Kuchlbauer – das Weißbier meiner Studentenzeit vor mehr als dreißig Jahren. Auf unserer Ebene im Wohnheim gab es eigentlich niemanden, der keine Kiste Kuchlbauer in seiner winzigen Studentenbude hatte und jeden Nachmittag verzweifelt versuchte, noch eine Flasche Weißbier mehr in das kleine Kühlfach in der Gemeinschaftsküche zu quetschen. Und nie war es genug. Jeden Abend erwiesen sich die Kühlfächer als zu klein, musste einer in sein Zimmer gehen und von dort lauwarmen Nachschub holen, der dann natürlich entsprechend schäumte, nicht mehr so lecker schmeckte und die Partystimmung verdarb.
Jetzt, mehr als dreißig Jahre später, sitze ich zum ersten Mal in Abensberg im Brauereigasthof Zum Kuchlbauer und denke, dass das seinerzeit vielleicht ganz gut war, nur kleine Kühlfächer zu haben. So war nach drei kalten und einem warmen Weißbier pro Person der Abend üblicherweise gelaufen und wir waren am nächsten Morgen wieder frisch für die Vorlesung. Hätte es unbegrenzte Kühlmöglichkeiten gegeben, wir hätten vermutlich genauso unbegrenzt gefeiert, und der eine oder andere hätte seinen Studienerfolg riskiert.
Nicht an der Quelle der Entstehung dieses Weißbiers, aber doch recht nahe dran sitze ich. Es ist Muttertag, und insbesondere hier im konservativen Bayern fühlt man sich der damit verbundenen Tradition verpflichtet – ungeachtet aller Kommerzialisierung. Fast alle Tische sind also reserviert, und nur im großen Saal haben wir noch einen Platz für zwei Personen gefunden. Glückssache.
Der Saal ist beeindruckend. Weite Bögen mit schönen Ornamenten; gewaltige Kronleuchter an der Decke, schöne Malereien und alte Wirtshausschilder an den Wänden, und an der Stirnseite des Saals eine Bühne, die aber heute, am Tag des großen Andrangs, ebenfalls mit Tischen und Stühlen belegt ist.
Obwohl ich mittlerweile gar kein Weißbierliebhaber mehr bin (habe ich vielleicht in der Studentenzeit übertrieben und bin dieses Geschmacks jetzt einfach überdrüssig?), bestelle ich mir eine Alte Liebe, das dunkle Weißbier vom Kuchlbauer. Dazu, es ist ja die richtige Jahreszeit, eine große Portion Abensberger Spargel, einfach nur mit Butterkartoffeln.
Und beides erweist sich als die perfekte Wahl. Das dunkle Weißbier schmeckt, würzig und rund, vollmundig und mit einem ganz feinen Gewürznelkenaroma, das aber nur wie ein kleiner Hauch den malzigen Geschmack ergänzt und weit davon entfernt ist, zu dominieren. Alte Liebe – ich könnte ob des Namens fast ins Philosophieren kommen. Ob dieses Bier zusammen mit den verklärten Erinnerungen an die Universität die Alte Liebe zum Weißbier wiederzuerwecken vermag? Nein, natürlich nicht, denn streng genommen haben wir seinerzeit nur das helle Kuchlbauer getrunken; ich weiß nicht einmal, ob es die Alte Liebe, das dunkle Weißbier, seinerzeit überhaupt schon gegeben hatte…
Der Spargel und die Butterkartoffeln schmecken ebenso gut. Was für ein simples Gericht, nur eine Handvoll Zutaten. Aber dennoch kann es beeindrucken, wenn der Spargel auf den Punkt gegart ist, die Kartoffeln nicht mehr glasig, aber noch bissfest sind, und wenn beide, Spargel wie Kartoffeln, ein herrliches Eigenaroma mitbringen. Auch meine holde Ehefrau, die statt des Biers ein Wasser trinkt, ist begeistert.
Der außerordentlich freundliche und aufmerksame Service rundet das Bild für heute ab, und lediglich ganz am Ende folgt eine Enttäuschung, und zwar beim Bezahlen! Nein, es sind nicht die verhältnismäßig hohen Preise, die sind angesichts des Niveaus durchaus noch zu akzeptieren. Es ist vielmehr die Tatsache, dass man hier nur mit deutscher Bankkarte bezahlen kann. Weder mit einer Bankkarte einer europäischen Bank noch mit einer der gängigen Kreditkarten. Service gegenüber Touristen aus dem Ausland (oder im Ausland lebenden Deutschen) ist das nicht. Warum will Bayern sich eigentlich angesichts dieser Provinzialität immer als Tourismus-Zentrum vermarkten? Von „Laptop und Lederhosen“ sind wir auf dem Land dann doch noch sehr weit entfernt!
Der Brauereigasthof Zum Kuchlbauer existiert seit über 100 Jahren und beeindruckt mit seiner wunderschönen Fassade, gehobener bayerischer Küche, freundlichem Service und den verschiedenen Kuchlbauer-Weißbieren, die aber nicht hier, sondern wenige hundert Meter entfernt außerhalb des Ortszentrums gebraut werden. Er ist mittwochs bis freitags von 11:00 bis 23:00 Uhr geöffnet, montags und sonnabends von 10:00 bis 23:00 Uhr, sonntags ab 10:00 Uhr (ohne das ein Ende angegeben ist) und dienstags ist Ruhetag – ein wenig kompliziert. Zu finden ist er problemlos – direkt am Stadtplatz in der Stadtmitte, und etwa 300 m vom Bahnhof entfernt.
Brauereigasthof Zum Kuchlbauer
Stadtplatz 2
93 326 Abensberg
Bayern
Deutschland
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