[Blick zurück auf Ende Mai 2025]
Dafür, dass wir ganz in der Nähe der Rennstrecke von Monza sind, lässt der Busfahrer es zum Glück ruhig angehen. Mit Bedacht steuert er uns durch die engen Straßen, und schließlich kommen wir in einem Gewerbegebiet in Carate Brianza an. Große Halle, schmale Straßen.
An einer der Hallen ein Schild „Il Beershop“, direkt daneben ein großes Tor. Wir schieben es auf, und Sekunden später stehen wir zwischen den zwanzig Hektoliter großen Braukesseln der Birrificio Menaresta. „2007 ist die Brauerei gegründet worden“, erfahren wir, „und sie ist in wenigen Jahren zu ihrer heutigen Größe herangewachsen. Eine wahre Erfolgsgeschichte!“ Dem jungen Brauer ist der Stolz auf das Erreichte ins Gesicht geschrieben. „Wir nehmen nur allerbeste Rohstoffe, zum Beispiel keinen Hopfenextrakt“, erklärt er uns und zeigt uns ein dickes Paket mit vakuumierten Hopfendolden.

vor den Sudkesseln
Wir laufen an den Kesseln vorbei, zwischen den langen Reihen der Gär- und Lagertanks hindurch, sehen die Abfüllanlage und bestaunen die bunten Etiketten, die hier rollenweise im Regal liegen. Das Produktportfolio ist riesig – man könnte fast den Eindruck bekommen, dass jeder Sud ein neues Bier definiert. „Ganz so extrem ist es nicht“, lacht der Brauer, „aber es ist schon so, dass wir uns den Luxus gönnen, zu jedem Bier ein passendes Etikett zu gestalten. Das gehört zum Markenauftritt dazu, und wir legen Wert darauf.“
Benannt wurde die Brauerei nach der Quelle des Lambro, Menaresta. Der Lambro ist der geliebte und gehasste Fluss der Region, 130 Kilometer lang, bis er schließlich in den Po mündet. Ein eigentlich schönes, kleines Gewässer, das aber als Kloake viele Jahrzehnte lang die ungeklärten Abwässer der Stadt Mailand aufnehmen musste und im Februar 2010 sogar vorsätzlich mit Diesel und Schweröl verschmutzt wurde. „Aber mit Flusswasser brauen wir natürlich nicht“, lacht der Brauer verschmitzt.
Das Logo der Brauerei, so erfahren wir weiter, zeigt eine Sperada, eine kunstvolle Frisur, die bis vor hundert Jahren traditionell von der Braut am Hochzeitstag getragen wurde. Eine ornamentale Struktur, die ein wenig an den Kranz von Pfauenfedern erinnert, wurde dabei in das Haar der Braut eingeflochten. Die Etiketten hingegen zeigen meistens einen etwas griesgrämig und nicht sehr helle wirkenden Mann, dessen karikaturhafte Gestalt mit Selbstironie und Spaß den Charakter des jeweiligen Biers augenzwinkernd wiedergeben soll.
Wir laufen durch die Lagerhallen – das Bier wird in KEGs abgefüllt, in Einwegfässer, in Flaschen, in Dosen. Kaum eine Gebindeform oder -größe, in der es das Menaresta-Bier nicht gibt.
Einmal um die Ecke gebogen, und jetzt staunen wir: Vor uns ist der Raum bis unter die Decke mit alten Holzfässern gefüllt. „Hier bauen wir einige unserer Biere in vorbelegten Holzfässern aus!“ Neugierig studieren wir die Kreideaufschriften auf den Fässern. „Ich hole Euch mal ein Fass aus dem Regal, dann könnt Ihr mal am Spundloch schnuppern!“
Ungläubig schauen wir den Brauer an. Aber tatsächlich: Er kommt mit einer Ameise, fährt mit den Zinken unter ein Fass und zieht es vorsichtig aus dem Regal. „Passt auf, dass keine Haare oder so ins Fass kommen“, und dann zieht er den Gummistopfen aus dem Spundloch. Jeder darf mal schnuppern. Wir riechen die Säure, feine erdige und holzige Aromen, etwas Leder. Und Alkohol. Spannend! Den Mut, uns direkt am offenen Spundlock schnuppern zu lassen, hatte bisher noch kein Brauer!

Vorbeitungen zur Schnupperprobe
„Genug geschaut, jetzt geht es ans Verkosten!“ Die sonst immer verschlossene Glastür, die den Raum mit den Holzfässern vom Taproom trennt, öffnet sich, und wir stehen vor der Theke. Es ist noch früh am Vormittag, insofern (und aufgrund des weiteren noch geplanten Programms) beschränken wir uns auf „nur“ fünf Biere, aber die haben es bezüglich ihrer Aromatik in sich! Eines besser als das nächste:
- Bevera – Pils (4,2%)
- San Dalmazzo – Hoppy Saison (5,2%)
- La Verguenza – Summer India Pale Ale (6,0%)
- Odissea – Italian Grape Ale (6,2%)
- Bombyx – Lámbric con More di Gelso (5,2%)
Und: Man zeigt sich nicht knausrig, was das Apero zum Bier anbelangt. Ein großes Blech mit herzhaftem Gebäck, mehrere Sorten Käse (einer davon uralt und extrem aromatisch), beste Salami und frisches Baguettebrot. Wir fallen drüber her, als hätten wir seit Tagen nichts zu essen gehabt – so gut schmeckt es. Dazu die feinen Biere – für einen Moment sind wir im kulinarischen Paradies!
„So, aufessen, austrinken, wir gehen jetzt nach nebenan in die Pizzeria, dort wartet das Mittagessen auf uns!“ Rolf, der die Bierkulturreise Norditalien für uns organisiert hat, mahnt zum Aufbruch und erntet fast böse Blicke.
Die Jungs von der Birrificio Menaresta freut’s, zu sehen, dass wir uns so gar nicht von Bier und Speisen lösen können. Da haben sie wohl einiges richtig gemacht …
Definitiv einen Besuch wert. Und kommt man mit dem Auto, dann kann man sich im „Il Beershop“ auch reichlich mit den vorzüglichen Bieren vor Ort eindecken.
Die Birrificio Menaresta hat “Il Beershop” als Laden und Taproom dienstags und mittwochs von 10:00 bis 13:00 und 15:00 bis 21:00 Uhr, donnerstags und freitags abends etwas länger, bis 22:30 Uhr, und sonnabends von 10:00 bis 13:00 Uhr und von 16:00 bis 23:30 Uhr geöffnet. Führungen durch die Brauerei können individuell abgesprochen werden. Zu erreichen ist die Brauerei am besten mit dem Auto, man kann aber auch die Stadtbusse der Linien z232 und z221 nehmen, die jeweils westlich beziehungsweise ostwärts der Brauerei in etwa sieben Minuten Gehentfernung halten.
Birrificio Menaresta
Piazza Risorgimento 1
20 841 Carate Brianza
Italien
Vielen lieben Dank an Rolf Burkhard und Fine Beverages Burkhard für die Organisation dieses Besuchs!
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