Bellfield Brewery
Edinburgh
GBR

Es begann im Jahr 2014, als Alistair Brown von seinem Arzt die Diagnose Zöliakie bekam – Glutenunverträglichkeit. Fortan musste er alle Produkte meiden, die Gluten, also Klebereiweiße, enthalten. Und das umfasst so ziemlich alle Produkte aus unseren heimischen Getreidearten. Normales Brot, Nudeln, Pizza, Kuchen – überall stecken Weizen, Gerste oder Roggen und deren Eiweiße drin.

Leider eben auch im Bier.

Nun ist Alistair nicht der einzige, der unter dieser Krankheit leidet, daher gibt es auch schon ein gewisses Angebot an glutenfreien Bieren. Oft aus besonderen Zerealien gebraut, aus Hirse zum Beispiel. Aber geschmacklich sind die meist weit vom „normalen“ Biergeschmack entfernt.

Alistair Brown tat sich mit Giselle Dye zusammen, deren Ehemann ebenfalls Zöliakie hat, und gründete kurzerhand eine eigene Brauerei, die sich ausschließlich auf glutenfreie Biere spezialisieren sollte – und zwar auf welche, die auch schmecken. Die Bellfield Brewery war geboren.

die Bellfield Brewery

Vor eben dieser stehen wir jetzt. Ein paar Minuten mit dem Bus plus ein paar Minuten zu Fuß haben uns hierher gebracht.

Das Gebäude könnte simpler nicht sein. Eine einfache Halle. Vier Ziegelwände, Dach drauf, fertig. Keine Zwischendecken oder Wände. Trotzdem ist es der Brauerei gelungen, dem Taproom eine schöne Atmosphäre einzuhauchen. Bunte Deko, simple Zwischenwände aus Pappmaché und Spucke, eine kleine Theke mit einer Reihe von Zapfhähnen und in einem abgetrennten, winzigen Raum Platz für eine Pop-up Küche. Hier kann, wer immer will, den Küchenbetrieb übernehmen und für die Gäste Essen zum Bier anbieten – wirtschaftlich vom Brauereibetrieb getrennt, und immer mal wieder jemand anderes. Ein nettes Konzept.

die bunte Deko macht den simplen Taproom gemütlich

Ich gehe trotzdem mit gewissen Vorbehalten auf die Theke zu. Glutenfreies Bier? Alles, was ich diesbezüglich getrunken habe, wirkte süßlich, blumig, parfümiert. Und jetzt gleich eine ganze Brauerei nur mit glutenfreiem Bier? Skeptisch blicke ich auf die Bierkarte.

Die Biere, die angeboten werden, decken alle üblichen Stile ab. Lager, IPA, Weißbier, Gose, Wiener Lager, … Da müsste eigentlich jeder auf seinen Geschmack kommen können. Wenn es denn schmeckt …

Ach, ich werfe alle meine Vorurteile über Bord, und los geht’s.

„Ein Tasting-Set hätte ich gerne, und zwar … äh … am besten von links nach rechts, ich nehme nämlich bestimmt gleich noch einen …“

Die Barfrau grinst, und Augenblicke später nehme ich mit vier Gläsern an meinem Tisch Platz. – Beziehungsweise mit fünf, den meine holde Ehefrau bittet ganz mutig um ein normal großes Glas vom Craft Lager.

Minimalismus pur

Gespannt nehmen wir die ersten Schlucke und … nichts! Jedenfalls nichts Besonderes. Die Biere sind mal besser, mal schlechter, sind abwechslungsreich, malzig, hopfig, süß, bitter, fruchtig oder blumig. Aber eines sind sie nicht: Typisch glutenfrei. Würden wir es nicht wissen, würden wir es nicht merken. So einfach ist das.

Das 5,2%ige Craft Lager, das 5,6%ige Jex-Blake Eclipse IPA, das 4,2%ige Three River Pils, das 5.4%ige Radical Shift IPL und das 4,3%ige Vienna Session Lager – alles sind grundsolide Biere mit „ganz normalem“ Geschmack. Fein!

Die Barfrau grinst, als ich mir die nächsten vier Biere hole. Ohne Bestellung. Ich stelle mich einfach an die Bar, und sie zapft weiter von links nach rechts.

In der winzigen Küche werkelt derweil ein junger Mann von Guisados, einem Imbiss aus Leith, und produziert schmackhafte mexikanische Fladen, die ganz vorzüglich zu den Bellfield-Bieren passen.

heute gibt es mexikanische Fladen von Guisados

Ring frei also zur zweiten Verkostungsrunde, diesmal nicht mehr auf nüchternen Magen: Das 4,1%ige Weiss City ist ein bisschen muffig, aber das 5,4%ige Joppa Juice IPA, das 4,9%ige Square Gose Passionfruit Sour und das 4,5%ige Lawless Village IPA schmecken prima.

Neun glutenfreie Biere am Stück – das habe ich so auch noch nicht gehabt. Einerseits eine völlig neue Erfahrung, andererseits eine ganz normal schmeckende Bierprobe.

neun glutenfreie Biere

All das in ansprechender Atmosphäre, mit netten Menschen im Service und – leider! – ohne Chance, einmal einen Blick in das Sudhaus zu werfen. Alles zu, alles verschlossen. Keiner da, der den Schlüssel hätte.

Auch der Biergarten, den wir jetzt erst in seiner ganzen Größe registrieren, ist hübsch, und hier wird es am Abend mit Sicherheit noch urgemütlich.

Schön hier!

Der 2019 eröffnete Taproom der Bellfield Brewery und der ein Jahr später hinzugekommene Biergarten sind mittwochs bis freitags ab 14:30 Uhr und sonnabends und sonntags ab 12:00 Uhr durchgehend geöffnet; montags und dienstags ist zu. Man fährt mit dem Bus bis zur Station Abbeyhill (gefühlt fahren da „fast alle“ Linien vorbei) und geht dann noch etwa dreihundert Meter zu Fuß in Richtung Osten.

Bildergalerie

Bellfield Brewery
46 Stanley Place
Edinburgh EH7 5TB
Schottland
Großbritannien

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