Nachtrag 18. Mai 2024: Viele Jahre liegt mein letzter Besuch in der Brovaria in Poznań zurück, und neugierig gehe ich die Stufen in den großen Schankraum hoch. Es herrscht gute Stimmung, und fast alle Tische sind besetzt. Lautes Lachen, Gläserklirren, Musik, Kindergeschrei – die große Halle verstärkt mit ihrer schlechten Akustik alles zu einer kompakten Lärmwand, und wir kommen uns vor wie in einem Oktoberfestzelt.
In der Mitte des Raums ist noch ein kleiner Tisch frei, und so genießen wir freien Blick auf das dezent farbig illuminierte, kupferglänzende Sudwerk.
„Drei Standardbiere könnt Ihr in einem ‚Zestaw Degustacyjny‘ probieren“, erklärt uns die junge und aufmerksame Kellnerin, „das Pils, das Honigbier und das Weizen. Und dann hätten wir separat noch als Saisonbier ein Helles.“ Womit die Getränkefrage für heute Abend geklärt wäre …
Als Speisen entscheiden wir uns für einen Salat mit Hühnerbrust und ein hervorragend angemachtes und ansprechend arrangiertes Tatar. Beides übrigens vorzüglich schmeckend.
Essen hui, Bier pfui?
Aber, ach … !
Einmal mehr treffen wir auf die unheilvolle Kombination, dass in einer Gasthausbrauerei der Koch bessere Arbeit abliefert als der Brauer. Die Biere können uns leider nicht überzeugen. Ist das 5,0%ige Pils noch halbwegs ordentlicher Durchschnitt, so merkt man dem gleichstarken Honigbier an, dass es eigentlich nur der Honig ist, der ihm einen gewissen runden und attraktiven Geschmack verleiht – dahinter spüren wir leichte Oxidationsnoten und einen feinen adstringierenden Effekt auf den Schleimhäuten im Mund, der eigentlich nicht dorthin gehört. Noch schlimmer dann das 4,8%ige Weizen, das Pszecniczne. Muffig und dumpf mit einer leicht säuerlichen Note, die stärker ist, als sie in einem Weizen sein dürfte, vermag es uns nun absolut überhaupt nicht zu begeistern.
Wir probieren zum Abschluss noch das Helle, und rasch stellt sich heraus, dass es eine gute Entscheidung war, trotz des strahlenden und begeisterten Lächelns unserer Kellnerin, als sie uns das Helle empfahl, nur ein kleines 0,3-l-Glas bestellt zu haben … Eine dichte Diacetylwolke schwebt über dem Glas und empfängt uns mit dicken, buttrigen und karamelligen Aromen in einer Intensität, dass wir schon fast das Gefühl bekommen, die Diacetylwolke über dem Glas in feinen Schlieren wabern sehen zu können …
Nee, aus bieriger Sicht war unser heutiger Besuch nichts. Sehr schade. Denn sowohl Service als auch Essen waren klasse, und die lustige Atmosphäre in der Schwemme, in der großen Schankhalle, war schön. Der gewaltige, fröhliche Lärm – der hatte was!
Brovaria
Nachtrag 10. November 2012: Die drei Standardbiere (Pils, Weizen, Miodowe) wiesen starke Geschmacksfehler auf und waren fast ungenießbar. Das Saisonbier „Porter Bałtycki“ war ein leckeres Dunkelbier, ließ aber alle typischen Eigenschaften eines baltischen Porters (malziger und kräftiger Körper, feste Bittere, hoher Alkoholgehalt, etc.) vermissen. Seitens der Biere also sehr enttäuschend. Vom Essen her dagegen exzellent.
Brovaria
Nachtrag 19. März 2011: Und eben dieser erneute Besuch hat dann heute stattgefunden. Auch diesmal gab es die gleichen drei Biersorten im Angebot – und für uns als zusätzliches Erlebnis, dass wir diesmal in der großen Bierhalle im ersten Stockwerk sitzen konnten, die beim letzten Besuch für uns unzugänglich gewesen war. Das Sahm-Sudwerk an der Stirnseite des Saals war in der Tat attraktiv und wartete mit hellem, poliertem Kupfer auf, während die sechs Gär- und Lagertanks direkt daneben natürlich aus Edelstahl waren. Der Eindruck von unserem ersten Besuch im September sei somit also vervollständigt.
Brovaria
„Brauerei, Restaurant und Hotel – ein Meer der Möglichkeiten!” – so behauptet es sinngemäß die Internetpräsenz der Gasthausbrauerei Brovaria in Polen, die wir am 4. September 2010 besuchten.
Die Brauerei liegt direkt am Alten Markt („Stary Rynek“) im historischen Zentrum Posens, nur wenige Meter vom berühmten Rathaus entfernt. In und vor den zwei Gebäuden finden sich eine moderne Bar, ein elegantes Restaurant, zahlreiche urige Bierkeller in Ziegelgewölben und ein mit Schirmen geschützter und mit Gasbrennern geheizter Biergarten auf dem Marktplatz.
Die Sudanlage steht im oberen Stockwerk am hinteren Ende des Festsaals. Dieser war heute leider aufgrund einer Hochzeitsfeier nicht zugänglich, und so konnten wir nur im Vorübergehen einen ganz kurzen Blick auf die Sudkessel werfen, bevor wir wieder heruntergebeten wurden. Auf Hochglanz waren sie poliert, so viel konnte ich erkennen, aber zum Fotografieren reichte der unbeobachtete Augenblick leider nicht aus …
das Sudwerk, das ich heute nur kurz gesehen habe
Jetzt, im Spätsommer, gab es drei verschiedene Biersorten: Ein recht aromatisches und schön herbes Pils, dass allerdings durchaus noch ein wenig länger hätte reifen dürfen, ein fruchtiges und vollmundiges Weizenbier mit deutlich kümmeligen Aromen, und schließlich ein Miodowe, ein Honigbier. Letzteres schmeckte allerdings nicht wirklich honigartig, sondern eher wie ein etwas fruchtig geratenes Märzen, aber es war gleichwohl interessant und lecker. Alle drei Biersorten kann man sich auch als Bierprobe bestellen und bekommt dann drei 0,2-l-Gläschen auf einem Holzbrettchen zum Verkosten serviert.
Dazu gibt es eine interessante Speisekarte mit einer Reihe von rustikalen, aber gut zubereiteten, typischen Brauereigerichten – deftig und scharf gewürzt. Aber auch Fischgerichte, Süßspeisen und leckere Salate sind im Angebot.
Insgesamt ein schönes Ambiente, und sicherlich mal wieder einen Besuch wert.
Brovaria
Stary Rynek 73/74
61-772 Poznań
Polen
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