Zlínský Švec – der Zliner Schuster. Ein merkwürdiger Name für eine kleine Brauerei, oder?
Aber nur auf den ersten Blick. Denn Zlín hat eine große Tradition der Schuhfertigung. Hier, in diesem kleinen mährischen Städtchen, wurde Ende des neunzehnten Jahrhunderts die Schuhfabrik Bata gegründet, die sich rasch zu einem der größten Schuhkonzerne der Welt entwickelt hat. Und mit Bezug auf diese Tradition der Schuster bekam die kleine Brauerei im Vorort Malenovice ihren Namen.
Die Tradition der Brauerei ist allerdings viel, viel kürzer. Vor gerade einmal zehn Jahren begann Martin Velísek in Sazovice, etwa 20 km von Zlín entfernt, mit dem Hausbrauen, experimentierte ein wenig mit Malzextrakten und begann Anfang 2008 mit dem Maischebrauen. Und wie bei vielen anderen Hausbrauern auch liest man bei ihm: „Der erste Sud hatte mit dem, was wir unter Bier verstehen, nur wenig gemein, aber dennoch war er so rasch ausgetrunken, dass das Bier gar keine Zeit gehabt hatte, zu reifen.“ Velísek investierte ein wenig mehr in seine Ausrüstung und beantragte 2009 die Genehmigung, sein Bier auch verkaufen zu dürfen.
Und dann ging es relativ rasch voran. Aus dem winzigen Brautopf wurde eine 100-l-Anlage, sie wanderte aus dem Keller in den ersten Stock des Hauses. Ab 2010 durfte das Bier offiziell verkauft werden, und zwei Jahre später ergab sich die Gelegenheit, das alte Gebäude der ehemaligen Brauerei unterhalb der Burg Šternberk zu übernehmen und das Bier fortan hier zu produzieren. Nach mehr als 70 Jahren wurde so der alten Brauerei wieder Leben eingehaucht, und seitdem firmiert die Brauerei unter dem Doppelnamen Pivovar Malenovice – Zlínský Švec.
Draußen ist es bitterkalt, -17° C, als wir vor dem Brauereigebäude stehen. Nur schnell ein Foto vom Eingangsbereich, und dann zieht es uns in den Keller des Gebäudes, in die Hospůdka v Pivovárku, in die Wirtschaft der Brauerei. Kuschelig warm ist es. Dicht an dicht stehen einfache Holztische unter den alten Ziegelgewölben. Linker Hand eine kleine Theke mit einem halben Dutzend Zapfhähnen, und in allen Nischen sitzen zahlreiche Wanderer, die das eisige, aber sonnige Wetter für einen ausgiebigen Spaziergang genutzt haben.
Die Einrichtung ist simpel. Die schönen alten Ziegelbögen sind zum Teil schlicht verputzt, zum Teil mit Kunststoffplatten verkleidet; nur an wenigen Stellen schauen die Originalziegel in ihrer zeitlosen Schönheit hervor. Man merkt, hier waren Zeit und Geld knapp, als die Hospůdka eingerichtet und eröffnet wurde. Trotzdem ist es irgendwie gemütlich. Man merkt das Bemühen der Gastgeber, trotz allem etwas Atmosphäre zu schaffen: Bilder aus der Geschichte der Brauerei hängen an den Wänden, alte Gläser und Krüge stehen in kleinen Wandregalen, und die beiden Kellnerinnen wuseln fleißig und sehr freundlich zwischen den Tischen herum.
Sechs Biere stehen zur Auswahl – drei Helle mit 10°, 11° und 12° Stammwürze, ein Halbdunkles mit 11°, ein besonders gehopftes Lager mit Citra-Hopfen und 13° und ein Bernsteinbier mit 15°. Natürlich bin ich neugierig und bestelle mir als erstes das Citra.
Ein Hauch von Diacetyl umweht das Glas, erst dahinter spürt man die fruchtig-zitronigen Noten des Citra. Offensichtlich ist mit dem Hopfen nicht gestopft, sondern er ist gegen Ende der Kochzeit hinzugegeben worden – jedenfalls ist das Aroma nur sehr dezent. Ich bin ein wenig enttäuscht. Zwar ist es ein gutes und süffiges Bier, aber vom Citra-Hopfen hätte ich mir mehr Präsenz erwartet.
Das zweite Bier, das Jantarový (Bernstein), präsentiert sich besser. Rund und vollmundig, ein wenig karamellig. Für seine 15° Stammwürze gefährlich süffig. Ein Bier, bei dem ich hängen bleiben könnte.
Leider lassen es Zeit und weitere Tagesplanung nicht zu, die anderen Biere auch zu probieren, aber es ist kein Problem, von jeder Sorte eine 1- oder 1,5-l-PET-Flasche mitzunehmen. Der Rucksack ist blitzschnell gefüllt.
Neben Bier gibt es in der Brauereiwirtschaft, der Hospůdka v Pivovárku, nur ein paar Kleinigkeiten zum Essen. Wurst- und Käseplatten, sauer oder in Öl eingelegte Würste oder Käse – die typischen Biersnacks für diese Region halt. Lecker, kalorienreich und preiswert. Und wer wirklich etwas Warmes möchte, kann eine Pizza bestellen, bei der uns aber nicht ganz klar ist, ob sie vom Pizzaservice geliefert oder in der Mikrowelle aufgetaut wird. Jedenfalls wird sie nicht hier gebacken, so viel steht fest.
Als wir aufbrechen, frage ich die eine der Kellnerinnen noch, wo denn genau sich die Braukessel befänden, und sie deutet fröhlich auf die weiße Kunststoffwand, die die Hospůdka vom Rest des vermutlich riesig großen Kellers trennt. „Dahinter!“
„Und? Kann ich einen Blick darauf werfen?“
Sie schüttelt bedauernd den Kopf. Der Bereich sei nicht zugänglich, sagt sie, und mit routiniertem Mitgefühl zuckt sie mit den Achseln. Ich bin wohl nicht der erste, der fragt und eine Abfuhr bekommt. Schade.
Die Pivovar Malenovice – Zlínský Švec befindet sich im Ortskern von Malenovice, etwa fünf Kilometer vor Zlín. Zu erreichen ist sie mit dem O-Bus von Zlín, von der Haltestelle sind es fünf Minuten zu Fuß. Die Hospůdka v Pivovárku im Keller ist täglich ab 15:00 Uhr durchgehend geöffnet, freitags schon ab 12:00 Uhr, sonnabends und sonntags ab 13:00 Uhr; kein Ruhetag.
Pivovar Malenovice – Zlínský Švec
Švermova 101
763 02 Zlín-Malenovice
Tschechien
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