Brasserie du Château
Lausanne
CHE

„Eine Gasthausbrauerei in Lausanne?“ Meine holde Ehefrau verzieht ihr Gesicht. „Vermutlich sauteuer, und dann bestimmt so eine lieblose Brauerei von der Stange. Hell, Dunkel, Weizen. Am besten alles auch noch mit Hausgeschmack, also infiziert …“

„Aber …“, fährt sie fort, „… lass uns trotzdem da jetzt hinfahren. Eine Pause tut gut, und schöner als eine Autobahnraststätte ist das allemal!“

Und so rollen wir die steile Straße hinunter in die Stadt, finden problemlos einen Parkplatz und gehen vielleicht hundert Meter zu Fuß zur Brasserie du Château, der Schlossbrauerei.

Wie eine klassische Gasthausbrauerei von der Stange sieht sie nicht aus, und – so viel darf ich vorwegnehmen – das Preisniveau ist auch nicht ganz so hoch wie befürchtet. Ganz normale Schweizer Preise halt. Nicht sauteuer, aber doch ganz schön teuer. Verflixter Wechselkurs!

„Wir sitzen draußen“, entscheidet meine Frau und setzt sich auf den schmalen Freisitz zwischen Straße und Bürgersteig in die pralle Sonne. „Puh, da wird doch das Bier ruckzuck warm“, versuche ich noch einzuwenden, aber: Vergebens.

„Ich trinke irgendwas Frisches“, bekomme ich noch einen Auftrag mit auf den Weg, und dann dackele ich in den Schankraum hinein. Er ist völlig leer – jetzt zum Ende der Mittagszeit sind wir die einzigen Gäste. Aber es ist nicht ungemütlich. Einfache Holzmöbel, eine ewig lange Theke, und von der Decke hängen jede Menge Farne herab, die dort in Töpfen in ein Holzgerüst eingehängt sind. Eine interessante Dschungelatmosphäre ergibt das.

etwas Dschungelatmosphäre

Der junge Mann hinter der Theke lässt mich in Ruhe die Bierliste studieren, schaut aber aufmerksam, und als ich meinen Blick von der Tafel abwende, steht er sofort bereit: „Was darf’s sein?“

Ich entscheide mich für ein White Hazy IPA, und für meine Frau bestelle ich neben einem Blonde au Gingembre, also einem hellen Ingwerbier, auch einen frischen Salat. „Kein Problem, ich bringe Euch das alles raus“, heißt es, und so habe ich einen Augenblick, die schmale Wendeltreppe ins Tiefgeschoss hinunterzugehen und mir die Brauerei anzusehen.

Es ist eine simple, etwas zusammengestoppelt wirkende Anlage, deren Kupferflächen mal wieder eine Politur vertragen könnten. Die verschiedenen Geräte scheinen völlig wahllos in dem viel zu kleinen Raum verteilt zu stehen. Dem Fußboden sieht man an, dass es schon seit mehreren Renovierungen keine passenden Kacheln mehr gab – bestimmt ergaben die verschiedenen Farben irgendwann einmal ein regelmäßiges Muster, aber das ist lange her.

das Sudwerk

Der Raum gegenüber des Sudwerks ist ein reiner Barraum, aber er scheint nur abends genutzt zu werden.

Ich gehe die Treppe wieder hoch – auf dem kleinen Tisch auf der Terrasse wartet bereits mein Bier auf mich. „Jetzt aber schnell, bevor es warm wird“, denke ich mir, und in wenigen Schlucken ist das 5,0%ige White Hazy IPA ausgetrunken. Ein angenehmes Durchschnittsbier. Man merkt den Ehrgeiz, aus der Kombination IPA mit Weizenhefe (oder Weizenbier mit Extremhopfung) und New England IPA (trübe wie frisch gepresster Saft) etwas Neues, Spannendes zu kreieren, doch das Resultat kann nicht begeistern. Ein grundsolides und erfrischendes Bier mit viel Hopfen und ohne Geschmacksfehler, das ja, aber kein großer Wurf, was Originalität anbelangt.

Das 4,5%ige Ingwerbier gefällt mir eher. Die Brauerin oder der Brauer hat gerade so viel Ingwer hineingetan, dass das Bier mit einer leichten und fruchtigen Schärfe erfrischend wird, hat aber der Versuchung widerstanden, nach dem Prinzip „viel hilft viel“ über das Ziel hinaus zu schießen. Ein sehr schönes Sommerbier, spritzig und frisch.

Es passt hervorragend zum bunten Salat, den meine Frau nun fleißig in sich hinein gabelt. Der sieht lecker aus, verschwindet aber in beeindruckender Geschwindigkeit in ihrem Magen, und ich muss mich sputen, wenigstens ein paar Bissen zum Kosten abzubekommen.

es hat geschmeckt

Ein ganz kleines Gläschen Bier darf ich mir noch gönnen, ehe die Fahrt weitergeht, und da es etwas nicht allzu Alkoholstarkes sein darf, ist die Auswahl begrenzt. Ein 3,8%iges English Bitter darf es noch sein.

English Bitter – ein oft unterschätzter Bierstil. Leicht im Alkohol, aber stark im Malzkörper und in der Hopfung, so schmecken die besseren Exemplare, dünn und eindimensional bitter die schlechteren.

Nun, ich habe Glück: Das hier gebraute Exemplar erweist sich als robust und kräftig und ist offensichtlich mit harzigen, zitrusschalenherben Hopfensorten gebraut worden. Sehr ordentlich!

Keine Gasthausbrauerei von der Stange also, sondern etwas durchaus Nettes und Originelles. Kein langweiliges Biertriplett mit Hausgeschmack, sondern eine ganze Reihe unterschiedlicher, internationaler Bierstile ohne Braufehler. Dazu ein frischer, appetitlicher Salat und ein netter und aufmerksamer Service. Passt!

Die Brasserie du Château ist montags bis sonnabends ab elf Uhr durchgehend geöffnet; sonntags erst ab 16:00 Uhr. Vom Platz Riponne M. Béjart, wo die Metro und zahlreiche Buslinien halten, sind es drei Minuten zu Fuß in nördlicher Richtung bis zur Brauerei.

Bilder

Brasserie du Château
Place du Tunnel 1
1005 Lausanne
Schweiz

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