Eine winzige Gasthausbrauerei – einfach nur zum Wohlfühlen! In der Ortsmitte des kleinen Örtchens Eisenharz gelegen, in einem unprätentiösen, ehemaligen Geschäftshaus, gibt es seit 2012 das Eisenharzer Brauhaus.
Ein kleiner Biergarten mit klassischen Bierbänken und ‑tischen direkt an der Straße lädt bei gutem Wetter ein; bei schlechtem Wetter geht es stattdessen in die gute Stube. Die ist eingerichtet wie ein kleines Studentencafé. Jeweils mehrere Holzbierkisten sind miteinander vernagelt und mit einem langen Fell überzogen – sie dienen so als Sitzbänke. Die Tische sind aus dicken Holzbalken und ‑brettern verschraubt. Eine winzige Theke, in deren Mitte sich ein Kühlschrank befindet, in dem neben leckeren Kuchen auch Bierspezialitäten angeboten werden – Biergelee mit Chili beispielsweise.
Durch eine Glastür blickt man direkt in die Brauerei hinein, und auf den ersten Blick sieht man, dass hier ein Perfektionist am Werk ist. Alles ist blitzsauber, aufgeräumt, als ob jeden Moment der Wehrbereichshygieniker zur Inspektion erwartet wird. Die Bierkästen und Flaschen stehen sorgfältig gestapelt und exakt ausgerichtet. Das Sudwerk und die Gär- und Lagertanks sind aus elegantem Edelstahl, und der Maischebottich ist zusätzlich mit Holz verkleidet. Toll sieht’s aus.
Schmeckt’s auch so toll? Die Bierkarte ist beeindruckend. Sage und schreibe acht Biere gab es am 7. Mai 2014 zu verkosten. Die ersten fünf erst einmal als Tester auf einem Bierbrett – jeweils 0,2 l.
Das Eisenharzer Hell macht seinem Namen alle Ehre – hell und leicht trüb, nur schwach, dafür aber sehr aromatisch gehopft und leicht malzig-süß erwies es sich als herrlich süffig. Das Eisenharzer Weissbier entsprach dann nicht so sehr meinem persönlichen Geschmack – deutliche Gewürznelken und Muskatnuss-Aromen, eigentlich lecker, aber auf der Zunge hinterließ es einen leicht pelzigen, hefebitteren Nachgeschmack, der mir nicht behagte.
Ganz anders hingegen die Sommerweiße. Hier paarte sich die Spritzigkeit des Weizens mit fruchtigen, frischen Hopfenaromen – ein erfrischendes, leicht wirkendes (obwohl mit 5,2% Alkohol von normaler Stärke) Bier zum Wegzischen in sommerlicher Hitze. Sehr gut! Das Eisenharzer Dunkel war dann wieder nicht mein Fall. Ein paar leckere Karamellaromen wurden leider durch einen ausgeprägt melanoidinigen Geschmack in den Hintergrund gedrängt. Viele mögen es so, ich persönlich nicht.
Der Hopfenkuss, ein hopfengestopftes Lagerbier bildete den Abschluss der ersten Verkostung – schön ausgewogen, nur dezent mit seiner Hopfennote prunkend ist es ein richtig leckeres Bier, das den eher konservativen Biertrinker hervorragend an die Welt der hopfengeprägten Biere heranzuführen vermag.
Drei weitere Biere verkosteten wir dann in „normalen“ Portionen zu 0,3 l. Zunächst die Moor-Weiße, das Saison-Bier für den Winter. „Da sind noch ein paar Flaschen da!“, strahlte die freundliche Bedienung. Ein rundes, leicht malzig-aromatisches dunkles Weißbier, kräftig und sämig, schön vollmundig. Eine sehr gute Dunkelweisse!
Das Bock’erle, ein kräftiges Bockbier mit über sieben Prozent Alkohol kam als nächstes auf den Tisch – rund, voll, malzig und aromatisch. Nur eine ganz schwache Hopfenbittere – und damit gefährlich süffig. Mit diesem Bier ließe sich eine lange Fastenzeit problemlos überstehen!
Den grandiosen Abschluss machte das Hoppy Dream Ale – ein hellbraunes Ale mit kräftigen Hopfennoten. Eine ausgeprägte, aber nicht zu dominante Bittere wird von einem runden Malzkörper schön ausbalanciert. Die verschiedenen Hopfenaromen, insbesondere die aus der Kalthopfung, spannen einen weiten, komplexen Aromabogen auf, und die Malzigkeit verhindert, dass das Bier zu hopfenfixiert, zu trocken wird. Ein wunderbares Beispiel für ein zurückhaltend, aber dennoch deutlich gehopftes Pale Ale. Herrlich! Mehr davon!
Und wieder strahlte die nette Kellnerin, und erzählte uns stolz, dass dieses Bier ganz, ganz frisch sei – nebenan könne man den Chef klappern hören, wie er eben dieses Bier gerade von Hand auf Flaschen füllen würde.
Zum Essen gibt es einfache und rustikale Kost – der große Brotzeitteller für zwei Personen war genau das Richtige für eine solch gewaltige Bierprobe und gab uns eine hervorragende Grundlage für die Verkostung.
Einen kleinen Blick in die Brauerei durfte ich noch werfen – leider hatte der Brauer mittlerweile schon Feierabend gemacht, so dass es nicht mehr zu einem Gespräch kam. Trotzdem: Ein wunderbarer Brauereibesuch – jederzeit wieder!
Das Eisenharzer Brauhaus ist täglich außer montags ab 14:00 Uhr durchgehend geöffnet. Nachmittags gibt’s ein leckeres Kaffee- und Kuchenangebot. Neben den eigenen Biersorten werden noch zahlreiche Biere der Camba-Bavaria-Brauerei aus Truchtlaching angeboten, so dass jeder, wirklich jeder hier ein Bier nach seinem Geschmack finden kann. Neben dem kleinen café-artigen Räumchen im Erdgeschoss gibt es im ersten Stock noch zwei ebenfalls urgemütliche Schankräume, herrlich altmodisch und niedlich eingerichtet. Parkplätze gibt es kostenfrei direkt am Haus – über die Erreichbarkeit dieses kleinen Dörfchens mit öffentlichen Verkehrsmitteln mache ich mir lieber keine Gedanken, dafür müsste man wohl recht viel Zeit mitbringen.
Nachtrag 13. Mai 2016: Das Bräustüble am Eisenharzer Brauhaus gibt es nicht mehr. Stattdessen werden die leckeren Biere nun in The Craft Beer Bar Allgäu in Wangen ein paar Kilometer weiter ausgeschenkt. Aber es gibt in den Örtlichkeiten des Brauhauses nun einen Bierfeinkostladen, in dem die Biere und ein paar Bierspezialitäten verkauft werden. Dessen Öffnungszeiten sind dienstags bis donnerstags von 09:30 bis 11:45 Uhr und 14:00 bis 16:00 Uhr, freitags von 14:00 bis 17:00 Uhr und sonnabends von 09:30 bis 13:00 Uhr.
Nachtrag 24. Februar 2017: Die „Schwarmintelligenz“, also noch unbestätigte Quellen im Internet melden, dass das Eisenharzer Brauhaus mittlerweile ganz geschlossen ist. Und zwar schon seit Oktober 2016. Schade, schade, schade. Die Biere waren richtig lecker.
Eisenharzer Brauhaus – Privatbrauerei Anton Rieg
Kirchstraße 5
OT Eisenharz
88 260 Argenbühl
Baden Württemberg
Deutschland
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