Viel Geld war hier 1992 in die Hand genommen worden, wie die in die Typenschilder der vier Geräte des beeindruckenden Sudwerks eingeprägten Jahreszahlen beweisen. Große, kupferglänzende Pfannen und Bottiche, in einem Sudhaus, das jetzt noch Staunen macht. Ich fahre mit dem Finger über die eingeprägten Ziffern. „Und wie lange waren die Sudkessel in Betrieb?“ frage ich.
„Gerade mal drei Jahre“, lautet die frustrierende Antwort, „und dann wurde der Sudbetrieb hier eingestellt. Lederer entsteht jetzt nur noch beim Tucher.“ Trauriges Achselzucken. Drei Jahre nur. War es seinerzeit eine gewaltige Fehlinvestition? Hatte man sich finanziell übernommen? Hatte der übernehmende Betrieb nur auf den Abschluss dieser Investition gewartet? Viele unbeantwortete Fragen, aber eines ist klar: Für eine Betriebszeit von lediglich drei Jahren war die Anlage mit Sicherheit nicht geplant worden.
die schönen Sudkessel dienen nur noch als Dekoration
Heute, am 30. Mai 2015 steht das Sudwerk der Lederer Bräu nur noch zur Zierde da; die Lederer Kulturbrauerei ist nur noch ein Ausschank, ein wenn auch recht angenehmer Gastronomiebetrieb. Zwischen den Geräten ist feierlich weiß eingedeckt – elegante Empfänge, Familienfeiern, Geschäftsessen können in nostalgischem Brauereiambiente hier veranstaltet werden. Gebraut aber wird hier nicht mehr.
urige und rustikale Räumlichkeiten sind hier entstanden
Die anderen Räumlichkeiten des großen Sudhauses bieten Schankräume in unterschiedlichem Stil, in unterschiedlicher Atmosphäre. Mal eher rustikal, mal stilvoller, mal eng und gemütlich, mal weitläufig und offen. Für jeden Besucher, für jede Gruppe sollte da ein passendes Plätzchen zu finden sein. Und draußen der große Biergarten. Dunkelgrün spannen die Bäume das Blätterdach auf, saftige Farben nach den vergangenen Regentagen. Wenn jetzt die Sonne herauskommt, werden sich die Tische und Bänke füllen, wird das sanfte Rauschen der Blätter im Frühlingswind durch das Stimmengewirr und Gläserklirren übertönt werden.
der Biergarten
Lederer Bier gibt es in Nürnberg überall. In jeder Gaststätte, an der die Tucher-Reklame prangt, gibt es auch Lederer, das herbe Lederer Pils. Aber eines gibt es nur hier, und das ist das ungefilterte Lederer Kroko. Ein unfiltriertes Kellerbier, nichts wirklich Besonderes, aber lecker und süffig. Und mit einem einprägsamen Namen, der sich auf das alte Wappentier der Lederer Bräu bezieht, auf das Krokodil. Und ein mehrere Meter langes Krokodil hängt auch über dem Thekenbereich. Das Markenzeichen ist vor über 120 Jahren entstanden, als ein Nürnberger Kunstprofessor, Friedrich Wanderer, sich vom Namen seines Stammlokals „Zum Krokodil“ zu diesem Symbol inspirieren ließ: Ein sich um einen rotgelben Bierkrug schlängelndes, grünes Krokodil.
das berühmte Krokodil
Das Logo gibt es heute noch, aber mittlerweile ist die einst ruhmreiche Lederer Bräu nur noch eine Marke, die bei Tucher hergestellt wird, und Tucher gehört zur Radeberger Gruppe, diese wiederum ist ein Teil des Dr.-Oekter-Konzerns…
Ach, lassen wir das, es ist zu frustrierend!
Freuen wir uns daran, dass das alte Sudwerk wenigstens als Museumsstück erhalten geblieben ist, ergänzt durch eine alte, etwa 100 Jahre alte Dampfmaschine. Und über den Köpfen der Gäste fährt eine Modelleisenbahn – ein Nachbau des ersten Zuges, gezogen von der berühmten Dampflokomotive Adler. Dessen erste Fracht auf der ersten Fahrt von Nürnberg nach Fürth waren zwei Fässer Lederer!
Die Lederer Kulturbrauerei ist täglich von 11:00 bis 23:00 Uhr durchgehend geöffnet. Von der U-Bahn-Haltestelle Bärenschanze ist sie gerade einmal 150 m entfernt, gut also mit den Öffis zu erreichen. Hinter dem Haus gibt es aber auch einen großen Gästeparkplatz, so dass nicht nur Autos sondern auch Touristenbusse problemlos ihre menschliche Fracht in die gewaltigen Schankräume ergießen können.
Nachtrag 7. August 2020: Habe ich während unseres Besuchs im Mai 2015 schon ein gewisses Frustgefühl nicht unterdrücken können, so stellt sich die Situation mittlerweile leider noch viel schlimmer dar. Im Dezember 2018 gab es erste Zeitungsmeldungen, dass die Lederer Kulturbrauerei geschlossen werden soll. Der Vertrag mit dem Pächterehepaar lief aus, und der Eigentümer des Geländes hatte offensichtlich kein großes Interesse, den Gastronomiebetrieb mit anderen Pächtern weiterzuführen.
Im Frühjahr 2019 wurde die Gastronomie geschlossen, und im November 2019 begann die Diskussion, was mit dem Areal jetzt passieren sollte. Eine so große Grünfläche in der Stadt, das verlockt natürlich dazu, hier zu bauen und fleißig zu investieren. Immerhin hat die Stadt aber wohl festgeschrieben, dass der alte Baumbestand erhalten bleiben soll.
Im August 2020 schließlich wird nun das gesamte Inventar der alten Brauerei versteigert – laut Aussage des Auktionators wird damit „dem Inventar der alten ,Lederer-Kulturbrauerei` ein zweites Leben“ geschenkt, aber das stimmt natürlich nur bedingt, denn wenn die schönen Dekorationsgegenstände, die Modelleisenbahn oder die alte Dampfmaschine in alle Windrichtungen zerstreut werden, geht viel von ihrer ortsbezogenen Bedeutung verloren. Schade.
Lederer Kulturbrauerei
Sielstraße 12
90 429 Nürnberg
Bayern
Deutschland
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