Wir wollten immer schon mal nach Südtirol …
… und jedes Mal wieder kam uns etwas dazwischen.
Stattdessen war unser guter Freund, der Biersommelier Frank Di Marco, mit seiner holden Ehefrau Claudia dort und hat an uns gedacht!
Nur wenige Wochen nach seinem Frühjahrsurlaub dort besuchen wir ihn aus Anlass einer Lesung aus dem neuesten Bierkrimi von Thomas Lang, und freudestrahlend drückt er uns fünf Flaschen Südtiroler Kreativbier in die Hand – vom einfachen Alkoholfreien bis zum edel im Lagreinfass gereiften Barleywine. Wow, das wird eine schöne Verkostung. Juhuu!
Verkostungsnotizen
Mendelbier – Barleywine – 7 Monate im Lagreinfass gereift; Mendelbier – Pale Ale; Pfefferlechner – Pfeffer Pale Ale
Mendelbier – Barleywine – 7 Monate im Lagreinfass gereift (11,5%)
Nachdem ich eine Weile lang an dem Wachsverschluss herumgepopelt habe, bin ich endlich so weit, dass ich den simplen Weinkorken mit dem Korkenzieher aus der Flasche ziehen kann. Warum das Bier so aufwändig verschlossen und versiegelt werden muss, wenn es doch sowieso nur ein Mindesthaltbarkeitsdatum gerade mal vier Monate in der Zukunft hat, will mir nicht in den Kopf. Ärgerlich!
Jetzt aber schenke ich ein und freue mich an der dunklen Kupferfarbe, an der ziemlichen Klarheit (nur ein ganz leichtes Opalisieren ist zu sehen) und an dem rötlich-beigen Schaum, der allerdings nicht allzu lange hält.
Der Duft ist angenehm und erinnert an frisch gepflückte, überreife Zwetschgen und an fast schwarze Kirschen.
Der etwas alkoholisch wirkende Antrunk transportiert diese Aromen auf die Zunge, von wo sie retronasal noch einen Ticken deutlicher werden. Ein bisschen roter Wein schwebt im Hintergrund ebenfalls mit, und eine ganz dezente Holznote mit einem Hauch von Vanille. Bittere ist eigentlich gar nicht zu spüren – Hopfen wurde hier wohl nur in homöopathischer Dosierung eingesetzt.
Im Abgang bekommt das Bier einen noch weinigeren Charakter, und es wird ein kleines bisschen spritig-alkoholisch, allerdings auf angenehm wärmende Art.
Mendelbier – Pale Ale (5,4%)
Nach dem in mehrerlei Hinsicht aufwändigen Barleywine nun ein „simples“ Pale Ale. Goldgelb und fast so klar, als sei es filtriert, steht es im Glas und wird gekrönt von einem feinporigen und sehr festen, schneeweißen Schaum.
Der Duft wird geprägt von Mangonoten und ein paar Ananasakzenten im Hintergrund.
Der Antrunk ist leicht pfeffrig scharf, und auf der Zunge fällt eine recht hohe Spundung auf. Nachdem das erste Aufschäumen auf der Zunge vorbei ist, machen sich süße und estrige Aromen breit, die nur zaghaft von Hopfenbittere begleitet werden. Auch eine feine Rest-Malzsüße ist zu spüren. Retronasal kommen erneut die Mangoaromen zur Geltung, und auch die Ananas findet sich wieder ein.
Der Abgang ist für ein Pale Ale erstaunlich wenig bitter – da fehlt etwas. Stattdessen „dampfen“ die fruchtig-estrigen Aromen nachhaltig aus.
Ein schönes Bier, aber für ein Pale Ale fehlt ihm der Alphasäuren-Wumms.
Pfefferlechner – Pfeffer Pale Ale (5,0%)
Das Bier hat eine kräftige, fast schon orangene Farbe, ist gleichmäßig trüb und trägt eine üppige, leicht gelblichweiße Schaumkrone, die sehr lange hält.
Der Duft ist zurückhaltend – lediglich ein paar dezente Pfirsicharomen erspüre ich neben einer eher neutralen, heuartigen Hopfennote.
Der Antrunk ist frisch, leicht pfeffrig, und auf der Zunge zeigen sich sowohl eine zurückhaltende Rest-Malzsüße als auch eine kräftige, aber nicht zu dominante Hopfenbittere, die sich gut vertragen und gegenseitig ergänzen. Retronasal kommen angenehme, herb-fruchtige Noten hervor, die an Pampelmusenschalen und Pfirsiche erinnern. Schön!
Im Abgang wird die Bittere zum prägenden sensorischen Eindruck – die retronasalen Aromen verblassen nach und nach, und es bleibt eine spürbare Herbe mit trockenen Schleimhäuten.
Pfefferlechner – Pfeffer Holz; Pfefferlechner – Freedl classic
Pfefferlechner – Pfeffer Holz (6,7%)
Das Bier ist ganz dunkelbraun, nur mit Mühe kann ich erkennen, dass es auch trüb ist. Es trägt einen recht üppigen, bräunlich-beige-farbenen Schaum, der aber nicht lange hält und zerfällt, ohne auch nur die kleinsten Reste zu hinterlassen. Das Bier sieht dann aus wie eine Cola …
Der Geruch ist ganz dezent röstig, hat ein paar deutliche Kakaoaromen und eine holzige, leicht vanillige Note.
Der Antrunk ist weich und spielt dezent mit einem Hauch von Säure, der aber so rasch wieder verfliegt, dass ich ihn auf der Zunge kaum noch wahrnehme. Dort spüre ich stattdessen einen runden, süßlichen Malzkörper mit Schokoladen- und Kakaonoten und holzigen retronasalen Aromen. Die Bittere ist nur schwach ausgeprägt, und trotz der Holzaromen bleibt auch ein adstringierender Effekt fast völlig aus.
Nach dem Schluck erringen die Holzaromen die Oberhand über den Kakao und bestimmen den Abgang – ohne jedoch zu dominant zu werden. Alles bleibt harmonisch und ausbalanciert, und die Tatsache, dass ganz zum Schluss auch die vanilligen Noten noch einmal gut zu spüren sind, trägt zu dieser empfundenen Harmonie sicherlich bei.
Pfefferlechner – Freedl classic (<0,5%)
Das Bier hat eine strohgelbe Farbe, ist klar und entwickelt einen feinen, kremigen und schneeweißen Schaum, der sehr lange hält und schöne Trinkränder hinterlässt.
Der Duft ist süßlich und erinnert an ein reifes Getreidefeld in der Sonne.
Dem frischen Antrunk folgt ein süßlicher, getreidiger Eindruck auf der Zunge, der sich auch nach dem Schluck im Rachen fortsetzt. Retronasal spüre ich erneut das Getreidefeld, und nach Hopfennoten oder einer nennenswerten Hopfenherbe fahnde ich vergeblich.
Be the first to comment