Kolumne:
Bierige Bemerkungen
vom Brunnenbräu

Jeder Bierliebhaber hat in seinem Freundeskreis Menschen, die jetzt im Winter kein Bier trinken. Ihr doch auch?

„Im Sommer als Erfrischung ja“, heißt es dann, „aber ein eiskaltes Bier im Winter? Da trinke ich doch lieber einen aromatischen und temperierten Rotwein oder einen wärmenden Cognac!“

Wenn diese Freunde doch nur wüssten, was sie verpassen! Nicht umsonst gibt es im englischen Sprachraum den Begriff des „Winter Warmer“. Der steht für alkoholstarke, vollmundige und aromaschwere Biere.

Wie dunkle Doppelböcke zum Beispiel, die mit ihrem kräftigen Malzkörper und ihrer Süße nach einem Tag draußen im Schnee wieder Kraft geben und die Lebensgeister wecken.

Vielleicht darf es auch ein englischer Barley Wine sein? Ebenfalls dunkel und malzig süß, aber – wenn nicht zu kalt getrunken – auch fruchtig und aromatisch. Ein Bier, um es sich am Abend vor dem Kachelofen im bequemen Sessel gemütlich zu machen und den Tag ausklingen zu lassen.

Noch näher am Rotwein und dessen intensiver Komplexität wäre ein belgisches Quadrupel. Stilecht aus einer Flasche mit Naturkorken in einen weiten Pokal eingeschenkt, betört es mit Aromen von getrockneten Pflaumen, Rumtopf und dunklen Waldfrüchten über einem wuchtigen Körper.

Sind die Freunde immer noch nicht überzeugt? Dann verkosten wir mit ihnen doch mal einen Eisbock – ein Bockbier, aus dem das Wasser ausgefroren und entfernt wird. Übrig bleibt die Essenz des Bieres: Aromastoffe und Alkohol pur. Diese Biere wärmen nicht nur von innen, sondern manche bilden, wenn man sie im bauchigen Glas schwenkt, sogar feine, ölige Schlieren wie ein Weinbrand.

Selbst für die Whiskyliebhaber gibt es Spannendes: Ein Imperial Stout, das monate-, vielleicht sogar jahrelang in einem Whiskyfass gelagert wurde, kann mit ebenso rauchigen und torfigen Aromen überzeugen wie ein echter schottischer Whisky. Ähnliches geht übrigens auch mit Cognac-, Tequila- oder Calvados-Fässern, allerdings nimmt man da statt eines Stout lieber einen hellen Doppelbock, der die Aromen der Spirituosen harmonisch aufnimmt.

Herausforderung angenommen? Wollen wir mal versuchen, unsere Freunde zu bekehren und ihnen Bier auch im Winter schmackhaft zu machen?

Gerne und ganz besonders auch mit einem Selbstgebrauten oder … einem selbstgemachten Eisbock: Einfach einen Liter süßlich-malziges Bockbier in einer anderthalb Liter PET-Flasche im Tiefkühlfach einfrieren, am nächsten Tag die PET-Flasche herausnehmen, öffnen und kopfüber in einen Masskrug stellen. Innerhalb von zwanzig Minuten rinnt die aromatische Essenz des Biers aus der Flasche. 150 bis 200 ml bester Eisbock. Ein Genuss auf halben Wege zwischen besonders starkem Bockbier und sämigem Bierlikör.

Sehr zum Wohl!

Dieser Text ist im Januar 2023 im Kundenmagazin „Brauerlebnis – Das Magazin für Hobbybrauer“ von Hopfen und mehr erschienen.

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