Pauwel Kwak Bierhuis, Praha, CZE

Filip Nerad ist nicht nur ein berühmter Radioreporter und international bekannter EU-Korrespondent, der viele Jahre in Berlin und Brüssel gearbeitet, die Europapolitik Deutschlands analysiert und in den letzten zwei Jahren den Ukrainekrieg eng begleitet hat, sondern er hat sich über die Politik hinaus insbesondere auch in der Bierwelt journalistisch engagiert und ist ein Kenner der belgischen Bierwelt. Letzteres hat er in seinem Buch Pivní Království Belgie (The Beer Kingdom of Belgium) nachdrücklich unter Beweis gestellt.

Schon immer wollten Filip und ich uns mal treffen und fachsimpeln, sei es in Deutschland, Tschechien oder vielleicht auch mal in Brüssel. Jetzt, am 25. Juni 2024, hat es endlich geklappt – und im Pauwel Kwak Bierhuis kommt es zu einem wahrlich internationalen Gedankenaustausch. Der Deutsche im irischen Guinness-T-Shirt trifft sich mit dem Tschechen in einer belgischen Bierbar in Prag zum grenzüberschreitenden Biergenuss.

Der Deutsche im irischen Guinness-T-Shirt trifft sich mit dem Tschechen in einer belgischen Bierbar in Prag zum grenzüberschreitenden Biergenuss.

Einige Jahre gebe es das Pauwel Kwak Bierhuis nun schon, und es sei alles in allem gut gelungen, über die Wirrungen der Pandemie hinwegzukommen, sich nach der Zwangspause erneut zu etablieren und den kenntnisreichen, begeisterten Service mit belgischem Bier zu verstetigen, erzählt Filip.

Wir sitzen an einem rustikalen Holztisch, schauen die lange Theke mit ihrem rund einem Dutzend Zapfhähnen entlang, sehen die bunt bestückten Kühlschränke hinter der Theke und lauschen den Empfehlungen der jungen Frau hinter der Theke, die mühelos zwischen Tschechisch, Englisch und Deutsch hin und her wechselt und uns das Bierangebot erläutert.

„Am besten wir fangen zunächst mal etwas vorsichtiger an“, schlage ich vor. Ein langer Spaziergang durch Prag liegt hinter uns, der Durst ist groß, und die Gefahr, nun ein gut durchtrinkbares, aber gefährlich starkes belgisches Bier gegen den Durst zu trinken, noch größer. Der Abend startet also mit einem Baptist Wit mit 5,0% Alkohol aus dem Hause Van Steenberge. Es entpuppt sich als schönes und erfrischendes Weizenbier mit einem zitrusartigen, frischen Aroma von Koriandersamen und einer dezenten Bitterorangennote im Hintergrund. Sehr gut für den ersten, großen Schluck, um den Straßenstaub von der Zunge zu spülen.

Zisch!

Danach darf es dann aber schon etwas Intensiveres sein, befinden wir und wenden uns dem Saison Dupont zu, dem Klassiker unter den Saisonbieren. Der Ruf des Pauwel Kwak Bierhuis erfordert es aber, es nicht in der „normalen Version“ zu trinken, sondern als „Cuvée Dry Hopping“, so dass in diesem 6,5%igen Bier nicht nur die leicht phenolischen Aromen des typischen Saisonbiers zu schmecken sind, sondern auch angenehme, heuartige und kräuterige Hopfenaromen.

Als drittes Bier kommt nun das Bier auf den Tisch, nach dem sich die Bierbar hier benannt hat, nämlich das Pauwel Kwak der Brouwerij Bosteels – im typischen Kutscherglas serviert, einem Glas mit kugelförmigem Boden, das nicht auf dem Tisch stehen kann, sondern in einen speziellen Holzhalter gehängt werden muss. Das Glas und das kleine Holzgestell sind unter Bierfreunden sehr beliebt und werden gerne mal mitgehen gelassen, so dass es sich in vielen belgischen Bierbars etabliert hat, dass der Gast als Pfand für das Glas einen Schuh hergeben muss, der dann in einem Gitterkorb kommt und an einem Seil hoch gezogen wird. Unerreichbar für den Trinker baumelt sein Schuhwerk unter der Decke der Bar, bis er das leere Glas zurückgibt und im Tausch seinen Schuh wieder zurückbekommt.

Liegt es an unserem vertrauenserweckenden Aussehen oder daran, dass Filip hier in der Bar bekannt und mit den Eignern befreundet ist, aber: Mir bleibt das Ritual mit dem Schuh erspart und ich darf dass runde, malzige und nach langsamem Zapfen auch sehr ruhige 8,4%ige Bier einfach nur so genießen.

eine schöne Atmosphäre zum Fachsimpeln

Wir sitzen und erzählen, fachsimpeln über belgisches Bier und tauschen Geheimtipps aus. Insbesondere die kleinen, bei den Touristen überhaupt nicht bekannten Prager Bierwirtschaften haben es mir angetan, und eine Adresse nach der anderen wandert in mein elektronisches Notizbuch. Wie viele von diesen Tipps ich wohl in den nächsten drei Tagen werde abarbeiten können?

Das vierte Bier wird wieder etwas schlanker und erfrischender: Das Xtra, ein einfaches, blondes Abteibier mit gerade einmal 4,5% Alkohol und einer interessanten Kombination aus belgientypischen, obergärigen, fruchtigen Estern und einer aromatischen Hopfenfrische vermag ob seiner hohen Durchtrinkbarkeit zu erfreuen. Eigentlich als „Spülbier“ zwischendurch gedacht, begeistert es mich!

Viel zu schnell verrinnt die Zeit. Die leeren Gläser stapeln sich vor uns, die leeren Schüsselchen, in denen wir Gouda-Käse-Würfelchen mit Senf und Selleriesalz serviert bekommen hatten, ebenfalls, und es ist Zeit für ein letztes Bier.

„Wenn es das letzte sein soll, dann hätte ich da etwas ganz Besonderes für Euch“, lächelt die junge Barfrau. „Es nennt sich Monte Christo, und es ist ein süßes, malziges und sehr starkes Bier mit Gewürzen, und es stammt aus dem Hause Bosteels.“

Elf Prozent Alkohol sind eine Ansage, und der interessante, sehr ansprechende und würzige Geschmack mit vielen Kräuter- und Gewürzakzenten überzeugt total. Aber: In seiner Intensität ist dieses Bier in der Tat nur „als letztes“, gewissermaßen als Betthupferl geeignet. Nichts mehr für den raschen Genuss oder gar den großen Schluck, sondern nur zum tröpfchenweisen Genuss. „Schade, dass es nach dem Versuchssud nicht dazu gekommen ist, dass die Brouwerij Bosteels dieses Bier in ihr Standardangebot aufgenommen hat“, berichtet Filip. „Wir haben das verkostet und für gut befunden, aber das Brauereimanagement hat sich gegen dieses Bier entschieden.“

Das ist in der Tat schade, finde ich und muss grinsen, als Filip fortfährt: „Zum Glück haben die Eigner vom Pauwel Kwak Bierhuis alle Restbestände aufgekauft, die es von diesem Bier noch gab, und so werden wir hier in Prag noch eine Weile lang diese Spezialität genießen können!“

Wie schön!

Ein gewaltiges Bier und ein schöner Abschluss eines sehr netten Barbesuchs. Eine wirkliche Empfehlung für jeden, der in Prag einmal etwas anderes als die – zugegebenermaßen ganz hervorragenden! – tschechischen Lagerbiere trinken möchte: Das Pauwel Kwak Bierhuis. Eine gemütliche Atmosphäre, ein sehr aufmerksamer und vor allem kenntnisreicher Service und eine sehr gut kuratierte Bierauswahl sprechen für sich. Ein Muss für jeden Bierfreund.

Die belgische Bierbar Pauwel Kwak Bierhuis im Prager Stadtteil Smíchov ist täglich ab 15:00 Uhr, sonntags erst ab 16:00 Uhr durchgehend geöffnet; kein Ruhetag. Zu erreichen ist sie mit Straßenbahn, Bus oder Metro von der Station Anděl aus in zwei Minuten zu Fuß.

Bildergalerie

Pauwel Kwak Bierhuis
Nádražní 47/90
150 00 Praha
Tschechien

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