The Station
Frankfurt am Main
DEU

Einst eine Tankstelle. Eine von diesen typischen Großstadttankstellen. Klein, eng und vor allem: Mit wenig Wachstumspotenzial. Daher dann Opfer einer Entwicklung, im Rahmen derer Tankstellen zu riesigen Betrieben mit Café, Mini-Supermarkt, Waschstraße und Postfiliale herangewachsen sind. Kleine Handelszentren vor den Toren der Stadt. Wer den Trend nicht mitmachen konnte oder wollte, ging über die Wupper. Tankstelle zu. Punkt. Aus.

Des einen Leid, des anderen Freud. Dort, wo einst die Tankstelle war, gibt es jetzt eine kleine Brauerei mit Taproom: The Station. Kai Greinus hat hier eine Oase für Genießer geschaffen.

Wir kommen direkt an die Einmündung. Früher rangierten hier die Autofahrer an die Zapfsäulen, jetzt befindet sich da ein Stadtbiergarten. Überdacht, wettergeschützt, der Boden mit Holzbohlen ausgelegt. Sowie sich die ersten Sonnenstrahlen zeigen, sitzen die Gäste draußen, genießen die frische Luft. Am Ende des Biergartens werkeln gut gelaunt ein paar Musiker und bereiten sich auf ein kleines Konzert vor – heute Abend, am 10. Mai 2025, verwandelt sich der Biergarten in eine Musikarena.

Wir gehen mit Kai nach drinnen. Viel Platz ist nicht. Wieviel Raum hat eine Tankstelle früher, als sie noch nicht zusätzlich Einkaufzentrum und Schnellrestaurant war, auch schon gebraucht? Es gab eine Kasse, es gab Motoröl, Scheibenreiniger und ein paar Kleinigkeiten für Notfälle. Das war’s. Dafür brauchte man nur einen kleinen Verkaufsraum.

„Ja, ist eng, aber mit etwas Geschick kann man hier viel machen“, erzählt Kai. „Bier, Wein, ein paar Köstlichkeiten dazu – das kriegen wir alles prima hin.“ Und die Braukessel und Gärbehälter stehen auch noch mitten dazwischen. „Sieht nur für den Außenstehenden etwas chaotisch aus, in Wirklichkeit ist jeder Quadratzentimeter perfekt genutzt“, schmunzelt Kai. „Und auch Veranstaltungen wie Tastings, Braukurse, Seminare und so weiter machen wir hier regelmäßig.“

Ich stelle mir das lustig bunte Treiben in dem kleinen Innenraum vor. Eng ist gemütlich, und gemütlich macht gute Laune. Da bleibt man vermutlich auch als Fremder nicht lang allein mit seinem Bier.

zwischen den Tischen stehen ein paar kleine Gärtanks

Heute ist allerdings gutes Wetter, fast schon sommerlich, und die Gäste sitzen draußen. Die drei kleinen Tische, zwischen denen auch die Gärtanks vom letzten Braukurs stehen, sind verwaist. Ein Moment der Ruhe. Zeit, mit Kai ein bisschen zu klönen. Über Gott und die Welt, und über seine Pläne mit The Station. „Heute haben wir unser erstes Livekonzert draußen.“ Kai zeigt auf die unverändert fleißigen Musiker. „Machen wir jetzt aber öfter. Ein kleines Büdchen am Rande des Biergartens übernimmt die Erstversorgung der Gäste mit Snacks, dann muss nicht jeder für alles in den Innenraum zurück.“

„Jetzt trinken wir aber erstmal ein Bier, oder? Was Leichtes? Es ist ja erst Nachmittag und draußen ziemlich warm!“ Kai zapft uns ein Kenley. Wie alle seine Biere nach alten Automarken benannt. Klar, Referenz zum alten Tankstellenbetrieb. Kenley ist ein Sorachi Session Ale mit gerade mal 2,5% Alkohol. Schön leuchtendes Gelb, feine Trübung, schneeweißer Schaum. Schon optisch ein Genuss. Aber auch Geruch und Geschmack stehen dem in nichts nach. Fruchtige Aromen, eine spritzige Frische, eine knackige Herbe. Und dazu eine samtige Textur, die locker darüber hinwegspielt, dass dieses Bier nur halb so alkoholstark ist wie ein „normales“ Bier. Sehr gelungen. Anders als das, was man sonst so manchmal als Leichtbier bekommt, wässrige oder kartonartig adstringierende Bierlust-Töter, nämlich. Nein, dieses Bier tötet die Lust nicht. Im Gegenteil. Es macht welche. Lust auf das nächste, nämlich!

Bierlust

Karmann Ghia steht auch auf der Bierliste. Ohne zu wissen, was für ein Bier dahintersteckt – das muss ich mir als nächstes bestellen. Das schönste Auto, das Volkswagen je gebaut hat. Harmonische Kurven, bunte Pastellfarben. Ein Auto für den Sommer. Zum Genießen und zum Spaß haben. Zum Cruisen im Sonnenschein. Keine hässliche Mordmaschine für Zuhälter, die protzen müssen, oder für Erektionsgestörte, die ihre körperliche Schwäche mit hunderten von PS kompensieren müssen.

Das Bier passt perfekt zu seinem Namen. Ein Fruited Sour. Ein Sommerbier par excellence. Kräftiges Sonnengelb. Fruchtnoten ohne Ende für die Nase. Eine feine Säure zur Erfrischung. Eine Limonade für Erwachsene. Eine, die Kindheitserinnerungen heraufbeschwört. Ein gelbes Wassereis in der Badeanstalt. Sonne im Nacken. Der Duft von Chlorwasser, Blumenwiese und blühenden Büschen. Dann die Packung aufreißen und losschlecken. Süßsaures Prickeln auf der Zunge, Fruchtaromen in der Nase, eiskalte Frische im Hals. So muss das sein.

Das Eis oder Bier in der einen Hand, das Lenkrad in der anderen. Das Verdeck offen. Sanft schwingt sich die Straße durchs sonnige Mittelgebirge. Karmann Ghia. 5,8% Alkohol, die man aber nicht schmeckt. Der Sommer meiner Kindheit hat mich wieder. Hier, in der ehemaligen Tankstelle in der Frankfurter Innenstadt. Im The Station.

„Na? Kommste irgendwann auch mal zurück in die Realität?“ Kai und meine Liebste schauen mich an und grinsen. „Ach … Ungern!“ Zögernd reiße ich mich aus meinen Träumen.

„So, lasst es Euch noch gut gehen“, verabschiedet sich Kai. „Ich muss den Jungs jetzt beim Aufbau helfen. Schön, dass Ihr da wart!“

„Schön, dass Du einen Moment Zeit für uns hattest, Kai.“ Wir trinken gemütlich aus und schauen uns noch einmal um. Heute Abend haben wir schon eine Verabredung, sonst würden wir jetzt einfach sitzenbleiben. Noch ein, zwei Biere trinken, nachher der Musik lauschen und Spaß haben.

Sehr ansprechend hier. The Station. Die perfekte Anlaufstelle für gutes Bier und gute Laune.

The Station ist täglich geöffnet! Kein Ruhetag! Montags bis freitags ab 16:00 Uhr, sonnabends und sonntags ab 15:00 Uhr. Tastings, Events, Konzerte und sonstiges werden über die Website rechtzeitig angekündigt. Zu erreichen ist die kleine Brauerei mit der U-Bahn (Linien U1, U2, U3, U8), Station Eschenheimer Tor, und von dort aus den Oeder Weg entlang fünf Minuten in Richtung Norden.

Bildergalerie

The Station
Oeder Weg 57
60 318 Frankfurt am Main
Hessen
Deutschland

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