Draußen herrscht sibirische Kälte, das Thermometer zeigt -19° C. Der Entschluss steht fest: Wenn nichts Unvorhergesehenes passiert, mache ich keinen Schritt vor die Tür. Dieses Wochenende nicht. Solange die Heizung läuft und mir keiner die Leitung ins Internet kappt, verbringe ich diese zwei Tage lieber im kuschelig-warmen Haus, mache es mir gemütlich und reise ausnahmsweise mal nur virtuell. Nur noch schnell ein leckeres Bier holen, und dann kann der erholsame Nachmittag beginnen.
Und damit nimmt das Drama seinen Lauf. Der Bierkühlschrank ist gut bestückt – eigentlich. Hier eine ganze Auswahl von belgischen Trappistenbieren unterschiedlicher Jahrgänge, dort ein Sammelsurium guter Bock- und Doppelbockbiere, ja, selbst eine stolze Anzahl holzfassgereifter Spezialitäten findet sich hier. Aber nichts zu trinken. Nichts unter 7,0% Alkohol. Kein Bier für den entspannten Genuss nebenbei. Kein Trinkbier. Mist!
Zurück also an den Rechner und das magische Wort Pivotéka eingetippt, das Wort, mit dem in Tschechien kleine Bierfachgeschäfte bezeichnet werden. Das Ergebnis ist nicht ermutigend. Fast alle haben am Sonnabendnachmittag bereits zu, haben selber schon das Wochenende eingeläutet. Der Frust steigt.
Halt, da! Da ist doch was. Und: Jawoll, die Pivotéka-UH im Einkaufszentrum in Zlín Malenovice hat noch geöffnet. Na prima, da kann ich einen Biereinkauf mit einem kleinen Ausflug in die malerische Altstadt von Zlín verbinden. Ich lasse die Webasto-Standheizung wummern, schnappe mir meine holde Ehefrau, und als das Auto endlich aufgetaut ist, geht es los.
Das Einkaufzentrum ist schnell gefunden, die Pivotéka-UH auch. Aber: Der erste Eindruck ist enttäuschend. Statt des erwarteten Fachgeschäfts nur ein kleines begehbares Büdchen im Eingangsbereich des Tesco-Lebensmittelmarkts. Ein paar Regale mit Bierflaschen, vor dem Eingang ein Berg vorbereiteter Bier-Präsentkörbe und mittendrin ein kleines altes Männlein mit einem Berg von Notizzetteln um sich herum.
Jetzt sind wir schon mal hier, jetzt wird auch Bier gekauft, entscheide ich kühn. Und so arbeiten wir uns einmal durch die Regale. Klar, es gibt schon eine Reihe von Bieren, die ich noch nicht getrunken habe. Weihnachtsbiere der bekannteren tschechischen Brauereien, beispielsweise. Ein paar Standardbiere von Regionalbrauereien, die es vermutlich im Tesco selbst aber auch geben würde. Und schließlich eine Handvoll niederländischer, belgischer und britischer Biere. Eine große Einkaufstasche voll bekommen wir schon zusammen, es ist dann doch in Ordnung.
Während wir eine Flasche nach der anderen auf den winzigen Tresen stellen, beeilt sich das freundliche Männlein, die Namen der Biere auf einem winzigen Zettel zu notieren und die Preise daneben zu schreiben.
Irgendwann bedeute ich ihm „Všechno!“ – „Das ist alles!“
Erneut schaut er sich jede einzelne Flasche an, vergleicht, ob er sie in seiner Liste erfasst hat, macht einen Haken dran. Dann dürfen wir sie in eine Einkaufstasche packen. Geduldig zählt er, wie viele Flaschen es sind, kuckt noch einmal in unsere Tasche, vergleicht und macht sich schließlich daran, neben jede Notiz nun auch den Preis zu schreiben. Viermal ist er die kleine Liste nun schon durchgegangen, aber der letzte, der abschließende Durchgang steht noch aus. Ein Uralttaschenrechner wird eingeschaltet, und Preis für Preis eingegeben.
Endlich steht der Betrag fest, wird sorgfältig neben die Liste geschrieben und auf einen winzigen Notizzettel übertragen, den uns das Männlein dann feierlich als eine Art Rechnung oder Quittung überreicht.
Wir drücken ihm das Geld in die Hand und sehen uns in dem winzigen Büdchen noch einmal um. Merkwürdig, dass sich das rechnet. Wenig hochpreisige und exotische Biere, viele einfache Allerweltsbiere aus der Provinz, an denen sich nicht viel verdienen lässt. Insgesamt recht wenig Vorräte, und auch wenn leere Bierkisten vor der Bude stehen, wird hier wohl nie kistenweise gekauft. Dafür aber kundenfreundliche Öffnungszeiten – sieben Tage die Woche, genauso lang wie der Tesco-Markt dahinter.
Was soll’s. Wir haben jetzt ein paar Biere gegen den Durst, und der freundliche alte Mann hat mit uns auch guten Umsatz gemacht und sich gefreut.
Zurück also wieder, durch die Kälte. Erneut in die eisige Luft. Bibber! Und, merkwürdig: Auf einmal habe ich gar keine Lust mehr auf ein eisgekühltes Zischbier gegen den Durst…
Die Pivotéka-UH im Einkaufszentrum Malenovice ist täglich von 09:00 bis 20:00 Uhr geöffnet; kein Ruhetag. Das Einkaufszentrum liegt direkt an der Hauptstraße und ist mit dem Auto oder dem O-Bus völlig problemlos zu erreichen, man kann es gar nicht verfehlen. Die kleine Bude der Pivotéka-UH liegt dann im Eingangsbereich des Tesco-Supermarkts genau in der Mitte des Einkaufszentrums.
Pivotéka-UH
třída 3. května 1170
763 02 Zlín – Malenovice
Tschechien
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