Wenn ein Hausbräu um die Welt reist …
Vor zwei Jahren, ziemlich zu Anfang der Pandemie, traf ich im Biergarten von KommproBier in Langenargen den australischen Hobbybrauer Harald W. Er genoss ein paar der besten Biere, die sich in den hervorragend bestückten Kühlräumen auffinden ließen, und doch wirkte er ein bisschen bedrückt.
„Tja, ich bin hier in Deutschland gestrandet“, erzählte er. Als Deutscher Expat in Australien lebend, war er ins Heimatland gereist, dann kam die Pandemie, Australien schloss seine Grenzen, und nun saß er hier am Bodensee. Nicht der schlechteste Platz für eine Art Corona-Haft, aber eben auch nicht wirklich geplant.
Monate später kam die Nachricht: „Ich bin wieder in Sydney!“
Heute, am 3. Juni 2022, ist bei KommproBier Tag der offenen Flasche, und wer läuft mir da über den Weg? Harald!
„Ich bin wieder beruflich hier, und diesmal wird es mit Sicherheit einen pünktlichen Rückflug geben“, lacht er und drückt mir eine kleine Bierflasche in die Hand. „Hier! Für Dich! Ich war mir sicher, Dich heute hier anzutreffen. Habe ich Dir aus Sydney mitgebracht, es ist ein dunkler Weizenbock!“
Vorsichtig transportiere ich die Flasche nachhause. Auf die Verkostung freue ich mich ganz besonders, handelt es sich doch um die wohl weitestgereiste Flasche Hausbräu, die ich je getrunken habe.
Verkostungsnotizen
Haraldʼs Hausbräu aus Sydney – Christmas in July – Dunkler Weizenbock (7,1%)
Im Glas präsentiert sich das Bier dunkelbraun mit einem leicht rötlichen Schimmer, der zu strahlen beginnt, wenn ich das Glas vor ein helles Licht halte. Nach vorsichtigem Einschenken wirkt das Bier fast klar – der Hefebodensatz haftet fest am Flaschenboden. Der üppige und beigefarbene Schaum hält allerdings nicht allzu lange. Der Duft ist leicht röstig mit ein paar würzigen Noten und einem ganz entfernten Hauch von Gummi, der sich möglicherweise während des langen Transports entwickelt hat. Der recht weiche Antrunk leitet über zu einem leicht herben, etwas röstigen und an bittere Schokolade erinnernden Eindruck auf der Zunge. Ein paar Malznoten und eine fein viskose Konsistenz runden diesen Eindruck ab und paaren sich mit dezent schokoladigen und röstigen Aromen, die retronasal aufsteigen. Der Abgang ist von der Viskosität dieses Biers geprägt und offeriert eine ganze Weile lang leichte Röstmalznoten.
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