„Ein kleines, aber feines Päckchen ist auf dem Weg zu Dir.“
So hieß es in einer kurzen Textnachricht. Ein paar Urlaubsmitbringsel werden es sein.
In der Tat: Das Päckchen ist etwas kleiner als sonst. Aber … ganz schön schwer!
Als ich auf dem Balkon stehe und den Inhalt sichte, weiß ich warum: Der nette Herr K. hat sich beim Packen selbst übertroffen und Flaschen, Dosen und schützende Pappe so effizient in das kleine Päckchen hineingepfriemelt, dass zehn verschiedene Biere darin Platz gefunden haben.
Beeindruckend.
zehn verschiedene Biere
Und wieder ist es dem Absender gelungen, ausschließlich Biere dabei zu haben, die ich noch nicht kenne. Bei den von Hobbybrauern stammenden Proben ist das klar, aber auch die kommerziellen Biere sind mir neu.
Tolle Sache!
Verkostungsnotizen
Mendelbier – Season; Sportplatzgold – Pils; Lüßbacher Hobbybrauerei – Kamikaze – Sour Pale Ale; Die Biermacherinnen – Inser Helles; Uszit – Lagerbier; Chopfab – Draft; Reichenauer Inselbier – Inselgold; Vagamundo – American Pale; Constanzer Wirtshaus – Constanzer Bockbier; Büchlbräu – Stoabial – Croatian Summer Breeze
Mendelbier – Season (4,6%)
Das Bier ist hellgelb und ganz gleichmäßig blickdicht getrübt – wie ein belgisches Wit. Auch der üppige und schneeweiße Schaum passt dazu.
Der Duft weist ein paar blumige und ein paar dezent phenolische Akzente auf, dahinter spüre ich einen leicht säuerlichen Hauch.
Dem frischen und spritzigen Antrunk folgt eine fruchtig-frische, ganz dezent säuerliche und verhältnismäßig bizzelige erste Empfindung auf der Zunge. Nach einem Moment legt sich dieser recht aktive Eindruck, und ich spüre feine Mandarinenaromen, eine dezente Bittere und einen Hauch Phenol, so wie ihn viele belgische Hefen erzeugen. Nach dem Schluck treten die Phenole ein bisschen deutlicher hervor, ohne jedoch unangenehm zu werden. Gleichzeitig verwandelt sich die Bittere in einen etwas die Schleimhäute belegenden Eindruck, der von einer viskosen Textur geprägt ist.
Sportplatzgold – Pils (4,8%)
Ich hab irgendwie immer so meine Probleme mit Biernamen und -bezeichnungen, die auf Volumentrinker und deren unreflektiertes Flaschenleeren abzielen. Pülleken, Bölkstoff, Fußpils – das gefällt mir alles nicht so richtig. Egal, wie originell die Bezeichnung manchmal ist. Der Name „Sportplatzgold“ fällt leider auch in diese Kategorie. Gedankenloses nebenbei Weg-exen auf dem Fußballplatz, gerne auch schon am Sonntagvormittag bei den Alten Herren in größeren Mengen. Eher nix für mich.
Dabei ist dieses Bier gar nicht schlecht. Im Gegenteil. Es ist sogar richtig gut:
Eine schöne, goldene Farbe, blank filtriert, schneeweißer, stabiler und lange haltbarer Schaum.
Dezent kräuterige und heuartige Hopfenaromen, schön ausbalanciert. Nicht zu blumig-blümerant.
Ein frischer, spritziger und schlanker Antrunk.
Eine nicht zu kräftige, aber doch präsente und saubere Hopfenbittere, ein schlanker Körper, kaum Restsüße, ein feines Malzaroma im Hintergrund, eine angenehme Frische und retronasal schöne Hopfenakzente.
Ein sauberer Abgang, keine nachhängende Bittere und angenehm trockene Schleimhäute, die Lust auf den nächsten Schluck machen.
Ein grundsolides Pils, das vielleicht einen Hauch bitterer sein könnte (ich habe das Biertrinken vor weit über vierzig Jahren in Norddeutschland gelernt, also bitte sehr!), sonst aber sehr schön und stiltypisch daherkommt.
Wenn nur der Name nicht wäre. Dickbäuchige Bewegungsminimalisten, die Bierflasche in der Hand, stehen am Spielfeldrand und grölen kurzatmig und mit vom hohen Blutdruck geröteten Gesichtern: „Beweg Dich, Du faule Sau!“
Wie sagt es die Website dieses Biers? „Eine Hommage an den Amateurfußball.“
Ja. Leider.
Lüßbacher Hobbybrauerei – Kamikaze – Sour Pale Ale (6,5%)
Das Bier hat eine lräftig goldene Farbe und ist bei vorsichtigem Einschenken fast klar. Der Schaum ist sehr üppig, hält auch eine ganze Weile, und so dauert es, bis ich das Glas richtig eingeschenkt habe.
Der Duft ist säuerlich mit ledrigen, etwas erdigen Noten, so, als ob man im Spätherbst das Laub unter einem Zwetschgenbaum zusammenkehrt – säuerliche Fruchtnoten vom Fallobst, etwas Erde, etwas frische Fäulnis. Nicht unangenehm.
Der Antrunk ist … sauer. Nicht säuerlich, sondern sauer. Auf der Zunge angekommen, sorgt diese intensive Säure sofort für einen kräftigen Speichelfluss. Aromen von angeditschtem Fallobst kommen hinzu, ein bisschen altes Leder spüre ich auch.
Der Schluck bringt die Säure und die Fallobstaromen retronasal noch einmal deutlich zur Geltung. Eine Bittere spüre ich eigentlich nicht. Stattdessen breitet sich nach dem Schluck eine feine, dezent spritige Wärme im Hals aus.
Die Biermacherinnen – Inser Helles (4,8%)
Das Bier hat eine dunkle Kupferfarbe, ist leicht trüb und entwickelt einen schönen, leicht beigefarbenen Schaum, der nach ein paar Minuten zusammenfällt.
Der Duft ist brotig mit einer leicht säuerlichen Note.
Der weiche Antrunk bestätigt den dezent brotigen Charakter – die säuerliche Note zum Glück nicht. Auf der Zunge ist das Bier sehr voll, fast schon mastig wirkend. Die brotigen Malzaromen dominieren; eine Hopfenherbe spüre ich nur dezent im Hintergrund. Nach dem Schluck bleibt der brotige Charakter noch einen Moment im Nachhall erhalten. Ein Bier wie ein frisch gebackenes Mischbrot.
Uszit – Lagerbier (4,8%)
Ein eher anonymes Bier, aber wenigstens für einen guten Zweck …
Goldgelb und klar ist’s im Glas, trägt einen schönen, schneeweißen Schaum und duftet dezent hopfig-pilsig, also eher neutral bis heuartig mit einem leichten metallischen Einschlag und einer sehr, sehr leichten Schwefelnote.
Der Antrunk ist ziemlich neutral, und ebenso geht’s auf der Zunge weiter. Allen wohl und niemand weh. Ein bisschen Malz ist zu spüren, ein bisschen Hopfen, ein bisschen Rezens, aber von allem nur ein bisschen – man möchte nicht anecken, sondern Spenden sammeln …
Der neutrale Abgang ist kurz, ein bisschen Herbe ist zu spüren, ein Hauch Biskuit vom Malz, und dann ist auch schon wieder alles vorüber … bis auf die Einsicht, Gutes getan zu haben: Vom Verkaufspreis jeder Dose gehen fünf Rappen, also 0,05 CHF, als Spende für den Schutz des Schweizer Waldes. Erkaufen tut man sich das gute Gewissen mit der Unsicherheit, wer dieses Bier denn gebraut hat – denn die Dose verrät nur den Vertrieb, nämlich Swiss Beverages aus Rheinfelden, und stellt fest: „Hergestellt in der Schweiz.“
Chopfab – Draft (4,7%)
Eine goldgelbe Farbe, glanzfeine Klarheit und ein schneeweißer, etwas künstlich wirkender und lange haltbarer Schaum zeichnen die Optik dieses Biers ebenso aus, wie die schlichte, schwarze Dose mit dem weißen Schriftzug Chopfab.
Das Bier hat keinen sehr ausgeprägten Duft – lediglich eine sehr zurückhaltende, leicht heuartige und etwas metallische Hopfennote lässt sich identifizieren.
Der Antrunk ist sehr spritzig, fast schon kohlensäurescharf. Auf der Zunge zeigt das Bier eine leichte Malzsüße bei grundsätzlich aber schlankem Körper. Eine leichte Note nach grünen, grietschigen Äpfeln weist auf etwas Acetaldehyd hin. Hopfenbittere ist nur ganz leicht zu spüren, aber selbst dieser Hauch hat einen etwas adstringierenden Charakter.
Nach dem Schluck bleibt der adstringierende Eindruck erhalten, und ich frage mich, ob das wirklich vom Hopfen kommt oder nicht vielmehr von einer leichten Oxidation des Biers – letztere würde auch das Acetaldehyd erklären.
Ein eher uninteressantes Bier zum achtlosen Nebenhertrinken.
Reichenauer Inselbier – Inselgold (5,2%)
Das Bier hat eine sehr schöne dunkle Kupferfarbe, und da es nach vorsichtigem Einschenken fast klar ist, leuchtet es regelrecht. Der recht üppige Schaum ist leicht beigefarben, sehr kremig und unendlich lange haltbar.
Der Duft ist malzbetont mit feinen, brotigen Aromen und einem Hauch karamellisierten Zucker.
Der Antrunk ist weich, und auf der Zunge zeigt sich das Bier zwar malzbetont, aber dabei durchaus trocken. Die Malzsüße ist sehr zurückhaltend und wird von einer angenehmen und sehr präsenten Herbe mit Leichtigkeit in Schach gehalten. Die Bittere ist kernig, hat einen Hauch von Röstcharakter und zeigt sich frei von Kratzbürstigkeit.
Letzteres beweist auch der Schluck: Die Bittere macht einen angenehm trockenen Gaumen, ist dabei aber nicht rau oder kratzig, sondern eher seidig. Die Malzaromen kommen retronasal noch einmal schön zur Geltung und erinnern noch einmal an frisch gebackenes Brot.
Ein schönes und gehaltvolles Bier, an dem man sich trotzdem nicht zu schnell satttrinkt.
Vagamundo – American Pale (5,5%)
Ein Bier von den Kanarischen Inseln, genauer gesagt, von der Insel Teneriffa! Das ist mal etwas eher Seltenes!
Neugierig schenke ich ein.
Also, überspundet ist das Bier ja schon irgendwie. Nicht in dem Sinne, dass es beim Öffnen der Flasche gleich herausschießt und alles vollspritzt, aber doch so, dass sich beim Einschenken eine schier unendliche Menge Schaum bildet. Ein schöner, weißer Schaum, der zu allem Überfluss auch noch sehr stabil ist und das Einschenken somit zum Geduldsspiel macht. Irgendwann ist das Glas dann aber doch trinkfertig, und vor dem ersten Schluck kann ich noch die schöne Kupferfarbe und die Klarheit des Biers bewundern.
Der Duft ist einerseits dezent fruchtig-herb vom Hopfen – die typischen Pampelmusenaromen sind gut zu identifizieren. Daneben zeigt sich aber auch eine künstlich wirkende, estrige Fruchtigkeit wie von Gummibärchen, die an zu warm vergorenes Bier erinnert und hart an der Grenze zum lösungsmittelartigen Charakter entlang balanciert.
Der zu spritzige und kohlensäurescharfe Antrunk leitet über zu einem bizzeligen, schaumigen Mundgefühl, hinter dem ich sowohl die herb-fruchtigen als auch die jetzt an gärenden Apfelsaft erinnernden estrigen Aromen erneut entdecke. Begleitet wird dieses Aromenspiel von einer deutlich spürbaren, aber nicht zu kernigen Hopfenbittere.
Der Abgang nach dem Schluck betont diese Hopfenbittere sehr deutlich (jetzt wird sie doch recht kernig …) und ist ansonsten von spritigen Eindrücken geprägt.
Constanzer Wirtshaus – Constanzer Bockbier (6,8%)
Der Vermerk „Marke“ macht es schon deutlich: Das Bier firmiert zwar unter der Marke Constanzer und verantwortlicher Inverkehrbringer ist das Constanzer Wirtshaus, aber dort gebraut wird es nicht. Zu schade, dass der Deutsche Brauerbund die Konsumenten hier immer noch nicht ernst nimmt und nicht nachdrücklich auf eine Änderung des geltenden Rechts drängt, so dass man als Verbraucher wenigstens erfährt, wo das Bier denn hergestellt worden ist …
Zum Glück tut dies im vorliegenden Fall der Qualität des Biers aber keinen Abbruch:
Die helle Kupferfarbe, die leichte Trübung und der feine, kremig und leicht beigefarbene Schaum erfreuen das Auge.
Der Duft ist klassisch malzig mit einer feinen, warmen Honignote.
Der Antrunk ist schön weich und rund. Ich spüre zwar die Spundung, aber sie ist nicht zu hoch, sondern hält sich gerade so weit zurück, dass sie zwar noch die kräftige Fülle ausbalanciert, aber das Bier nicht spritzig macht.
Auf der Zunge gibt sich das Bier vollmundig, geradezu kremig. Der weiche Malzkörper schmeichelt der Zunge und dem Gaumen, und eine spürbare, jedoch nicht dominierende Herbe sorgt dafür, dass das Ganze nicht mastig wird. Leichte Karamell- und Honignoten gefallen und präsentieren sich auch retronasal sehr angenehm.
Nach dem Schluck wird die Hopfenherbe ein wenig deutlicher, gleichzeitig macht sich auch eine leichte alkoholische Wärme im Hals bemerkbar und verleiht dem Bier einen sehr leicht spritigen Charakter.
Büchlbräu – Stoabial – Croatian Summer Breeze (6,5%)
Das Bier hat eine dunkelgelbe, ins Orangene changierende Farbe und leuchtet zunächst sehr schön, nach Hinzugießen eines Teils des Hefebodensatzes bekommt es aber einen (leichten) trüben Graustich. Der üppige Schaum ist leicht gelblich, feinporig und kremig, und er hält ewig.
Der Duft ist fruchtig mit deutlichen Aprikosennoten – sehr angenehm und vielversprechend.
Der Antrunk ist spritzig, ebenfalls leicht fruchtig mit einer kurz aufblitzenden, angenehmen Malzsüße. Auf der Zunge und im Rachen hingegen zeigt sich das Bier adstringierend und kratzig mit intensiven Noten von nassem Karton – offensichtlich kräftig durchoxidiert. Nach dem Schluck intensiviert sich dieses Kartonaroma leider noch und wird von einer feinen, alkoholischen Wärme begleitet, die allerdings nicht spritig wirkt.
Nach einiger Zeit im Glas werden die Aromen von feuchtem Karton auch in der Nase deutlich.
Schade, denn das Mindesthaltbarkeitsdatum ist noch eine ganze Weile entfernt.
Be the first to comment