Mitbringsel
sind immer willkommen! (5)

Wenn ich in meiner Stoffeligkeit mal wieder auf dem falschen Fuß erwischt werde …

„Du, ich bin dieses Wochenende in Hannover, hast Du Lust auf ein Treffen? Irgendwo, wo’s gutes Bier gibt?“, tippe ich in mein schlaues Telefon.

Die Antwort des Herrn R. auf meine Frage lässt nicht lange auf sich warten: „In einer halben Stunde? In Hannovers Wohnzimmer?“

Alles klar – dreißig Minuten später sitzen wir in Hannovers Wohnzimmer, schauen auf die zwölf Zapfhähne und überlegen, was wir denn trinken wollen.

„Hm, ich weiß noch nicht, was ich bestellen soll, aber ich weiß, was Du die nächsten Tage mal trinken kannst“, lacht Herr R. und zaubert aus seiner Tasche zwei Flaschen Bier hervor. „Hier! Nimm mit!“

ein Überraschungs-Mitbringsel

Widerspruch zwecklos, auch wenn ich mal wieder so stoffelig bin, dass ich umgekehrt eben nichts dabei habe. Wie peinlich …

Und trotzdem lasse ich mir die beiden Biere jetzt schmecken und mache, wie immer, meine …

Verkostungsnotizen

Funk Soul Brewers – Chop Suey – Whisky Barrel Aged Imperial IPA (10,1%)

So sehr ich kreative Biere schätze, aber was da manchmal zusammenhanglos auf die Etiketten gedruckt wird, geht auf keine Kuhhaut. Vorne steht “Funk Soul Brewers – Chop Suey – Whisky Barrel Aged Imperial IPA”, und damit glaube ich, Brauerei- und Biernamen gelesen zu haben. Etwas weiter rechts steht dann aber „Summit Citra“, und man muss schon sehr tief in der Materie stecken, damit der Groschen fällt, dass dies wohl die beiden verwendeten Hopfensorten sind. Erläutert wird das jedenfalls nicht.

Links auf dem Etikett steht dann „gereift in Marsala vorbelegten Whiskyfässern von Hercynian Distilling Co.“, und es bleibt die Frage offen, ob es Marsala-Fässer waren, in denen dann der Whisky reifte und die dann für das Bier verwendet wurden, oder ob es erst der Whisky und dann der Marsala waren, die in diesem Fass ausgebaut wurden.

Darunter werden dann Jan Pfeiffer und Malte Feldmann und ihre Hildesheimer Braumanufaktur erwähnt. Warum aber „Funk Soul Brewers“ und nicht Hildesheimer Braumanufaktur???

Aber egal. Jetzt zählt erstmal die Sensorik:

Das Bier hat eine dunkelgelbe, fast orange wirkende Farbe, ist kräftig und gleichmäßig trüb und entwickelt für ein fassgereiftes Bier dieses Alkoholstärke recht viel, dezent beigefarbenen Schaum, der in einer hauchdünnen Schicht dann auch recht lange haltbar ist.

Im Duft kämpfen herbe, an Pampelmusen und Zitronenschalen erinnernde Hopfenaromen mit einem sich ein wenig zurückhaltenden Whiskyaroma um die Oberhand. Nach einer Weile des Hinriechens stelle ich fest: Der Hopfen gewinnt. Der Whisky bleibt im Hintergrund.

Der Antrunk ist leicht pfeffrig-scharf, und auf der Zunge zeigt das Bier eine interessante Vielfalt: Einerseits ein kräftiger Malzkörper mit einer gewissen Restsüße. Zum Zweiten eine intensive Hopfenherbe mit retronasal erneuten Zitronenschalen- und Grapefruitaromen. Drittens eine feine pfeffrige Schärfe. Vom Whisky ist nur wenig zu spüren, er wird aber im Abgang etwas prägnanter und deutlicher spürbar. Hier kommen nun ein paar holzige, adstringierende Aromen hinzu, der Whisky zeigt sich, und der Hopfen wechselt von herber Fruchtaromatik hin zu kerniger Bittere.

Eine spannende Kombination und eine kreative Idee, ein so hopfendominantes Bier im vorbelegten Fass auszubauen.

Hildesheimer Braumanufaktur – London Ale (4,5%)

Noch ein Bier aus der Hildesheimer Braumanufaktur, aber diesmal eines, das „konservativ beschriftet“ ist. Auch wenn etwas von „ehrlichem Bier“ erzählt wird (mich hat noch nie ein Bier angelogen, die waren immer ehrlich zu mir …) und von „moderner Vielfalt“ (was angesichts eines sehr traditionellen Bierstils wie dem London Ale doch etwas überrascht …), ist das Etikett doch ansonsten sehr klar, aufgeräumt und sehr informativ.

Und der Inhalt?

Eine mittelbraune Farbe, eine dezente Trübung, nicht übermäßig viel, leicht beigefarbener Schaum. Die Optik ist also schon mal in Ordnung.

Beim Duft scheiden sich die Geister. Während ich getrocknete Aprikosen und etwas Karamell rieche, spricht meine Frau von Haselnüssen und schwarzen Johannisbeeren. Wie aufregend, diese unterschiedliche Wahrnehmung.

Beim Geschmack sind wir uns dann aber wieder einig: Ein leicht scharfer Antrunk; eine würzige, etwas an Gewürznelken und Kardamom erinnernde Aromatik auf der Zunge und retronasal, dazu eine dezent röstige und durchaus ausgeprägte Bittere, die besonders nach dem Schluck schön in den Vordergrund tritt, aber nicht zu dominant wird, sondern sich mit den ebenfalls gut spürbaren Keksaromen des Malzes harmonisch verbindet.

Für ein gerade mal 4,5%iges Bier sehr komplex und sehr aromatisch.

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