BrewDog
ALD IPA
Easy India Pale Ale

Eine Betrachtung aus gebührendem zeitlichem Abstand.

Meine Güte, was war das für eine Aufregung. Fast schon wissen wir gar nicht mehr, wie alles angefangen hat.

Aldi hat wohl mal die Gestaltung seiner Billigbiere zu nah am Stil der BrewDog-Biere ausgerichtet, und das wurde in Schottland missbilligend zur Kenntnis genommen. Anschließend hat BrewDog dann Aldi auf die Schippe genommen und ein Label kreiert, das die Formensprache des Aldi-Logos aufgenommen hat.

Schließlich haben sich die beiden großen Player (ja, BrewDog ist schon lange kein Underdog mehr) zusammengetan, und plötzlich tauchten palettenweise die ALD IPA Dosen im Aldi auf. Ein Easy India Pale Ale mit 4,2% Alkohol.

Volumentrinker, Biergenießer, Influencer, Blogger, Kenner, Sommeliers und Ahnungslose sprachen und schrieben. Plötzlich waren alle Medien voller Diskussionen. Das Bier wurde gelobt, verteufelt, getrunken, demonstrativ ausgegossen … Palettenweise wurde es verkauft und manchmal genauso schnell auch weiterverkauft. Als Spekulationsobjekt, nachdem die Aldis in Deutschland leergefegt waren. Manchmal angeboten wie sauer Bier nach dem Prinzip „Ich kann’s beim besten Willen nicht trinken.“

Emotional bewarfen sich Befürworter und Gegner dieser zumindest doch sehr originellen Idee im Cyberspace mit elektronischem Dreck, und der eine oder andere selbst ernannte Bier-Aficionado maßte sich gar an, über das Bier sensorisch zu urteilen, ohne es getrunken zu haben.

Der Sturm im Wasserglas ist abgeflaut, die Wogen haben sich geglättet, in den Social Media sind derweil schon wieder viele andere Säue durchs Dorf getrieben worden. Der richtige Zeitpunkt also, um innezuhalten und das Bier mal so vorurteilsfrei wie möglich zu bewerten und die Frage zu beantworten: Ist es ein India Pale Ale? Oder nicht doch geschmacklich verflixt nahe an einem Kölsch?

Sicherheitshalber probiere ich es aus zwei verschiedenen Gläsern.

Goldgelb und blank strahlt das Bier, nicht die geringste Trübung bricht das Licht des heute zur Abwechslung mal wieder leicht regnerischen Nachmittags. Eine feine, zum späten Schneefall oben auf den Allgäuer Bergen passend schneeweiße Schaumschicht steht aufrecht und fest im Glas und hält sich tapfer viele Minuten lang. Die Nase erschnuppert einen ganz leicht parfümigen Hauch, vielleicht ein Tupfer Rose, darüber feine Fruchtnoten, etwas Pfirsich, ein bisschen Birne und Ananas und irgendwie auch ein ganz versteckter Duft, der mich an das etwas künstliche Aroma von Multi-Sanostol erinnert. „Sa – no – stoool“, höre ich die hellen Kinderstimmen aus dem Werbespot der späten sechziger Jahre … Dann der Antrunk. Frisch und spritzig, die Spundung so hoch, dass sich eine Kohlensäureschärfe bildet, die die Zunge freiräumt. Zisch, und das kleine Kölsch-Glas ist leer. Ein feines, ganz leicht getreidiges Malzaroma, sehr dezent, und eine schöne, aber nicht übermäßige Herbe bleiben zurück, und beim Ausatmen kommt retronasal noch mal etwas Heu zum Vorschein.

ALD IPA im Kölschglas

Ein durchaus bunter Potpourri an Aromen und Geschmäckern, aber alles nur ganz, ganz zurückhaltend, so dass es dem Volumentrinker, der so ein 0,2-l-Kölschglas mal eben im Vorübergehen weg ext, gar nicht auffällt. Ganz im Gegenteil. Glatt und frisch, spritzig und schlank erfrischt das Bier mal so nebenbei.

Behutsamer genossen aus dem Verkostungsglas wird das Bier auch nicht fülliger. Es ist und bleibt ein Zischbier. Gefällig, ein bisschen aromatischer als ein Null-Acht-Fuffzehn-Kölsch oder ein glattgelutschtes Lager aus einer der großen Brauereien Westfalens, aber auch keine exotische Offenbarung. Otto Normalbiertrinker braucht sich nicht umzustellen, schmeckt aber vielleicht doch einen Hauch mehr Aromen als in seinem Leib-und-Magen-Bier.

ALD IPA im Verkostungsglas

Fehlerfrei gebraut, und mehr Easy als India Pale Ale. Damit kann man sich gut für die nächste Grillparty eindecken. Schnell gekauft, schnell gekühlt, schnell getrunken. Und wohl auch schnell wieder durch die Nieren gejagt und biologisch entsorgt.

Anmerkung zur Transparenz: Ich habe dieses Bier nicht von BrewDog oder gar Aldi geschenkt bekommen, brauche den Blogbeitrag also nicht als Reklame zu kennzeichnen. Nur falls Fragen aufkommen!

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