Nachtrag 2. Juli 2023: Sieben Jahre sind seit meinem ersten (und bisher einzigen) Besuch in der Rügener Insel Brauerei vergangen, und das sehe ich auf den ersten Blick, als ich auf den Parkplatz fahre. Stand das schlichte Gebäude seinerzeit noch etwas kahl auf der offenen Fläche, so sind nun Büsche und Bäume angepflanzt worden und bringen viel schönes Grün vor die Fassade.
Auch drinnen ist es mittlerweile bunter und gemütlicher geworden. Es ist wie in jedem guten Haushalt: Mal kommt hier etwas dazu, mal dort. Nicht immer leistet man sich von Beginn an die umfassende Einrichtung einschließlich aller Deko-Artikel, und manchmal merkt man auch, dass Dinge, die man ganz zu Beginn noch schön fand, auf Dauer doch nicht ins Konzept passen.
So ist es denn einerseits ein vertrautes Gefühl, das Gebäude zu betreten, andererseits doch auch ein neuer Eindruck.
es ist bunter und gemütlicher geworden
Es ist gerade mal Mittagszeit, und so kommt für meine holde Ehefrau nur ein alkoholfreies Bier in Frage – sie trinkt tagsüber nie. Das ist in der Rügener Insel Brauerei kein Problem, denn mittlerweile gibt es hier mehrere, sehr unterschiedliche alkoholfreie Biere zur Auswahl, die geschmacklich alle weit jenseits dessen rangieren, was man oft noch mit „Bleifrei“ assoziiert. Die Wahl fällt auf das Surfer’s Summer Ale, ein fruchtiges und gleichzeitig hopfenaromatisches Obergäriges, bei dem man wirklich ganz genau hinschmecken muss, um es als Alkoholfreies zu identifizieren.
Wir haben unmittelbar vor unserem Brauereibesuch in der nebenan gelegenen Alte Pommernkate deftig gegessen, und so habe ich eine ausreichend solide Grundlage im Magen, um mir ein „richtiges“ Bier gönnen zu können – wie schön, dass es heute das 5,6%ige East Coast IPA vom Fass gibt, nur hier und nur für kurze Zeit. Leuchtend orange, herrlich fruchtaromatisch, mit kräftiger, aber nicht zu dominierender Bittere, komplexen retronasalen Frucht- und Kräuteraromen und einem langen, angenehm herben Finish ist es ein Musterbeispiel, wie ein ausgewogenes, nicht übertrieben alkoholisches und dennoch markantes India Pale Ale schmecken kann. Ich bin hochzufrieden!
Surfer’s Summer Ale & East Coast IPA
Zu meinem Leidweisen (naja, das ist Jammern auf höchstem Niveau) sind die Kühlschränke daheim hochvoll mit allerbesten Bieren, insofern muss ich darauf verzichten, mir ein umfassendes Biersortiment in den Kofferraum zu packen, aber ein Viererpack des alkoholfreien Surfer’s Summers Ale für meine holde Ehefrau, der findet natürlich noch Platz.
Die Rügener Insel Brauerei hat sich sehr schön weiterentwickelt, und ich kann jedem, der in der Nähe ist, nur empfehlen, doch mal einen kurzen Abstecher auf ein feines Bier (und vielleicht zum Einkauf von weiteren Bieren und Biersouvenirs) nach Rambin zu machen.
Rügener Insel Brauerei
Nachtrag 30. März 2016: Ein paar nachdenkliche Bemerkungen nach der Verkostung der mitgenommenen Biere. Die elf verschiedenen Sorten (eine war gerade ausverkauft gewesen), die ich mitgenommen habe und die wir daheim in Ruhe verkostet haben, waren durch die Bank gute und solide Biere. Aber außer dem Überseehopfen vermochte keines mich so richtig zu begeistern. Bei allen Bieren hatten wir das Gefühl, dass es besser gewesen wäre, sie noch eine Weile, ein paar Wochen, Monate gar, stehen und reifen zu lassen. Waren nach der beeindruckenden Besichtigung meine Ansprüche nun zu hoch geworden? Alle Biere wiesen ein Haltbarkeitsdatum zwei Jahre nach Abfüllung auf; und die Abfüllung lag gerade mal ein paar Tage oder wenige Wochen zurück. Vielleicht sollte man beim Verkauf (oder auf der Flasche) darauf hinweisen, das Bier noch eine Weile kühl und dunkel stehen und nachreifen zu lassen?
Rügener Insel Brauerei
Nagelneu. Das sieht man schon, wenn man auf den Hof fährt. Spätestens aber dann, wenn man den Verkostungsraum betritt und sich einmal umsieht: Die Rügener Insel Brauerei ist vor wenigen Monaten erst eröffnet und von Grund auf neu angelegt worden. Keine Grunderneuerung einer vorhandenen alten Brauerei, sondern komplett neu aufgesetzt.
Außenansicht
Es ist schon eine Weile her, dass ich das letzte Mal auf Rügen war, und heute, am 23. März 2016, freue ich mich, dass die neue Schnellstraße fertig ist, die direkt von der Autobahn mitten auf die Insel führt. Von der Hochbrücke genieße ich die wunderbare Aussicht, und wenige Augenblicke später sehe sich sie auch schon vor mir: Die große Halle der Insel Brauerei, schwarz mit altgoldener Aufschrift und rötlichen Holztoren. Jeden Moment kommt die Ausfahrt, ich freue mich auf einen schönen Brauereibesuch, ein leckeres Bier, ein paar bierige Mitbringsel.
Aber, was ist das? Wo bleibt denn die Ausfahrt? Die Halle zieht an mir vorbei, die Straße führt unbeirrt weiter nach Norden. Keine Ausfahrt. Und während die Brauerei langsam im Rückspiegel verschwindet, denke ich, dass es vielleicht doch keine so gute Idee gewesen ist, die schöne neue Schnellstraße zu nehmen … Kilometer um Kilometer. Wo bleibt denn die verdammte Ausfahrt?
Unendlich lang ziehen sich die Minuten, gefühlt müsste ich den Nordrand der Insel jeden Moment erreicht haben … Ah, endlich, hier geht es von der Schnellstraße runter. Zweimal links, und langsam, jetzt auf der alten Hauptstraße, rolle ich wieder zurück in Richtung Süden. Und ja, da taucht sie erneut auf, die Halle, und diesmal komme ich auch zur Hofeinfahrt, rolle langsam auf dem knirschenden Kies aus. Rund zehn Kilometer Umweg liegen hinter mir.
Blick über die Theke auf das Sudwerk
Innerlich murrend stapfe ich zum Verkostungsraum, aber meine Laune bessert sich zusehends, je näher ich komme. Ich gehe durch die Glastür und bleibe erstmal staunend stehen. Rechts neben mir eine auf Hochglanz polierte Kupferdestille, links rustikale Holzkisten, die zu einem großen Regal zusammengestellt sind und hunderte von Bierflaschen präsentieren, jede einzelne schmuck in Papier eingewickelt. Dazwischen Holzfässer als Deko, und dahinter Holztische und -bänke, auf denen man es sich zum Biertrinken gemütlich machen kann.
Ein paar Schritte weiter in den Schankraum hinein die lange Theke, hinter der Theke, gelblich angestrahlt, das stählerne Sudwerk. Mächtig thront die Brauerei dort, blickt hinab auf ihre Besucher, die die Hälse recken, um Details erkennen zu können. „Geschickt präsentiert“, denke ich, und registriere, dass in die hintere Stirnwand des Raums kleine Schaufenster eingelassen sind, durch die der Besucher Schrotmühle, Malzlager, kleine Gärtanks und das Hopfenlager sehen kann. Alles sorgfältig beschriftet.
Übersee-Hopfen
Ich gehe zur Theke und bestaune die lange Reihe der präsentierten Biere. Zwölf Sorten gibt es hier – ungewöhnliche und in Deutschland eher selten gebraute Biere. Der Barmann fragt mich, ob ich etwas probieren möchte, und ich entscheide mich für ein kleines Glas Übersee-Hopfen. „Ein sehr trockenes, sehr bitteres Bier, mit australischem Hopfen“, erklärt er mir, während er mir das Glas einschenkt und einen passenden Bierdeckel heraussucht. Zu jedem Bier gibt es einen passenden Deckel, der die wichtigsten Informationen über das Bier enthält.
Ich suche mir einen Platz und genieße mein Bier. In der Tat. Knochentrocken, knackig bitter. Ein schönes Bier, gefällt mir. Gut gelungen.
Aber die Brauerei interessiert mich dennoch. Ich mache einen langen Hals. „Geh‘ doch einfach rein und schau Dir die Brauerei genau an, hier ist die Tür“, fordert mich der Barmann auf. „Dann kannst Du durch die Glasscheibe hinten auch in die offenen Gärbottiche kucken, die in der Halle stehen!“
das Sudwerk
Das lasse ich mir natürlich nicht zweimal sagen. Jacke und Bierglas bleiben liegen, Fotoapparat kommt mit, und ich schaue mir das Sudwerk näher an. Es wird gerade gebraut. Durch die gläsernen Deckel kann ich in den Läuterbottich sehen, wie dort der Flüssigkeitsspiegel langsam sinkt. Daneben die Sudpfanne, ebenfalls mit einem gläsernen Deckel. Hier sammelt sich schon die klare Würze, Schaumbläschen schwimmen träge im Kreis.
„Das wird eines unserer Sauerbiere“, schreckt mich eine Stimme auf. Brauer Sebastian steht hinter mir. „Wir lassen die Würze nach dem Abkühlen ein, zwei Tage stehen und impfen sie mit Milchsäurebakterien, bevor es mit den nächsten Schritten des Brauprozesses weitergeht. Das blockiert uns natürlich das Sudwerk für eine Weile, insofern müssen wir diese Sauerbiere immer genau einplanen, in Phasen, wo wir Zeit haben und das Sudwerk nicht schon für das nächste Bier genutzt werden soll.“
im Gärkeller
Ich staune. So ein großer Aufwand! „Ja, Aufwand betreiben wir mit allen unseren Bieren. Das letzte, woran wir beim Brauen denken, ist Zeit und Rohstoffe, Arbeit und Personal zu sparen. Stattdessen konzentrieren wir uns darauf, wirklich jedes Detail des Brauprozesses so zu gestalten, dass es dem Bier guttut.“
„Im Resultat sind natürlich unsere Biere nicht ganz billig“, fügt er noch hinzu und wendet sich wieder seiner Arbeit zu, während ich zurück in den Schankraum gehe. „Naja, wenn dann alle Biere so gut schmecken wie das Überseehopfen, dann soll der Aufwand wohl gerechtfertigt sein“, denke ich.
Während mir der Barmann nun von jeder Sorte eine große Flasche zusammenstellt, sehe ich mich noch einmal um. Schön hier. Geschmackvoll eingerichtet, ansprechend. Direkt nebenan die Alte Pommernkate mit Fischräucherei, Bäckerei und Café, Abenteuerspielplatz und großem Biergarten. Ein Ausflugsziel für die ganze Familie. Prima!
Die Rügener Insel Brauerei ist täglich von 10:00 bis 19:00 Uhr für Besucher geöffnet. Die Anfahrt ist, wenn man die alte Hauptstraße benutzt, völlig problemlos; Parkplätze gibt es direkt vor der Tür reichlich. Und auch mit der Bahn ist die Anreise einfach; der Bahnhof Rambin ist gerade mal hundertfünfzig Meter entfernt.
Rügener Insel Brauerei GmbH
Hauptstraße 2c
18 573 Rambin
Mecklenburg-Vorpommern
Deutschland
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