Der Tag der offenen Flasche. Immer am ersten Freitag im Monat.
Ist es wirklich schon wieder ein Vierteljahr her, dass ich auf dem letzten Tag der offenen Flasche war? Puh, wie die Zeit verfliegt …
Es ist aber auch schwierig, denn seit zwei Monaten habe ich 899 km zwischen Arbeitsplatz und Wohnung, und da ist es nur im Ausnamefall möglich, am Freitagabend schon im süddeutschen Raum zu sein. Aber heute, da hat es ja geklappt.
Mich freut es ganz besonders, weil David Hertl von der Braumanufaktur Hertl heute mit seinen Bieren zu Gast ist, und wer David kennt, der weiß, dass es dann immer lustig wird. Wie hat Jens W. es in den sozialen Medien beschrieben? Im Duden wird der Begriff „Rampensau“ zu Erläuterung mit Davids Foto ergänzt.
fünf Hertl-Biere – er braut neuerdings auch für Eichhorn in Forchheim
Er macht seinem Image alle Ehre – schon bevor wir richtig im Laden drin sind, hören wir seine laute und unverkennbare Lache aus dem winzigen Zapfraum schallen. Augenblicke später quetschen wir uns ebenfalls in das kleine Kämmerchen und lassen uns von ihm erstmal einen Tester mit den fünf Bieren zapfen, die er dabei hat. Er haut mir noch fröhlich auf die Schulter, so dass die Hälfte des Biers gleich wieder rausschwappt: „Bis gleich. Lass es Dir schmecken!“
Gemeinsam mit meiner holden Ehefrau suchen wir uns ein Plätzchen im völlig ausreservierten Wohnzimmer. Ein Tisch, an den locker vier, fünf Leute Platz finden, ist nur für zwei reserviert, da können wir uns noch dazusetzen. Schön!
Ich schaue mir die fünf Biere an. Zwei alte Bekannte, zwei neue, und eines stammt aus der Eichhorn-Brauerei aus Forchheim, die David vor ein paar Monaten gepachtet und damit vor der Schließung und dem Ausschlachten gerettet hat.
Auf geht’s also, ich probiere mich durch das Angebot. Beim dritten Bier angekommen, setzt sich David zu uns. „So, jetzt haben erstmal alle ihr Bier, und ich kann jetzt auch was trinken. Erzähl mal, wie geht es Euch?“ Wir erzählen, albern herum und trinken nebenbei weiter.
Nach ein paar Minuten springt David aber schon wieder auf – er hat Hummeln im Hintern, ihn hält es nie lang an einem Tisch. Meine holde Ehefrau und ich bleiben aber erst noch faul sitzen und stellen fest: „Verdammt! Bier Nummer 3 vergessen, zu fotografieren, und jetzt ist das Glas alle …“
Ich schnappe mir das leere Glas, gehe rüber zur Zapfanlage und erkläre David, dass er dran schuld sei, er habe einfach zu viel mit uns herumgealbert. „So kann man sich natürlich auch ein Extra-Glas abstauben“, lacht er, füllt aber „für’s Foto“ doch noch mal ein Glas mit dem exzellenten Festbier. Die Bild-Dokumentation ist gerettet, und der Gesamtübersicht steht nun nichts mehr im Weg:
- Opaʼs Liebling – Das Kellerbier (****) 4,8%
- Muttiʼs Sonnenschein – Die Helle (****) 4,9%
- Eichhorn – Festbier (****) 5,7%
- Grünhopfen Pale Ale (**) 5,3%
- Omaʼs Betthupferl – Die Starke – Helles Bockbier (**) 6,5%
Meine holde Ehefrau, die nach einer kleinen Kiefer-OP Antibiotika schlucken muss und deswegen nichts trinken darf, testet zwei interessante Alkoholfreie aus – und zwar die Freedl-Biere der Südtiroler Brauerei Pfefferlechner. Während das Freedl Classic mit seinem intensiv getreidigen Geschmack nichts Besonderes ist, gefällt das Calma, das mit Basilikum gewürzt ist, sehr gut. Mal ein völlig anderes Alkoholfreies.
zwei Alkoholfreie vom Pfefferlechner
So, nachdem das „Pflichtprogramm“ durch ist, beginnt nun die Kür, und ich streife durch die beiden begehbaren Kühlräume. Zu stark im Alkohol darf es heute nicht sein – ich bin heute Nacht erst mit dem Nachtzug angekommen und leide an viel zu wenig Schlaf. Da kommt das Session IPA vom Hopfenstopfer gerade recht: „March of Time“ heißt es, und mit gerade mal 4,5% Alkohol ist es ein Bier, von dem ich jetzt problemlos eine Flasche gegen den Durst trinken kann. Hervorragend gelungen ist es obendrein – herrliche Fruchtnoten, eine feine, aber nicht zu dominante Bittere und eine überragende Durchtrinkbarkeit. Klasse!
Um uns herum wird die Stimmung immer besser. David erzählt spannende Geschichten, das Bier fließt, und hinten fängt jetzt eine der vielen Bands, die den Keller unter dem KommproBier-Laden als Übungsraum nutzen dürfen, Musik zu machen.
David verbreitet wie immer gute Laune
Noch ein weiteres Mal komme ich aus den Kühlräumen mit einem verhältnismäßig leichten Bier zurück, diesmal mit „Urania“, einem Oatmeal Stout der italienischen Brauerei Ventitré, 23. Schön komplex ist es, mit sehr angenehmen Mokka- und Bitterschokolade-Aromen. Der Hafer bringt eine leichte Seidigkeit rein, und es fällt überhaupt nicht auf, dass dieses Bier gerade mal 6,0% Alkohol hat. Die Aromenkomplexität könnte da durchaus mehr vortäuschen. Sehr fein!
Noch eine Handvoll weitere Biere dieser Brauerei stehen im Kühlraum, aber für heute ist es genug – mir fallen leider schon fast die Augen zu. Es reicht.
Hopfenstopfer – March of Time; Ventitré – Urania; FrauGruber – Close up Double IPA
Wir stehen auf und wollen zur Kasse, da kommt David noch einmal vorbei. „Nee, so einfach kommt Ihr mir nicht davon“, heißt es, und er drückt mir ein Glas in die Hand. Das „Close up“, ein Double India Pale Ale von FrauGruber. Da komme ich also doch noch zu etwas Hochprozentigem, ganz gegen meine Absicht, den dieses DIPA hat immerhin 8,1% Alkohol. Und es schmeckt, insofern freue ich mich, dass David mich noch zu diesem einen Schlürschluck „genötigt“ hat. Viele harzige und fruchtige Hopfenaromen, eine schöner Malzkörper, eine kernige Bittere – es ist ein sehr gelungenes Bier. Nicht einfach nur nach der Formel „viel hilft viel“ zusammengestoppelt.
es herrscht noch beste Stimmung
Ein schöner Abschluss eines schönen Abends. Im Wohnzimmer herrscht noch beste Stimmung. Die Musik spielt noch, die Leute singen mit, und die Bierflaschen mit den spannendsten Kreationen kreisen. Und so freuen wir uns schon auf das nächste Mal – dann vielleicht mit etwas mehr Durchhaltevermögen.
Tag der offenen Flasche – 2. Dezember 2022
KommproBier
Mühlstraße 28
88 085 Langenargen
Baden-Württemberg
Deutschland
Als David noch eine Incognita ausserhalb von Bamberg war, haben Martin Dambach und ich ihn mal besucht und die ganze Rampensaufamilie erlebt. Es war so herzlich, dass ich schon ueberlegte, ob ich doch mal sicherheitshalber auf die naechste Kiefer klettere. Aussergewoehnlich, diese Hertels!
Ach ja, Esther, damals …
Aber es stimmt, ich habe es schon mehrfach gehört: Die Familie ist in ihrer Herzlichkeit und Gastfreundschaft sehr vereinnahmend. Gibt es ja auch nicht mehr oft.
Mit bestem Gruß,
VQ