Im Leben wäre ich hier nicht eingekehrt, wenn ich nicht vorher einen ganz konkreten Biertipp bekommen hätte …
Ich stehe vor dem Hotel Till Eulenspiegel und fühle mich in die sechziger oder siebziger Jahre zurückversetzt. Und an irgendein Weindörfchen am Mittelrhein, das sich und seine Kultur schon lange überlebt hat. Hotel Till Eulenspiegel, Weinstube und Bierkeller, steht an dem alten grauen Gebäude, das seine einzige Zierde zwei gewaltigen Weinstöcken zu verdanken hat, die sich die Fassade entlang ranken und den grauen Putz zwischen den einfachen, rechteckigen Fenstern gnädig verdecken. Und natürlich das Wirtshausschild, der große und reich verzierte Ausleger mit einem Bild Till Eulenspiegels.
Außenansicht
Ein altes, gutbürgerliches Stadthotel mit einer Weinstube. Mittelalte bis alte Gäste, je nach Geschlecht in mausgrauem Anzug oder Blümchenkleid, die Damen haben die grauen Haare mutig mit einem winzigen Stich violett getönt, die Herren eine gestreifte Krawatte oder mit dem grässlichen amöbenartigen Paisleymuster, das die Krawatten dieser Welt ziert. Vor ihnen, den Damen und Herren, nicht den Krawatten, obwohl in gewisser Weise ja auch letzteres, steht ein Viertele Wein, an dem man sich stundenlang festhält, mitten auf dem Tisch ein paar Erdnüsse oder Salzstangen, und am besten bestellt man sich nach dem Toast Hawaii als Knabberei noch einen Käseigel.
Vorurteile, ach, meine geliebten Vorurteile. Einen großen Bogen hätte ich um dieses Haus gemacht.
Normalerweise.
Jetzt hatte ich aber gerade fünf Minuten vorher mit den netten Jungs im Max Mundus Bottleshop geklönt. Einig waren wir uns gewesen, dass die Bierszene in Würzburg noch eine deutlich verbesserungswürdige Katastrophe sei, aber – hej! – wenigstens eine Adresse gebe es, und zwar den Bierkeller im Hotel Till Eulenspiegel!
So hieß es, und somit gehe ich jetzt einfach rein in dieses Hotel, werfe alle Vorurteile über Bord und …
… werde in der Tat auch nicht enttäuscht!
die Theke bietet viele Zapfhähne, und auf dem Flachbildschirm werden zusätzliche Flaschenbiere beworben
Eine schmale und steile Treppe geht’s hinunter, und ich finde mich in einem nur spärlich erleuchteten, urigen Keller wieder. Eng und verwinkelt geht es zu. Winzige Tische und Bänke sind noch in die aberwitzig engsten Winkel gequetscht. Auf jedem Tisch liegt eine in Folie einlaminierte Bierkarte und listet – man sollte es nicht glauben – vierzehn Fassbiere auf. Dazu als Nummer 15 Schneider Weiße aus der Flasche und, naja, Äbbelwoi. Was der auf der Karte zu suchen hat, erschließt sich mir nicht, aber er wird schon seine Fans haben, sonst wäre er doch schon längst ausgelistet!
Während ich noch die Liste studiere, steht schon die junge Bedienung mit blau gefärbten Haaren neben mir. „Na, noch unschlüssig?“, fragt sie und fügt hinzu „Wir haben auch noch einige Flaschenbiere, und auf dem Monitor dort laufen einige Bieraktionen.“ Sie zeigt auf die Flachbildmonitore, die an der einen oder anderen Stelle unauffällig im Keller hängen und in Endlospräsentation weitere Biere anpreisen.
Ich entscheide mich zunächst für ein Pale Ale von Maisel’s & Friends. Ganz große Exoten bietet die Liste nicht, aber die Bierauswahl bietet immerhin für jeden Geschmack etwas, meist von den größeren fränkischen Marken. Und Astra und Kölsch sind sicherlich ein Zugeständnis an die Studentenszene, an diejenigen, die auch hier in Würzburg mal etwas aus ihrer Heimat trinken wollen.
Das Pale Ale kommt, nicht ganz stilsicher in einem Krug serviert. Aber es schmeckt. Während ich so vor mich hin trinke, blitzt auf dem Monitor über der Theke Werbung für das Bier Brew Dudes Pale Ale auf. Gibt’s zwar nur aus der Flasche, aber dennoch: Das will ich haben. Sieben Würzburger Studenten, die in der Brauerei Albertshöfer Sternbräu ihr Pale Ale herstellen lassen und gemeinsam in Würzburg vermarkten.
Brew Dudes Pale Ale
Neugierig betrachte ich die Flasche, finde eine Menge Information über das Bier, angefangen von den IBUs (30) über den Alkoholgehalt (5,5% vol.) bis zu den verwendeten Hopfensorten (Herkules, Perle, Cascade). Was ich nicht finde, ist, wo es gebraut wird. Den Hinweis auf die Albertshöfer Sternbräu finde ich nur im Internet. Schade.
Aber geschmacklich kann das Bier überzeugen. Fruchtig und ausgewogen, nicht überhopft, sehr ordentlich! Prima!
Und noch ein drittes kleines Bier darf es heute für den Abschluss sein. Fräulein Blauhaar empfiehlt mit das Porter von Maisel’s & Friends. Das Choco Porter. Lecker. Und jetzt auch im passenden Glas!
Fazit: Auch wenn die Anmutung von außen es nicht vermuten lässt, der Bierkeller im Hotel Till Eulenspiegel ist eine Einkehr wert. Und bis die Kreativbierwelle auch Würzburg erreicht, es er sicherlich die beste Option für schönen, leckeren Biergenuss.
Der Bierkeller im Hotel Till Eulenspiegel ist täglich ab 18:00 Uhr, sonntags ab 19:00 Uhr geöffnet; kein Ruhetag. Zu erreichen ist er am besten mit der Straßenbahn, Linien 1, 3, 4 und 5, Haltestelle Neubaustraße.
Till Eulenspiegel GmbH & Co. KG
Sanderstrasse 1a
97 070 Würzburg
Bayern
Deutschland
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