Irreale
Madrid
ESP

Nach eigenen Angaben die erste Craftbier-Bar Madrids. Gestartet mit zwölf Zapfhähnen im Jahr 2012, zwei Jahre später Umzug an eine neue Lokation, dort Erweiterung des Angebots auf sechzehn Zapfhähne … und natürlich jede Menge Flaschenbiere.

Das wäre im Telegrammstil alles Wichtige über die Bierbar Irreale.

Meine Neugier ist geweckt, und so spaziere ich im Szene-Stadtteil Malasaña in die kleine Straße, die diesem Stadtteil auch den Namen gab – in die Calle Manuela Malasaña. Und dort sehe ich schon die hübsche Front der kleinen Bar. Dicke Holztüren und Wände geben ihr bereits auf den ersten Blick von der anderen Straßenseite aus ein gemütliches Flair.

Viele andere kleine Bars, Kneipen und Restaurants in Madrid verschließen ihre Eingänge mit Rollläden aus Metall, die sie in geduldiger und liebevoller Handarbeit mit bunter Farbe bemalen. Hübsche Bildchen, wilde Karikaturen oder bunte Logos werden auf die Rippen der Rollläden gesprüht, gemalt oder gepinselt. Viele sonnige Sonntage werden geopfert, bis die Bilder fertig sind und den geschlossenen Rollladen nicht so abschreckend wirken lassen. Wenn schon gelegentlich nicht geöffnet ist, dann sollen die vorüberflanierenden Passanten wenigstens nicht durch rostige Blechlamellen abgeschreckt werden.

Beim Irreale ist das nicht nötig. Schwere Holztüren verschließen die Bar außerhalb der Öffnungszeiten, und wenn sie geöffnet und nach außen geklappt werden, dann zeigen sie das Holz, aus dem sie gefertigt sind und bedecken gnädig die kahle Hauswand dahinter.

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Irreale

Drinnen empfängt mich ein kleiner Schankraum, rechter Hand die Theke, im Raum verteilt einige Stehtische, an denen man aber auch, mit den entsprechend hohen Stühlen, die man sich zusammensuchen muss, sitzen kann.

Zentraler Blickfang der Theke sind die vier weißen Keramikzapfsäulen mit je vier Zapfhähnen. Sechzehn Biersorten. Hinter der Theke an der Wand hängt die obligatorische Kreidetafel mit den Informationen zu den angebotenen Bieren. Zwei Dinge fallen sofort auf: Erstens, der Zapfhahn 10 ist leer, wird heute nicht „bespielt“, wie es mittlerweile heißt. Ist das Fass alle, noch kein Nachschub in Sicht? Oder niemand da, der weiß, wie man das nächste Fass anzapft, oder welches an der Reihe ist? Und, zweitens, zwei Biere von Großbrauereien sind im Angebot. Beide aber unzweifelhaft ehrenwerte Vertreter ihres jeweiligen Bierstils. Weihenstephaner Hefeweizen. Der klassische, bayerische Stil, das Bier aus der ältesten Brauerei der Welt, die ihre Wurzeln bis ins Jahr 1040 zurückverfolgen kann. Und Pilsener Urquell. Aus der Stadt, die der Welt einen neuen Bierstil bescherte, der bis heute nach ihr benannt ist – Pilsen (Plzeň). Hier sogar in der unfiltrierten Version angeboten, die noch bis vor kurzer Zeit ausschließlich vor Ort in der Brauerei und in dem dazugehörigen Museum zu bekommen war.

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vier Zapfsäulen mit je vier Hähnen

Neben den beiden Klassikern und dem leeren Hahn finden sich noch dreizehn andere Bierspezialitäten – ein Querschnitt dessen, was die Szene zu bieten hat. India Pale Ale, Triple, Lambic, Sour, Stout – eine bunte Auswahl. Vorwiegend produziert von spanischen Brauereien. Doch halt, was sehe ich da: Mit dem Ayinger Jahrhundertbier noch eine Spezialität aus Bayern. Hier in Madrid sicherlich auch etwas Besonderes.

Mir fällt es schwer, mich zu entscheiden. Ein wenig unschlüssig rate ich herum und nehme zunächst ein Amber Sour, aus der Random Series der spanischen Brauerei Laugar. Eine ordentliche Wahl. Leichte, nicht zu dominierende Säure, ein etwas holzig-adstringierendes Gefühl im Mund, spritzig und erfrischend durch recht hohe Spundung. Ein schönes Bier, um es im warmen Sonnenschein zu genießen.

Als nächstes reizt mich das Triple Virgen Cherries, ein belgisches Tripel, das mit Kirschen weiter vergoren worden ist. Gebraut von BIIR bei der Brauerei Edge in Barcelona. Vorsichtig nehme ich den ersten Schluck und … bin restlos begeistert. Wunderbar ausgewogene Säure, dazu ein holziges Kirscharoma, eingebettet in eine nur ganz dezente Restsüße – ein Bier, das gut und gerne mit den berühmten Oude Krieks aus Belgien mithalten kann. Nicht ganz so knochentrocken wie diese, aber in der Komplexität der Aromen ihnen in nichts nachstehend. Dazu die leuchtend rote Farbe – ein Fünf-Sterne-Bier. Das erste Fünf-Sterne-Bier während meiner Madrid-Reise. Innerlich strahle ich!

Da kann natürlich das dritte und letzte Bier für heute nicht mehr mithalten. Das Hoptimista IPA von Edge ist zwar hervorragend, besticht ebenfalls durch eine leuchtende Farbe (orange!), aber nach den beiden säuerlichen Bieren kommt es nicht mehr recht zur Geltung. Ich hätte es wissen können. Wissen müssen. Diese Reihenfolge war nicht in Ordnung. Selber schuld.

Trotzdem genieße ich das Bier, es ist prima.

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die obligatorische Kreidetafel

Und was mich versöhnt: Wie in allen spanischen Bierbars bekomme ich zum Bier kleine Snacks, Tapas. Zum Hoptimista IPA ein Schälchen Oliven. Ach, was mir in Deutschland oder Tschechien manchmal als Oliven verkauft oder angeboten wird, hat mit Oliven genauso wenig zu tun, wie ein wässriges Warsteiner mit einem Imperial IPA. Das hier, was gerade vor mir steht, DAS sind Oliven. Alles andere sind grüne oder schwarze, übersalzene Gummikugeln. Nur dezent gesalzen, leicht säuerlich und mit einer Aromenfülle sondergleichen überzeugen mich die Oliven im Irreale restlos: Selbst wenn es hier fortan an fünfzehn von sechzehn Zapfhähnen nur noch Warsteiner gäbe, allein die Oliven wären es wert, hier trotzdem wieder einzukehren! Schwärm!

Wer hätte das gedacht, dass ich einmal in einer Bierbar den Oliven genauso viel Aufmerksamkeit schenken werde wie den angebotenen Bieren…

Die Bar Irreale ist täglich ab 18:00 Uhr geöffnet, freitags und sonnabends schon ab 13:00 Uhr; kein Ruhetag. Neben sechzehn Fassbieren werden auch zahlreiche Flaschenbiere angeboten; der Kühlschrank steht gut einsehbar mitten im Schankraum. Dazu gibt es neben den Tapas (die Oliven!) auch richtiges Essen: Burger, Würstchen, Bratkartoffel, Guacamole und weitere Tellergerichte. Zu erreichen ist die Bar in wenigen Schritten von der Metro-Station San Bernardo, Linie 2 (rote Linie) oder 4 (braune Linie).

Bilder

Irreale
Calle Manuela Malasaña, 20
28004 Madrid
Spanien

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