Ich laufe durch Paris und gehe direkt auf eine merkwürdige Skulptur eines nackten Mannes zu, die plastisch aus der Hauswand heraus modelliert und anschließend mit schmuddeligen Graffitis „verziert“ worden ist. Ich bin irritiert. Das ist nicht wirklich einladend, wenn man unterwegs auf der Suche nach gutem Bier ist.
die Umgebung ist schon etwas merkwürdig
Ein, zwei Schritte weiter, an der Skulptur vorbei, und ich stehe vor drei in warmen Gelbtönen leuchtenden Schaufenstern. Voller Bier! Jawoll, hier bin ich richtig. Und die merkwürdige Skulptur um die Ecke, die vergesse ich schnell wieder, die ist ja schon gar nicht mehr zu sehen.
La Cave à Bulles heißt der kleine Laden. Wenn mich die letzten Reste meines Schulfranzösisch von vor vierzig Jahren nicht täuschen, heißt Cave Keller und Bulle Blase oder Ballon. Letzteres eine Anspielung auf die Flaschen? Ich weiß es nicht. Habe auch keine Lust, mir das Hirn zu zermartern. Ich werfe noch einen Blick auf das Logo, das sich mir erst nach einem kurzen Moment erschließt. Zunächst erinnert es mich an eine Küchenschabe, aber dann sehe ich, dass es ein Männlein mit überdimensioniertem Hut ist, das auf einer Flasche reitet.
nur aus dem Augenwinkel sieht dieses komische Männchen wie eine Küchenschabe aus
Na gut, jetzt aber hinein!
Die unverputzten Wände sind mit einfachen Holzregalen zugestellt, sauber sortiert stehen hier ‘zig, wenn nicht gar hunderte Biere. Das Beste, was die französische Bierszene zu bieten hat. Biere von Klein- und Kleinst-Brauereien. Natürlich sind auch bekanntere Namen aus dem benachbarten Ausland dabei, ich sehe beispielsweise eine leuchtend orangene Orval-Bierkiste und Cantillon-Flaschen, aber die Masse der Biere ist extrem unbekannt. Ich bin begeistert.
Aber Simon Thillou verkauft nicht nur Bier, sondern er bietet auch Verkostungen an und man kann Hausbrau-Zubehör und Zutaten bei ihm kaufen, oder, wenn man Zeit hat und nicht viel los ist im Laden, auch über Bier mit ihm philosophieren. Zum Glück spricht er gut Englisch, sonst wäre ich ruckzuck an meine Grenzen geraten …
eine beeindruckende Auswahl
Ein tolles, kleines Geschäft, mit einer beeindruckenden Auswahl. Die Bewertungsportale im Internet, sie hatten recht. Eine Fünf-Sterne-Bewertung reiht sich an die andere, ein überschwänglicher Kommentar folgt dem nächsten.
Ja, das ist er. Der Grund, das nächste Mal mit dem Auto zu kommen und nicht mit dem Flugzeug. Und dann den Kofferraum bis obenhin mit den spannendsten Spezialitäten zu füllen. Ach, ja!
La Cave à Bulles ist täglich von 10:00 bis 14:00 Uhr und von 16:00 bis 20:00 Uhr geöffnet. Außer sonntags und montags, da ist Ruhetag, und mittwochs, da ist mittags geschlossen und erst ab 16:00 Uhr geöffnet. Kling kompliziert? Ja, ist es auch. Zu erreichen ist das kleine Geschäft am besten mit der U-Bahn, die Linien 1, 4, 7, 11 und 14 halten an der in der Nähe gelegenen Station Châtelet, und dann sind es fünf Minuten zu Fuß.
La Cave à Bulles
45 Rue Quincampoix
75 004 Paris
Frankreich
Hallo Volker,
unter „Bulles“ versteht man umgangssprachlich auch die Bläschen im Sekt oder wie hier im Bier.
Ausgehend von der Kugelform der Perlage werden alle Schaumweine, ob Champagner, Sekt, Cava oder Cremant zusammenfassend als „Les Bulles“ bezeichnet.
Grüße
Helmut
Und schon wieder etwas gelernt. Danke, Helmut!
Für umgangssprachliche Formulierungen sind die kümmerlichen Reste meines Schul-Französisch definitiv nicht ausreichend… Schäm! Hätte ich damals nur besser aufgepasst…
Volker
Sowas lernt man nicht in der Schule, nur im echten Leben.
Stimmt, so wie jetzt gerade!