Toulavý Kocour, der streunende Kater, nennt sich die kleine gemütliche Bierkneipe direkt neben der Peter-und-Paul-Kathedrale in der Brünner Altstadt. Als Abschluss eines kulturellen Stadtrundgangs durch die Straßen und Gassen der Altstadt, einschließlich einer Besichtigung der Kathedrale, bietet sich dieses Pub an, oder alternativ auch gerne zum Auftakt eines Kneipenbummels, der hier in Brünn nicht unbedingt schon um neun Uhr abends enden muss.
Oder man geht einfach nur so hin, wie wir heute, am 23. September 2016.
Es sind nur wenige Schritte vom Hauptbahnhof, aber die können es in sich haben, wenn man falsch abbiegt. Zunächst die steilen Treppenstufen den Domberg hinauf, und dann steht man vor der Entscheidung: Das Toulavý Kocour Pub befindet sich genau auf der anderen Seite der Kirche. Gehen wir links herum, oder rechts?
Wir entscheiden uns für links. Den zwar schöneren, aber auch deutlich längeren Weg. Treppauf, treppab wandern wir durch die kleine Parkanlage unterhalb der Kirche, genießen den weiten Blick, stellen aber auch fest, dass wir hin und her mäandrieren und auf hundert Schritt dem Pub nur dreißig Schritt näher kommen…
Aber schließlich sind wir doch da, haben sogar das Glück, noch einen schönen Platz auf der Terrasse zu bekommen, und wie wir da so sitzen, mit Blick auf die untergehende Sonne, die alles in romantisches Rotgold taucht, ist es plötzlich gar nicht mehr schlimm, zu wissen, dass es rechts herum viel kürzer gewesen wäre.
Gemütlich, aber nicht ineffizient watschelt der freundliche Kellner um die Tische herum und nimmt unsere Bestellung auf. Neben dem normalen zwölfgrädigen Lager der Brauerei Kocour aus Varnstorf, von der das Pub auch seinen Namen habe, gebe es auch zwei Sorten India Pale Ale. Natürlich ebenso aus Varnstorf.
Zum deftigen (und preiswerten…) Essen bestelle ich mir das Zwölfer, einen großen Krug. Eine kräftige, schon sehr dunkelgelbe Farbe, ein würziger Duft, bei dem ich mir die für Tschechien typischen Diacetyl-Noten wohl eher einbilde, als dass sie wirklich vorhanden sind, und ein kräftiger, hopfig-bitterer Geschmack. Lecker. Süffig. Und zum Tatar bestens passend. Ein Genuss.
Ein zweites Bier darf es noch sein, gewissermaßen zum Nachtisch. Ich wähle das Samurai India Pale Ale, mit 14° Stammwürze gar nicht mal so stark für ein IPA. Aber kräftig gehopft – sehr schön! Feine harzige und erdige Aromen, ein solider Körper. Ein schönes Bier.
An den Nachbartischen auf der Terrasse wird fleißig getrunken. Man hört deutsche, englische und asiatische Sprachfetzen, es ist ein internationales Publikum, das sich hier trifft. Aber auch viele Einheimische, generationenübergreifend. Der Rentner, der gemütlich einen halben Liter Lager genießt, die Familie, die ihr Bierglas in die kleine Parkanlage mit rüber nimmt und dort am Mäuerchen mit Blick über die Stadt trinkt. Und der eilige Jogger, der ein kleines Bier quasi im Vorüberlaufen kippt.
Wir werfen noch einen Blick in den Innenraum. Groß ist es nicht, das Pub. Auf zwei Ebenen, ebenerdig, und rechter Hand ein paar Stufen tiefer, finden sich ein paar Tische. Es ist gemütlich, und offensichtlich hat der Streunende Kater auch einige Stammgäste: In bester Tradition befindet sich an der hinteren Stirnwand ein Regal mit abschließbaren Fächern, in denen die Stammgäste ihren eigenen Bierkrug deponieren können. Schön!
Sechs Zapfhähne mit gelegentlich wechselnden Biersorten, deftige Speisen, vorwiegend lokale Küche, angenehme und gemütliche Atmosphäre und eine schöne Lage. Eine gute Adresse für gutes Bier.
Das Toulavý Kocour Pub ist täglich von 11:00 bis 24:00 Uhr geöffnet; kein Ruhetag. Im Sommer ist der kleine Biergarten von 11:00 bis 22:00 Uhr geöffnet. Zu erreichen ist das Pub vom Hauptbahnhof aus in etwa zehn Minuten zu Fuß, alternativ kommt man mit der Straßenbahn, Linie 12, Haltestelle Šilingrovo Náměstí, und muss nur direkt die Treppe auf den Domberg hochsteigen.
Nachtrag 23. Juni 2018: Mit zwei Freunden komme ich heute mehr oder weniger zufällig am Pub vorbei, nur um festzustellen, dass er mittlerweile anders heißt: Pivnice U Kocoura. Das weckt unsere Neugier, und der Entschluss ist rasch gefasst, es auf die tschechische Art zu machen: Einfach mal kurz anhalten, ein Bier trinken, und weiter gehen. Eben mal auf ein Bier – das geht hierzulande immer.
Naja, was dann passiert, ist auch typisch tschechisch. Es bleibt nicht bei einem Bier. Man sitzt und trinkt, und trinkt und sitzt. Bis dann plötzlich der Blick auf die Uhr die Idylle zerreißt. Noch vier Minuten bis zur Abfahrt des Zuges. Und noch drei Minuten Fußweg bis zum Bahnhof. Ein paar Münzen werden auf den Tisch geworfen, und unter den Augen der verdutzten anderen Gäste der Biergarten im Laufschritt verlassen. Außer Atem und verschwitzt wird der Zug gerade noch erreicht. Bei der Deutschen Bahn hätte man sich Zeit lassen können, deren Züge kommen nie pünktlich, aber die České Dráhy sind im allgemeinen sehr zuverlässig…
Der Vollständigkeit halber bleibt noch festzuhalten: Egal, ob Toulavý Kocour Pub oder Pivnice U Kocoura – an der Gemütlichkeit hat sich nichts geändert.
Auch das Pivnice U Kocoura ist täglich von 11:00 bis 24:00 Uhr geöffnet; kein Ruhetag. Die Erreichbarkeit ist – logisch! – unverändert.
Toulavý Kocour Pub / Pivnice U Kocoura
Biskupská 6
602 00 Brno
Tschechien
Brauerei Kocour in Varnsdorf, 200m hinter dem deutschen Grenzübergang. Absolut empfehlenswert, mit eigenem Bahn Haltepunkt und Übernachtungsmöglichkeiten in ausrangierten Schlafwagen. Grosse Vielfalt an traditionellen tschechischen und Ale Bieren.
Danke, Jens, für diesen Tipp! Werde, wenn ich dort in der Nähe bin, definitiv vorbeischauen! Mit bestem Gruß, Volker