Als Rudi Vogel im Jahr 1985 seine erste Gasthausbrauerei, eine „Gaststätte mit Bierherstellung“, in Karlsruhe eröffnete, war er Vorreiter einer Bewegung, die mittlerweile ganz Deutschland erfasst hat. Gasthausbrauerei, das war seinerzeit ein Begriff, den man noch nicht kannte, der etwas ganz Neues darstellte – und somit gebührt Rudi Vogel die Ehre, gewissermaßen die erste moderne Gasthausbrauerei Deutschlands gegründet zu haben.
Als ich im Laufe des Jahres 2003, als ich vorübergehend in der Nähe von Karlsruhe wohnte, mehrfach beim Vogelbräu in der Kapellenstraße einkehrte, habe ich mich immer wohl gefühlt – die Stimmung an der Theke war immer gut, die Biere immer interessant, und vor allem gab es immer wieder neue, interessante Saisonbiere, ob es sich dabei nun um ein Altbier, ein Porter, einen Weizenbock oder das berühmte Vogellennium handelte. Insbesondere letzteres war, als ich es am 11. November 2003 kaufte, noch eine Sensation – schließlich war das noch lange vor der Zeit, in der zunehmend mehr Kleinbrauereien in Deutschland begonnen haben, mit Starkbieren, Spezialitäten und Geschmacksevolution in der Flasche zu experimentieren.
Auch hier war Rudi Vogel somit ein Vorreiter.
Nachtrag 4. April 2015: Zwölf Jahre später war es mir endlich vergönnt, erneut beim ersten Vogelbräu einzukehren. Neben diesem ersten Lokal in der Kapellenstraße besitzt Rudi Vogel ja auch noch je einen Vogelbräu in Durlach und Ettlingen und das Brauhaus Watzke in Dresden. Der Vogelbräu in der Kapellenstraße ist also der Ur-Vogel, gewissermaßen der Archaeopteryx.
Nach wie vor hält Rudi Vogel an seinen Saisonbieren fest. Und der nette Brauch, im Frühjahr immer ein Bier als „Geheimbier“ einzubrauen, ohne zu verraten, um welchen Bierstil es sich handelt, ist mittlerweile fest etabliert. Die Gäste haben ein paar Tage Zeit, den Stil zu erraten und an einem kleinen Preisausschreiben teilzunehmen, bevor der Schleier vor dem Geheimnis gelüftet wird.
2015 war das Geheimbier ein helles Pale Ale, und genau heute, am 4. April, war dies bekanntgegeben worden. Klare Sache, dass ich es dann auch sofort probieren musste. Aber, ach!, die Enttäuschung war groß. Ein kräftiges Aroma von Schwefelwasserstoff stieg mir schon in die Nase, als das Glas vor mir stand. Es gibt viele Hefen, die dieses Aroma während der Gärung produzieren, aber bei ausreichend langer (der Niedersachse würde sagen „bei lang genucher“) Lagerung verschwindet dieser Fehlgeruch wieder.
Hier, heute, beim Pale Ale, nicht!
War denn wenigstens der Geschmack besser?
Leider auch nicht. Eine breite, kratzige Bittere und ein intensiver Hefegeschmack machen sich auf der Zunge breit und bleiben noch lange nach dem Schluck haften. Ein Freund, erfahrener Brauer auch er, meinte: „Ich habe schon lange nicht mehr so lange und lustlos an einem Bier rumgekaut, bis ich es endlich alle hatte!“
Tja, schade. Denn der Vogel kann’s besser. Viele erstklassige Sonderbiere habe ich seinerzeit getrunken, und auch das derzeitige Pils und das Märzen in den vergangenen Wochen, das ich in Ettlingen und Durlach probiert hatte, waren lecker. Das Pale Ale leider nicht. Verbraut!
Der Vogelbräu in der Kapellenstraße ist täglich ab 10:00 Uhr durchgehend geöffnet, kein Ruhetag. Zu erreichen ist er problemlos mit den S-Bahnen Linie 2, 4 und 5 und Straßenbahnen 1, 2, 4 und 5, Station Durlacher Tor. Gerade einmal 150 m weg. Parken ist schwierig; mit etwas Glück findet man ab 17:00 Uhr und am Wochenende einen Parkplatz an der Friedrich-List-Schule gegenüber.
der Vogelbräu GmbH
Kapellenstraße 50
76 131 Karlsruhe
Baden Württemberg
Deutschland
Hinterlasse jetzt einen Kommentar