[Blick zurück auf Juni 2024]
„Ach, und wenn Ihr in Prag mal so eine richtig klassische Bierstube erleben möchtet, ohne Schickimicki und Firlefanz, aber trotzdem mit besonderem Bier, dann geht doch in die Krkonošská Hospůdka – Riesengebirgskneipe heißt das wohl auf Deutsch“, hören wir von unserem „Fachinformanten“, dem lieben Herrn N., der sich zwar eigentlich auf belgische Biere spezialisiert hat, sich aber natürlich in seiner Heimatstadt ebenfalls perfekt auskennt. „Das ist absolut authentisch!“
Vor dem Besuch in dieser Kneipe müssen wir aber noch eine Prüfung ablegen – der Wettergott meint es nicht gut mit uns und schickt ein gewaltiges Gewitter über Prag, während dessen wir geduldig an der Tür des U-Bahnhofs ausharren müssen. Weder Schirm noch Regenjacke hätten bei diesen Sturzbächen etwas genützt.
Geduld ist nicht meine Kernkompetenz, vor allem dann nicht, wenn es um Bier geht, aber als wir schließlich zur Krkonošská Hospůdka hinüberlaufen können, sehen wir, dass es gut war, gewartet zu haben. Ein noch junges, vor gar nicht langer Zeit angepflanztes Bäumchen hat es entwurzelt und auf die Straße gekippt!
die Kneipe liegt im Tiefparterre
Bevor es erneut anfängt, zu schütten, flitzen wir schnell die paar Stufen in die im Tiefparterre liegende Kneipe hinein. Ein ordentlicher Lärm und dicke Luft, ein Gemisch aus nassem Hund, abgestandenem Bier und Männerschweiß empfängt uns. Kunststück – bei dem schwülen und jetzt nassen Wetter …
Während wir uns noch einmal um die Achse drehen und nach einem freien Tisch spähen, kommt schon der nette Barmann auf uns zu geflitzt und beginnt, uns zu erklären, welche vier Biere es gerade am Hahn hat. Im allerersten Moment empfinden wir das als aufdringlich, aber schon nach wenigen Sekunden merken wir, dass es echte Bierbegeisterung ist, die ihn – Dave? Das steht zumindest hinten auf seinem T-Shirt … – antreibt.
Dave (lassen wir es jetzt mal bei diesem Namen und hoffen, dass er stimmt) zeigt uns noch einen freien Tisch, und nur Augenblicke später serviert er uns schon das Bob & Dave Bitter, ein 4,7%iges Bier mit elf Grad Stammwürze, das, wie sich später beim Googeln herausstellt, in der Brauerei Kolčavka extra für diese Kneipe hergestellt wird. Hellgelb ist es, leicht trüb und richtig knackig bitter. Aber gut!
Wir genießen das Bier, und wir genießen die Authentizität dieser kleinen Kneipe, die wir ohne die unmittelbare Empfehlung wohl nie aufgesucht hätten. Schön ist’s hier! Einfache Holztische, einfach nur Bier. „Habt Ihr auch Mineralwasser? Mit Kohlensäure?“ Mit gespieltem Erschrecken wehrt Dave ab: „Nein, Wasser haben wir nicht, aber Ihr könnt ein großes Glas Leitungswasser haben.“ Brauchen wir auch, viel zu lange waren wir in der vorgewitterlichen Gluthitze in der Stadt unterwegs gewesen und haben geschwitzt. Diesen Durst kann man allein mit Bier nicht löschen. Jedenfalls nicht, wenn man noch etwas vor hat …
Also gibt es ein großes Glas frisches Leitungswasser. Ist auch in Ordnung …
Wir genießen noch für einen Moment die angenehme, klassische Bieratmosphäre und sinnieren darüber nach, welche guten Biere wir wohl verpassen werden, wenn wir jetzt gleich, nach nur einem Bier, zahlen und gehen werden (müssen) …
Ach, das Zahlen … Hihi!
„Dave, können wir bitte zahlen? Geht das bei Euch mit Karte? Wir haben gar keine tschechischen Kronen dabei …“
Dave schüttelt den Kopf. „Karte geht nicht, aber Euro geht. Das macht 1,88 EUR!“
Ich reiße die Augen auf. Erstens, weil er uns offensichtlich das Wasser gar nicht berechnet hat, und zweitens, weil er uns nicht übers Ohr hauen will, sondern einen ehrlichen Betrag umgerechnet hat.
Natürlich haben wir nicht nur keine Kronen in der Tasche, sondern auch kein Kleingeld. Ich drücke ihm einen Fünf-Euro-Schein in die Hand und erkläre ihm, dass das zwar für Trinkgeld viel zu viel ist, dass es aber so nett bei ihm sei und er uns so fürsorglich um unsere Bierversorgung gekümmert habe, dass das dann schon passen täte.
„Nee, nee, so geht das nicht. Dann trinkt halt noch ein zweites Bier!“
Ich versuche noch ein Rückzugsgefecht, aber mit wenig Erfolg. „Wir sind hier in Prag. Hier trinkt man immer noch ein weiteres Bier!“ Dave lacht sich schier kaputt und stellt uns noch ein helles Zwölfer der Pivovar Krakonoš aus Trutnov hin. „Keine Widerrede!“
ein geplantes und ein ungeplantes Bier
Und so trinken wir halt noch ein ungeplantes Bier, bleiben noch ein wenig länger sitzen, und wenn wir dann nicht schnell und heimlich entschwunden wären, wer weiß? Vielleicht säßen wir heute noch dort und würden Daves herzliche Gastfreundschaft genießen …?
Die Krkonošská Hospůdka ist arbeitstäglich von 15:00 bis 22:00 Uhr geöffnet; sonnabends und sonntags ist geschlossen. Zu erreichen ist sie in drei, vier Minuten zu Fuß von der Metrostation Hradčanská (Linie B – das ist die grüne).
Krkonošská Hospůdka
Muchova 7
160 00 Praha
Tschechien
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