Bier-Genuss-Gipfel
Biersommelierabend auf dem Fellhorn
mit den Brauereien Meckatzer und Zötler

Beer-and-Food Pairing – ein Ausdruck, den man immer öfter hört, wenn es um hochwertigen Biergenuss geht. Das, was man mit Wein gefühlt „schon immer“ gemacht hat, nämlich zu einer Speise den genau dazu passenden Wein auszusuchen, wird mittlerweile auch für Bier zunehmend häufiger beachtet. Es wird also zum Essen nicht mehr nur „ein Bier“ bestellt und damit der Schweinsbraten mit großen Schlucken runtergespült, sondern sorgfältig darauf geachtet, dass die verschiedenen Gänge eines Menüs von einem auf jeden Gang abgestimmten Bier begleitet werden.

Für den Bier-Genuss-Gipfel am 16. Juli 2022 haben sich die beiden Allgäuer Brauereien Zötler aus Rettenberg und Meckatzer aus Heimenkirch-Meckatz genau dies vorgenommen. Damit nicht genug: Das Vier-Gänge-Menü wurde noch dazu in alpiner Höhe auf 1780 m Höhe arrangiert – auf dem Fellhorn in den Allgäuer Alpen. Sonderfahrt mit der Seilbahn inkludiert.

Keine zehn Minuten dauert die Fahrt, die uns aus dem sommerlich heißen Tal auf die angenehm kühle Mittelstation der Fellhornbahn bringt. Dort auf der Panorama-Terrasse warten schon die elegant eingedeckten Tische, und es fällt schwer, sich zu entscheiden, welcher Genuss mehr reizt: Der unvergleichliche Panoramablick auf die Allgäuer Hochalpen oder die Kulinarik, die auf uns wartet.

Niklas Zötler und Michael Weiß

Niklas Zötler und Michael Weiß, die beiden Brauereichefs, begrüßen uns mit … einem Radler.

Oh, großes Erstaunen! Aber es ist ein besonderes Radler. Das Meckatzer Weiss-Gold, ein etwas kräftigeres und ausdrucksstarkes Helles, wird mit Allgäuer Hidde-Schbrudl gemischt, einer Kräuterlimonade mit Thymian, Salbei, Wacholderbeeren, Enzian und Wermut. Kein profanes Radler also, wie man es in jedem Biergarten mit dem zusammenpanscht, was gerade da ist, sondern eigentlich schon ein richtiger Bier-Cocktail. Erfrischend, fruchtig, und die Kräuter stimmen uns und unsere Mägen auf das ein, was gleich kommen wird. Ein vorzüglicher Aperitif also.

Die beiden Brauherren stellen ihre Brauereien vor: Zötler, ein uralter Familienbetrieb am Rande der kleinen Gemeinde Rettenberg mit jahrhundertealter Tradition in der Allgäuer Berglandschaft, und Meckatzer, eine etwas größere, mit rund 170 Jahren nicht ganz so alte, aber ebenfalls familiär geprägte Brauerei im Heimenkircher Ortsteil Meckatz. Biermischgetränke und alkoholfreie Biere mit eingerechnet, haben die beiden zusammen über dreißig Biermarken im Angebot.

Und dann geht es auch schon los, der erste Gang: Wildkräutersalat an Himbeerdressing mit gebackenem Oberstdorfer Bergkäse und dazu das 5,2%ige Meckatzer Urweizen.

Das fast schon orange leuchtende, fruchtige und dezent nach Banane und Aprikose duftende, aber auch schöne Malznoten präsentierende, spritzige Weißbier harmoniert mit den süßsäuerlichen Fruchtnoten des Himbeerdressings perfekt, und all diese Fruchtaromen liefern eine Frische, die den nussigen Charakter des Kräutersalats und des mild-sahnigen und durch die Panade knusprigen Oberstdorfer Bergkäses hervorragend komplementiert.

Wildkräutersalat und Risotto mit Meckatzer Urweizen und Zötler 1447 Kellerbier

Fast schon zu rasch kommt der zweite Gang: Ein Risotto mit Pfifferlingen und dazu das 4,9%ige Zötler 1447 Kellerbier.

Das Risotto ist vorzüglich. Sehr kremig, und die aromatischen Pfifferlinge geben ihm genau die richtige Würze. Das unfiltrierte Kellerbier ist weich, rund und malzig. Es ist, ganz ungewöhnlich für ein bayerisches Bier, mit einer britischen Ale-Hefe gebraut, die ihm einen fruchtigen Touch verleiht. Der runde, volle Malzkörper macht das Bier zu einem hervorragenden Partner des ebenso runden, satten Risottos. Und bevor das alles zu rund, zu satt, zu saturierend wird, setzen die feine Fruchtigkeit der Ale-Hefe und die für ein Kellerbier durchaus ordentliche Hopfung noch einen kleinen Kontrast. Insbesondere angesichts der Portionsgröße hätte dieser Gang sonst ein wenig zu viel des Guten bedeutet. Aber auch so: Das Risotto wäre als alleiniges Hauptgericht bereits völlig ausreichend gewesen. Da meint es in der Küche aber jemand ganz besonders gut mit uns!

Als hätte sie unsere Gedanken gelesen, fragt uns die nette Kellnerin, ob wir nicht mal einen Espresso zwischendurch trinken wollten. Angesichts der Tatsache, dass der Hauptgang erst noch kommt, lassen wir uns das nicht zweimal sagen, und regen mit einem schnellen Schwarzen die Magensäureproduktion ein wenig an.

Eine kleine Pause, ein bisschen am Geländer stehen und in die Ferne schauen. Trettachspitze, Mädelegabel, und wie die Allgäuer Gipfel alle heißen. Die langsam tiefer sinkende Sonne taucht die Felsen in warme Farben, und so kommt zum kulinarischen auch der optische Genuss.

Den dritten Gang gibt es nun in zwei Versionen – klassisch und vegetarisch. Version 1 sind geschmorte Ochsenbacken, dazu Zucchini-Paprika-Gemüse und Polenta, Version 2 Kartoffel-Gemüserösti auf mediterranem Ofengemüse mit gratiniertem Ziegenkäse. Beides sehr deftige und gehaltvolle Gerichte.

Die Ochsenbacken sind wunderbar zart, mit der Soße und dem Zucchini-Paprika-Gemüse allerdings auch sehr geschmacksintensiv. Gleiches gilt für die kräftig gewürzten Gemüserösti und das Ofengemüse, und mehr noch für den zwar schön ausgewogen-aromatischen, durch das Gratinieren aber einen sehr intensiven Charakter annehmenden Ziegenkäse. Hier müsste man biermäßig ganz schwere Geschütze auffahren, um mithalten zu können. Oder, alternativ, etwas Leichtes und Frisches anbieten, das zwischen den Bissen dem Gaumen etwas Entspannung anbietet.

Unsere Gastgeber haben sich für Letzteres entschieden und präsentieren das 5,2%ige Meckatzer Weiss-Gold. Das von der Brauerei als Sonntags-Bier vermarktete Lagerbier ist für ein Helles etwas zu kräftig gehopft, für ein Pils wiederum nicht stark genug gehopft, und für ein Export ist es zu rund und zu weich, zu wenig mineralisch. Aber irgendwo dazwischen sortiert es sich ein, und in seiner Frische zurückhaltend bleibend ergänzt es die beiden deftigen Hauptgerichte, ohne einen aromatischen Konkurrenzkampf aufnehmen zu wollen. Passt!

geschmorte Ochsenbacken, Gemüserösti und Kaiserschmarrn mit Meckatzer Weiss-Gold und Zötler Baltic Porter

Letzteres, also einen aromatischen Konkurrenzkampf, erleben wir dann aber beim vierten und letzten Gang, dem Kaiserschmarrn. Serviert mit Apfelmus, Weintrauben, Preiselbeeren, einer gebackenen Orangenscheibe und Vanilleeis ist er eine Orgie in Süß. Fruchtig und zuckrig. In starkem Kontrast dazu bietet Niklas Zötler seinen Schwarzen Ritter an, ein 7,7%iges pechschwarzes Baltic Porter, das seinen Namen von der einzigen Sage hat, die in Rettenberg spielt – der Sage vom Schwarzen Ritter.

Eine ausgeprägte Bittere, schöne und aromatische Röstnoten, eine dezente Fruchtigkeit und etwas Süßholz prägen die Aromatik dieses Biers, und der Kontrast zwischen der intensiven Süße des Kaiserschmarrns und der Hopfen- und Röstbittere des Baltic Porter macht Spaß. Hier der Puderzucker und das Vanilleeis, dort die fast fünfzig Bittereinheiten des Biers. Hier die hellen und leichten Fruchtaromen, dort die Bitterschokolade, die Lakritze und der Röstkaffee. Immer abwechselnd. Kleine Löffelchen, kleine Schlückchen. Zunge und Gaumen kommen nicht zur Ruhe.

Alpenglühen

Für mich persönlich der Höhepunkt dieses Menüs. Dass auch genau in diesem Moment die Bergspitzen rundherum im dunklen Rot der untergehenden Sonne erglühen, macht die Perfektion des Augenblicks fast schon kitschig. Das Gipfelkreuz der Trettachspitze spiegelt die letzten Strahlen der Sonne und sendet gleißende Reflexe über das Tal – ein kleines Feuerwerk zum Abschluss dieses Bier-Genuss-Gipfels.

Beschwingt treten wir die Fahrt ins Tal an. Beer-and-Food Pairing – das muss nicht immer das Zusammenspiel zwischen möglichst exotischen Speisen und in extremis gebrauten Craftbieren sein, sondern das kann, wie der heutige Abend perfekt bewiesen hat, auch die balanciert abgestimmte Kombination von klassischer, europäischer Küche mit regionaler Allgäuer Braukunst sein.

Bildergalerie

Und gibt’s denn in der Rückschau gar nix zu meckern? War alles perfekt?

Ach, eine winzige Kleinigkeit, vielleicht: Am Berg über 1000 m duzt man sich. Das war nicht allen Gästen so richtig klar und hat für manches erstaunte Gesicht gesorgt.

2 Kommentare

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