Hockenheim, ein kleines Städtchen im Südwesten der Republik, das es eigentlich gar nicht nötig hätte, sich für einen testosterongeprägten und korrupten „Sport“ zu prostituieren. Und dennoch: Bereits am Ortsschild wird unmissverständlich auch derjenige, den es überhaupt nicht interessiert und der bewusst aus einer anderen Richtung dieses Städtchen anfährt, darauf hingewiesen, dass hier am Hockenheimring Formel-1-Rennen veranstaltet werden.
Heute, am 12. April 2015, zum Glück aber nicht, und so kann ich ungestört vom Massenschwachsinn, der wie auch am Nürburgring nach den Rennveranstaltungen dazu führt, dass gestandene Familienväter sich plötzlich nicht mehr in der Lage sehen, entspannt nachhause zu fahren, sondern sich unter dem Eindruck des Rennens glauben, beweisen und wie die sprichwörtliche „gesengte Sau“ die Verkehrssicherheit gefährden zu müssen, in das Stadtzentrum vordringen und mein Auto neben der Kirche parken.
Neben der Kirche? Göttlicher Beistand, um gegen die Formel 1 zu wettern?
Mitnichten. Aber genau hier, neben der Kirche, in der Parkstraße steht das Brauhaus zum Stadtpark, das Ziel meiner heutigen Reise.
1898, vor mehr als hundert Jahren bereits, ist das Gasthaus zum Stadtpark in einem durchaus eleganten Gebäude errichtet worden. Eher am Stadtrand erwies sich die Lage des Gebäudes als ideal, denn als 1932 die Rennstrecke in Hockenheim errichtet wurde, kamen die Besucher der Autorennen doch immer auch gerne in das Gasthaus zum Stadtpark zum Essen und zum Trinken.
Seit 2002 beherbergt das Gasthaus zum Stadtpark nun eine eigene Brauerei, ein Sudwerk der Firma Kaspar Schulz, und firmiert seither als Brauerei zum Stadtpark.
Betritt man die Einfahrt durch das große, hölzerne Tor, so sieht man die unvermeidlichen Reminiszenzen an den Rennsport – Malereien an den Wänden der Einfahrt zeigen stilisierte Rennszenen. Geradeaus geht es weiter in den Innenhof, der bei gutem Wetter als Biergarten dient und mit „betreutem Trinken“ wirbt.
Linker Hand der Eingang zur Schankstube. Dort, an prominenter Stelle, das kupferne Sudwerk, die klassische Brautheke von Kaspar Schulz. Tische, Stühle und Bänke verteilen sich über den beachtlich großen Schankraum mit mehr als 150 Sitzplätzen; an der gegenüberliegenden Seite stehen die stählernen Lagertanks, dezent mit einem Blauschimmer illuminiert.
Zwei Biere werden als Standardbiere angeboten, das Helle mit überraschenderweise nur 3,8% Alkohol und das bernsteinfarbene Original mit 5,0%. Dazu kommen saisonal wechselnd Weizenbier, Schwarzbier und das originell benannte „Nachtgrabb“ (was im hiesigen Dialekt wohl so etwas wie „Nachtmahr“ bedeutet), ein kräftiger Schwarzbierbock.
Als Autofahrer musste ich mich auf eine homöopathische Menge des Originals beschränken. Ein unauffälliges Bier. Malzbetont, leichte Melanoidinnoten. Nicht zu stark gespundet, durchaus süffig und angenehm. Ohne Fehlgeschmäcker, aber auch ohne geschmackliche Höhenflüge. „Eines von den Vielen, die es zu Millionen gibt!“ – die Songzeile von Hans Hartz aus einem ganz anderen Kontext kommt mir in den Sinn.
Dazu gibt es typische Brauhausküche zu fairen Preisen.
Bemerkenswert ist, dass das Brauhaus damit wirbt, dass auch zum Großen Preis von Deutschland auf dem Hockenheimring alle Preise ohne Rennaufschlag weiter gelten. Immerhin! Aber allein die Tatsache, dass dies einer Erwähnung wert ist, unterstreicht nur meine Meinung zum Massenschwachsinn Rennzirkus.
Das Brauhaus am Stadtpark in Hockenheim ist täglich ab 16:30 Uhr geöffnet, sonntags bereits ab 11:00 Uhr. Dienstags ist Ruhetag. Zu erreichen ist das Brauhaus bequem mit dem Auto, nur 200 m weiter findet man in der Oberen Hauptstraße ein Parkhaus. Oder man kommt mit der Regionalbahn oder der S-Bahn 33 von Bruchsal; der Bahnhof ist etwa einen Kilometer zu Fuß entfernt.
Brauerei zum Stadtpark
Parkstraße 1b
68 766 Hockenheim
Baden Württemberg
Deutschland
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