „Sind das alles verschiedene Flaschen?“ Ich nicke, und sie verdreht theatralisch die Augen. Zunächst fasse ich das noch als Scherz auf.
Sie greift die erste Flasche, scannt den Barcode, stellt sie vor sich hin auf das Ablagebrett und seufzt: „Die muss ich alle einzeln scannen!“
Pause. Sie blickt durch den Laden.
Dann greift sie die zweite Flasche, scannt den Barcode, stellt sie ab und seufzt: „Das dauert aber lange!“
Pause. Ein Blick durch den Laden.
Sie greift die dritte Flasche, scannt, stellt ab, seufzt: „Da wäre es aber besser gewesen, sie wären in der Mittagszeit gekommen, da ist nicht so viel los im Laden!“
Pause. Ihre Blicke wandern durch den Laden.
Die vierte Flasche. Scannen, abstellen, seufzen: „Die Menschen hinter Ihnen brauchen jetzt aber viel Geduld!“
Pause. Ein Rundumblick.
Flasche Nummer fünf. Scannen, abstellen, seufzen: „Wo ist denn die Gaby? Die könnte jetzt die anderen Kunden bedienen!“
Pause. Ein suchender Blick nach Gaby, die aber nicht da ist.
Die ersten dreißig Flaschen könnten jetzt eigentlich schon gescannt sein, ohne Stress und ohne Hast, wenn die gute Dame auf das Abstellen vor sich auf dem Brett, den Seufzer und die Pause verzichten würde.
Wir sind aber erst bei Flasche Nummer sechs. Scannen, abstellen, seufzen, Pause machen, rumkucken. Gaby ist nirgends zu sehen.
Seit mehr als fünf Minuten geht das nun schon so, dann kommt ein großer Stoßseufzer: „Das war jetzt nur die erste Kiste!“
Flasche einundzwanzig, die erste der zweiten Kiste, wird gescannt, abgestellt, beseufzt. Es kommt die obligatorische zehnsekündige Pause und der flehentlich durch den Raum wandernde Blick.
Hoffnung keimt auf – Gaby kommt aus dem Lager.
Sie setzt sich an die zweite Kasse, die Kundenschlange wechselt die Richtung, und in wenigen Minuten sind rund ein halbes Dutzend Kunden mit ihren bunten Einkäufen abgefertigt.
Wir sind derweil gerade mal mit dem zweiten Kasten fertig. Jetzt kommt noch ein Dutzend separate Flaschen, dann sind wir fertig. Ein Dutzend Pausen noch, ein Dutzend Seufzer.
Waldhorn ist eine Eigenmarke dieses Getränkemarkts
Drei Flaschen noch, und das Drama steigert sich: „Diese drei Biere können Sie aber nicht kaufen!“ Sie deutet auf die letzten drei Flaschen, alle von der Camba Bavaria. Ein großes Angebot dieser Brauerei steht direkt im Eingangsbereich des Marktes, große Werbeschilder rundherum, und drei Sorten, die ich noch nicht kenne, habe ich mir natürlich in den Wagen geladen.
„Und warum nicht? Sind das jetzt zu viele Einzelflaschen? Wird der Kassenbon dann zu lang?“, versuche ich einen Scherz.
„Nein. Die sind noch nicht im Computer! Der Bierstand ist gestern erst aufgestellt worden, die Biere noch nicht im System.“ Sie ruft erneut nach Gaby, aber auch Gaby kann in diesem Fall nicht helfen. Sie stellt die Flaschen tatsächlich zur Seite und schließt den Bon ab.
Während ich den Einkaufswagen zum Auto schiebe, überlege ich, was denn so schwierig daran gewesen wäre, erst die Biere in das System einzugeben und dann die Angebotsschilder aufzustellen. Am Auto lehnt meine holde Ehefrau und feixt: „Na, hat es sich ausgeseufzt? Ich bin schon mal vorgegangen, ich wäre sonst geplatzt. Schön, dass Du so ruhig geblieben bist! Nach jeder Flasche eine Pause, das summiert sich auf locker zwei Tassen Kaffee, die man in der Zeit hätte trinken können. Und heute Abend jammert die gute Frau bestimmt, was sie für einen stressigen Tag hatte!“
Ach, ich winke nur noch ab. Hauptsache, dass wir ein paar neue Biere gefunden haben. Den Rest werde ich schnell wieder vergessen haben. Aber: So schnell fahre ich auch bestimmt nicht wieder nach Huchenfeld. Unendlich strapazierbar ist meine Geduld nämlich nicht …
Der Getränkemarkt Deuschle, der ein recht umfangreiches, wenn auch nicht exotisches Bierangebot hat, ist montags bis freitags von 07:30 bis 19:00 Uhr, sonnabends nur bis 18:00 Uhr geöffnet; sonntags ist zu. Er liegt direkt an der Durchgangsstraße L574 durch den Ort Huchenfeld; Parkplätze gibt es direkt am Eingang.
Getränke Deuschle GmbH
Huchenfelder Hauptstraße 72
75 181 Pforzheim OT Huchenfeld
Baden-Württemberg
Deutschland
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