100 Jahre
Farny Kristall-Weizen

Ein zwischendurch fast ausgestorbener Bierstil feiert sich

Kristall-Weizen? Man könnte meinen, dieser Bierstil sei fast ausgestorben. Im normalen Getränkemarkt findet man ihn fast gar nicht – dort ist das Angebot dominiert von den Fernsehbieren und Produkten großer, überregionaler Brauereien, deren Betriebswirte über einen Nischenstil wie Kristall-Weizen nur abschätzig lächeln und die Nase rümpfen.

Aber auch im Spezialbiergeschäft oder Craft Beer Shop findet man Kristall-Weizen nur selten – in den Kreisen der Hipster und Craftbier-Liebhaber gilt der Stil als altbacken und überkommen.

Schön, wenn dann gar nicht weit vom eigenen Wohnort eine Brauerei liegt, die diesen Bierstil nicht nur im Angebot hat, sondern sich sogar damit rühmt, ihn erfunden zu haben: Die Edelweissbrauerei Farny in der Nähe von Kißlegg. Hier, in dieser Brauerei hat sich nämlich ein Brief gefunden, in dem Oskar Farny am 11. Juli 1924 anlässlich des Hochzeitstages an seine Frau davon schrieb, dass er am Vortage „115 Kisten Weizen, die erste Flasche bis zur letzten glanzhell, abgefüllt“ habe.

Glanzhelles Weizen? Also blank gefiltertes Weizen? Es war seinerzeit wohl eine völlig neue Idee, und so gilt der 10. Juli 1924 als der Geburtstag eines Stils, der viele Jahrzehnte lang als Champagnerweizen oder Champagnerweisse beworben wurde – so lange, bis die Champagnerhersteller sich erfolgreich die Verwendung der regionalen Herkunftsbezeichnung wehrten und der Bierstil fortan Kristallweizen genannt wurde.

Die hundert Jahre sind heute, am 13. März 2024, noch nicht ganz rum, aber dennoch begeht die Edelweissbrauerei Farny das Hundertjährige dieses Bierstils mit einer Pressekonferenz und einem anschließenden Brauereirundgang mit Verkostung.

Kristall-Weizen-Genuss im Hofgut Farny

Aufgrund anderweitiger – brotberuflicher – Verpflichtungen kann ich an dem Pressetermin leider nicht teilnehmen, und so bleibt mir nichts anderes übrig, als das Jubiläum aus der Ferne mitzufeiern, die Pressemitteilung der Brauerei (siehe unten) und das dazugehörige Bildmaterial zu veröffentlichen und mich daran zu erinnern, wie ich vor anderthalb Jahren letztmalig im Hofgut Farny eingekehrt bin und das Farny Kristall-Weizen vor Ort genossen habe.

Bildergalerie (Fotocredit: Edelweissbrauerei Farny)

Pressemitteilung

Edelweissbrauerei Farny feiert 100 Jahre Kristall-Weizen

Die Bierspezialität ist heute die absatzstärkste Biersorte der Brauerei

Glanzhell und fein moussierend wie Champagner – so charakterisierten die Fachleute das neue Bier, das von der Edelweissbrauerei Farny auf dem Dürren, zwischen Kißlegg und Wangen, entwickelt wurde. Die Erfolgsgeschichte des Kristall-Weizens begann nach dem Ersten Weltkrieg im Jahr 1924. Farny feiert das 100jährige Jubiläum in diesem Jahr mit einem großen Brauereifest und anderen Veranstaltungen.

Anfang 1920 wurden in der Region hauptsächlich hefetrübe Braun- und Schwarzbiere gebraut. Braumeister Wilhelm Zeitler suchte nach einer Möglichkeit, der durch den Krieg sehr mitgenommenen Brauerei zu einem neuen Erfolg zu verhelfen. Die Chance sah er in einem Bier, das spritziger und frischer sein sollte als die gängigen, malzlastigen Biere. Mit dem Segen des Brauereibesitzers Oskar Farny begann er zu experimentieren. Tatsächlich gelang es ihm, ein Weizenbier zu brauen, das vollkommen hefefrei und glanzhell in der Farbe war. Das genaue Datum war lange Zeit unbekannt. Dr. Jörg Leist, Altbürgermeister von Wangen und Vorstand der Oskar und Elisabeth Farny-Stiftung, entdeckte beim Sichten von Unterlagen einen Brief Oskar Farnys an seine Frau anlässlich des siebten Hochzeitstages. Darin stand als Nachsatz: „Gestern haben wir 115 Kisten Weizen, die erste Flasche bis zur letzten glanzhell, abgefüllt.“ Der Brief trägt das Datum vom 11. Juli 1924. Da es kein älteres Dokument gibt, können der 10. Juli 1924 als Geburtstag des Kristall-Weizens und Farny als Erfinder dieser Bierspezialität gelten.

Champagner der Biere

Farny stellte das neue Bier an der Universität Weihenstephan vor. Die Professoren testierten: „Es handelt sich um ein ganz besonderes Bier, glanzhell in der Farbe und fein moussierend wie Champagner“. Das gab den Anstoß für den Namen Champagner-Weizen, und Farny nannte sich in der Werbung „Älteste deutsche Champagner Weizenbier-Brauerei“. Seit den 60er Jahren durfte dann die Bezeichnung Champagner nur noch für die Produkte aus der französischen Champagne verwendet werden. Aus dem Champagner-Weizen wurde Kristall-Weizen.

Die Weißbierbrauereien der Zeit nahmen die Erfindung der neuen Biersorte zunächst nicht ernst. Ein Weizen ohne Hefe werde sich nicht durchsetzen, glaubten sie. Tatsächlich kam das glanzhelle Weizen bei den Biertrinkern bestens an. Heute macht das Farny Kristall-Weizen rund 40% der Produktion der Edelweissbrauerei Farny aus. Als einzige Brauerei braut Farny auch eine leichte Variante und bietet das Kristall-Weizen auch unter dem Namen  „Pfiff“ in der kleinen 0,33-l-Flasche an.

Farny heute – Tradition und Moderne

Das Hofgut Farny auf dem Dürren zwischen Kißlegg und Wangen ist die Heimat der Edelweissbrauerei Farny, der ältesten und größten Brauerei im Landkreis Ravensburg und einer der erfolgreichsten und modernsten in der Region.

Im Jahr 1833 erteilte die Königlich-Württembergische Regierung des Kreises Ulm Konrad Kugel, Gastwirt und Besitzer des Hofguts auf dem Dürren, die Genehmigung zur Errichtung „einer dinglichen Brauerei“. 1856 kamen Brauerei und Hofgut durch Einheirat in den Besitz der Familie Farny. Heute ist beides im Besitz der 1983 gegründeten gemeinnützigen Oskar und Elisabeth Farny-Stiftung. Neben dem Hofgut Farny und der Brauerei beschäftigt sich die Stiftung mit rund 250 ha Land- und Forstwirtschaft, Jagd- und Fischereirechten, einem Weinberg am Kaiserstuhl und drei Alpen auf der Nagelfluhkette. Stiftungsbegünstigt sind neben der Universität Hohenheim die Kirchengemeinde Ratzenried, die Ortschaft Kißlegg-Waltershofen sowie unverschuldet in Not geratene Menschen aus Waltershofen und Ratzenried.

Die Brauerei legt traditionell Wert auf Nachhaltigkeit. Neben einem zertifizierten Qualitätsmanagement ist seit Jahrzehnten ein zertifiziertes Umweltmanagement im Unternehmen etabliert. Durch nachhaltiges Wirtschaften und Investieren in hochmoderne Technik konnte der Verbrauch von Ressourcen wie Energie und Wasser in den letzten Jahren deutlich reduziert werden.

Innerhalb von 30 Jahren wurden weit über 25 Mio. Euro in die bauliche und technische, umweltgerechte und ressourcenschonende Modernisierung der Brauerei investiert. Das macht die Edelweissbrauerei Farny zu einer der modernsten Brauereien in Süddeutschland.

Mit 55 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, davon regelmäßig zwischen bis zu fünf Auszubildende, erreicht die Brauerei einen Ausstoß von rund 100.000 Hektolitern im Jahr.

In der Region Westallgäu-Bodensee-Oberschwaben ist Farny Marktführer für Weizenbiere. Mit ihren Bieren ist die Brauerei in mehr als 500 Gastronomiebetrieben und 350 Verkaufsstellen in Süddeutschland vertreten.

Destillerie und Hofgut-Hotel

Im Jahr 2015 hat die Edelweissbrauerei Farny eine weitere Tradition wieder aufgegriffen: die Produktion hochprozentiger Brände. Die ersten Brennrechte auf dem Dürren gehen bis ins 18. Jahrhundert zurück. Aber die große Nachfrage nach Bier ließ wenig Zeit für Hochprozentiges und dieser Zweig schlief wieder ein. Im Zuge des Whisky-Booms gab Brauereichef Elmar Bentele 2015 seinen Braumeistern das Okay für einen Neustart der Brennerei. Im alten Sudhaus, das nach dem Bau des neuen frei geworden war, wurden die Anlagen der Brennerei installiert. Nacheinander kamen der Alpenglüher, der Farny Bierbrand, der Falken Single Malt Whisky und der Farny Alpen-Gin auf den Markt, die sich inzwischen mit einer Reihe von Auszeichnungen schmücken können.

Die Sanierung der ehemaligen Brauereigaststätte auf dem Dürren und ihre Ergänzung durch ein Hotel gehen auf einen Beschluss des Stiftungsrats aus dem Jahr 2014 zurück. Nach der Eröffnung zunächst verpachtet, gingen Brauereiwirtschaft und Hotel kurz darauf in die Obhut der Brauerei über. Das Hofgut machte sich in den folgenden Jahren als Tagungshotel und Veranstaltungsort sowie als Treffpunkt und Ausflugsziel in der Region einen Namen. Es profitiert dabei von seiner ebenso verkehrsgünstigen wie malerischen Lage an der Argen und dem einmaligen Ensemble, das eine eigene kleine Kapelle, einen großen Biergarten und einen Abenteuerspielplatz für Kinder einschließt. Im Sommer letzten Jahres wurde die Zimmerkapazität durch einen Anbau erweitert, der auch den neuen Wellnessbereich auf dem Dach mit Dampfbad und Saunen sowie einer großen geschützten Terrasse umfasst. Zusammen stehen im Neubau und Gutshof 53 Zimmer für rund 100 Gäste zur Verfügung.

Bildergalerie (Fotocredit: Edelweissbrauerei Farny)

Die Edelweissbrauerei Farny

Zahlen und Fakten

Mitarbeiterzahl Brauerei
Mitarbeiter Hofgut Farny
Auszubildende
Jahresumsatz 2023
Ausstoß 2023
Absatzgebiet

Export
Zertifikate

50
25
6
14 Mio. EUR
100.000 Hektoliter
Allgäu/Bodensee/Oberschwaben,
aber auch Ulm und Stuttgart
Österreich und Italien
Qualitätsmanagement DIN EN ISO 9001:2015
Umweltmanagement DIN EN ISO 14001:2015

Sortiment Brauerei

Weizenbiere 
FARNY Kristall-Weizen
FARNY Kristall-Weizen leicht
FARNY Kristall Pfiff
FARNY Hefe-Weizen
FARNY Hefe-Weizen leicht
FARNY Alt-Dürrener Weiße
FARNY Hefe-Weizen Alkoholfrei

Untergärige Biere
FARNY Helles 1833
FARNY Hofgutsbier
Oskar Farny Pils
Humpis Original Zwickl

Saisonal
FARNY Winterbier
Maskulator Bockbier

Sortiment Destillerie
FARNY Falken Single Malt Whisky
FARNY Alpen-GIN
FARNY Alpenglüher
FARNY Alt-Dürrener Bierbrand

Ein Blick in die Vergangenheit

1833
Konrad Kugel gründet die Brauerei auf dem Hofgut Dürren.

1856
Das Hofgut kommt durch die Heirat von Bibiane Kugel und Eustach Farny in den Besitz der Familie Farny.

1919
Oskar und Elisabeth Farny übernehmen die Brauerei Farny.

1924
In einem handschriftlichen Brief schreibt Oskar Farny an seine Frau Elisabeth: „Gestern haben wir 115 Kisten Weizen, die erste Flasche bis zur letzten glanzhell, abgefüllt!“ Datiert ist der Brief vom 11.07.1924. Somit haben wir ein ganz genaues Geburtsdatum für unseren geliebten Farny Kristall-Weizen. Da niemand ein älteres Dokument aufweisen kann, dürfen wir uns stolz als die Erfinder des Kristallweizens bezeichnen.

1926
In einem Testat der Königlich Bayrischen Akademie für Landwirtschaft und Brauerei Weihenstephan heißt es: „Es handelt sich um ein ganz besonderes Bier, welches fein moussiert wie Champagner.“ Ein neuer Name für eine ganze Biergattung war geboren, das sogenannte Champagner-Weizen. Nach EU-Recht darf das Kristall-Weizen seit den 60-er Jahren nicht mehr Champagner-Weizen genannt werden. Heute noch ist das „FARNY Kristall-Weizen“ mit rund 40 % Anteil die stärkste Biermarke und wird unverändert nach dem speziellen „Farny Brauverfahren“ gebraut.

1983
Das Ehepaar Oskar und Elisabeth Farny entschied sich, die gemeinnützige Oskar und Elisabeth Farny-Stiftung zu gründen. Die Stiftung beschäftigt sich heute mit ca. 250 ha Forst- und Landwirtschaft, mit Jagd- und Fischereirechten, einem kleinen Weinberg am Kaiserstuhl, einer Vermögensverwaltung und natürlich mit der Edelweissbrauerei Farny. Zweck der Stiftung ist die Förderung der Universität Hohenheim, der Kirchengemeinde Ratzenried, der Ortschaft Waltershofen und die Unterstützung bedürftiger Personen in diesen Ortschaften.

Bildergalerie (Fotocredit: Edelweissbrauerei Farny)

2 Kommentare

  1. Da geht mir das Herz auf. Eine tolle Laudatio auf einen besonderen Geburtstag. Danke. Leider führt das Kristallweizen inzwischen wirklich ein Nischendasein, dass man es im Getränkemarkt kaum mehr findet. Von Fassbier wollen wir gar nicht erst reden. Für mich die beste Form eines Weizenbieres und einer meiner Lieblingsstile. Toll, dass es noch Brauereien gibt, die diesen Stil zelebrieren. Wird allerhöchste Zeit für ein Comeback. Wäre mit Sicherheit die bessere Alternative zu vielen der nichtssagenden Vertretern der hellen Vollbieren. Liebe Familie Farny, ich ziehe den Hut, sage danke und auf die nächsten 100 Jahre.

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