Malasaña – der Stadtteil Madrids, in dem es derzeit am abwechslungsreichsten zugeht. Bunte Bars, Cafés, kleine Restaurants, und natürlich gutes und leckeres Bier an allen Ecken. Vermutlich könnte man hier Wochen verbringen und jeden Tag eine neue Bierbar ausprobieren.
Nicht immer muss die Bierauswahl gewaltig sein – manchmal reicht es auch, gerade einmal etwas mehr als ein halbes Dutzend Zapfhähne zu haben (und natürlich eine größere Auswahl an Flaschenbieren), um den Bierliebhaber anzulocken. Und zwar entweder damit, dass exotische und seltene Biere angeboten werden, die sonst nicht so einfach zu bekommen sind, und die natürlich auch den Aufwand wert sein müssen, extra hierher zu kommen, oder aber damit, dass die Biere mit ausgezeichnetem Essen kombiniert werden.
Im La Tape, einem kleinen und bunt gestylten Restaurant an der Straßenecke ist beides der Fall.
Die Sonne scheint auf die gelbe Fassade, an den Stühlen und Tischen vor dem Eingang sitzen junge Pärchen beim Bier oder Kaffee und flirten in der Frühlingssonne. Drinnen empfängt mich ein langgestreckter Gastraum, rechter Hand die Theke, linker Hand, immer an den großen Fenstern entlang, kleine Tische für bis zu fünf Personen.
Hier kann man sich hinsetzen und den draußen vorbeiflanierenden Fußgängern zusehen. Schauen, was sie so alles eingekauft haben und nun nach Hause tragen. Dem Hand in Hand bummelnden Pärchen nachschauen, oder dem vorbeieilenden Geschäftsmann mit dem Telefon am Ohr. Man kann sich aber auch ins Essen schauen lassen, denn ab und an drückt sich ein neugieriges Gesicht an die Scheibe und späht, was man den so Interessantes auf dem Teller hat.
Und das kann sich durchaus sehen lassen. La Tape bietet mediterrane Küche an. Mediterrane Küche – das kann normalerweise vom griechischen Salat über Pizza und Pasta bis zur Allerwelts-Paella alles bedeuten. Hier bedeutet es aber, dass mediterrane Zutaten verwendet und aus ihnen spannende, neue Gerichte kreiert werden. Nicht das übliche Einerlei, sondern mit Liebe zubereitete kleine Speisen, die nicht nur außerordentlich gut schmecken, sondern auch etwas fürs Auge bieten, schön anzusehen sind.
Nicht übertrieben dekoriert, wie man es manchmal findet. Speisen, die hinter der Dekoration völlig verschwinden, bei denen es nur noch um den optischen Effekt geht und man hinterher weder satt noch mit dem Geschmack zufrieden ist. Nein, einfach nur so, dass man merkt, die Küche hat sich Mühe gegeben, das Essen nicht nur auf den Teller zu klatschen.
Und die Ergebnisse sehen dann so appetitlich und so hübsch aus, dass die vorbeieilenden Passanten für einen Augenblick innehalten, auf die Teller der am Fenster sitzenden Gäste spähen und sich überlegen, ob sie nicht auch kurz hier einkehren sollten.
Mittlerweile sind es acht Zapfhähne, die zu diesen kleinen, feinen Speisen das jeweils richtige Bier offerieren. Sechs Hähne sind in die ursprüngliche Armatur integriert, ein siebter Hahn ist eigentlich eine Bierpumpe, die zu einem Cask-Bier führt, und irgendwann hat man auch noch einen achten Hahn installiert, aus dem ein eher „normales“ Bier gezapft wird, ein einfaches, aber leckeres Lager für diejenigen unter den Gästen, die einfach nur mal ihren Durst stillen wollen.
Und selbst ich habe heute in der Tat nach einem schönen Spaziergang durch die Frühlingssonne, durch die pittoresken, aber staubigen Gassen der Altstadt, zunächst einfach mal nur Durst. Durst auf ein schönes, zischendes Bier, das zwar aromatisch schmeckt, aber nicht schon beim ersten Schluck nach meiner ganzen Aufmerksamkeit und Konzentration verlangt.
Und so bestelle ich mir genau dieses Lager vom achten Zapfhahn, von der kleinen Madrider Brauerei La Virgen. Nicht, dass ich jetzt gleich ein überspundetes, geschmacksarmes Fernsehbier bekäme, nein, bei weitem nicht. Das La Virgen Lager besticht durch eine helle, gelbe Farbe, eine gleichmäßige Trübung, eine feine Hopfennase und einen schlanken, herben Körper, bei dem deutlich wird, dass am Hopfen nicht gespart wurde. Und so passt es denn auch hervorragend zum frisch vom Grill servierten Oktopus-Tentakel mit würzigen Süßkartoffeln. Eine leckere Kombination.
Die Portionen sind nicht übermäßig groß, die Gerichte sind darauf ausgelegt, mit Vorspeise und Dessert kombiniert zu werden. Oder man macht es so wie ich und ist neugierig. So neugierig, dass man sich einen zweiten – kleinen! – Hauptgang bestellt und dafür Vorspeise und Dessert weglässt.
Den Namen des Gerichts habe ich vergessen, aber wie es geschmeckt hat, weiß ich noch ganz genau. Ein gekochtes Ei, gerade so fest gekocht, dass es beim Öffnen der Schale nicht auseinanderfloss, ist mit einer hauchdünnen Scheibe Speck umwickelt und fein gewürzt. Dazu eine undefinierbare Pilzsorte und gepuffter Reis, alles mit frischen Kräutern abgeschmeckt. Ein Gedicht. Und perfekt passend dazu nun ein forderndes Bier, denn der Durst ist ja mit dem Lager eben schon gelöscht worden.
Bakunin Salty Dog, bietet die Kreidetafel am Fenster an. Eine russische Interpretation des alten deutschen Bierstils Gose. Nicht ganz so sauer, wie manche andere Gose, sondern nur ganz dezent säuerlich. Dafür aber recht prägnant salzig. Ein Bier, das den Durst nicht löscht, sondern erhält. Und vor allem: Es passt wunderbar zum würzigen und aromatischen Essen. Eine feine Kombination!
Wäre es nicht erst früher Nachmittag und noch viel zu früh für eine umfangreiche und fröhliche Verkostung, so würde ich mich jetzt durch die kurze Fassbierliste trinken wollen, würde Biere aus Madrid, aus Tschechien, aus Belgien, den USA und wieder Madrid probieren. Aber ich belasse es für heute bei den beiden, beim Lager und der Gose.
Die Kunststofffässer hinter der Theke, die in einem kleinen, verglasten Kühlregal stehen und mit der Zapfanlage durch ein Schlauchgewirr verbunden sind, machen meine selbstauferlegte Zurückhaltung schwierig, die Neugier ist groß, doch auch einmal die anderen sechs Biere zu verkosten. Und noch schwieriger wird es, Asket zu bleiben, wenn ich auf den Flachbildschirm über der Eingangstür schaue: In einer Endlospräsentation werden dort Bilder der hier im La Tape angebotenen Flaschenbiere gezeigt. Wer davon nicht durstig wird, dem ist nicht zu helfen…
Ein gemütliches, kleines und buntes Lokal. Eine kleine, aber feine Bierauswahl, leckeres und sehr ansprechend präsentiertes Essen. Und im oberen Stockwerk auch ein etwas konservativerer Speiseraum, wo man bequemer und ein wenig ruhiger, abgeschiedener sitzen kann, weniger auf dem Präsentierteller, um zu sehen und gesehen zu werden, sondern eher, um in trauter Runde, auf sich und seine Freunde und Familie fokussiert, Essen und Bier zu genießen.
Und wer einfach nur auf ein Bier kommen will? Wirklich nur die Bierkarte rauf und runter trinken möchte? Aber ja, warum nicht? An der Bar oder am Fenster findet sich immer ein Plätzchen, ganz ohne Verzehrzwang!
La Tape bietet vom Frühstück bis zum nächtlichen Imbiss leckere Speisen und gutes Bier – montags bis freitags ab 09:00 Uhr, sonnabends, sonntags und feiertags ab 10:00 Uhr durchgehend; kein Ruhetag. Zu erreichen ist es perfekt mit der Metro, Linie 2 (rote Linie) oder 4 (braune Linie), Haltestelle San Bernardo. Vom südlichen Ausgang der Metro einmal um die Ecke, und man ist am Eingang des Restaurants.
La Tape
Calle de San Bernardo, 88
28015 Madrid
Spanien
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